EXPERTEN: LÄNGERE AUFBEWAHRUNGSFRIST BELASTET MITTELSTAND
Bonn: (hib) fi- Auf weitgehende Ablehnung ist das Vorhaben der Koalitionsfraktionen, die steuer- und handelsrechtlich relevanten Buchungsunterlagen vom kommenden Jahr an zehn Jahre statt bislang sechs Jahre aufbewahren zu müssen, bei einer Anhörung des Finanzausschusses gestoßen. Der Ausschuß befragte am Montag vormittag Sachverständige zu diesem Thema sowie zu einer geplanten Änderung im Einkommensteuergesetz, die sich auf die Anpassung der Pensionsrückstellungen von Unternehmen an geänderte Sterbetafeln bezieht. Beide Regelungen will der Bundestag am Donnerstag, 10. Dezember, in zweiter und dritter Lesung als zweiten Teil des Steuer-entlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (14/23) verabschieden. Die geplante Verlängerung der Aufbewahrungsfristen ist vor dem Hintergrund der Einführung der Zinsabschlagsteuer im Jahre 1992 zu sehen, in deren Folge immense Geldbeträge ins Ausland verlagert wurden. Bei der bisher geltenden sechsjährigen Frist wären die Unternehmen im nächsten Jahr nicht mehr verpflichtet, Unterlagen von 1992 aufzubewahren, was die Steuerfahndung erschweren würde. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) wies auf die erheblichen Belastungen hin, die durch eine größere Zahl von Unterlagen auf die Unternehmen zukämen. Die gewerbliche Wirtschaft sollte daher von der Regelung ausgenommen werden. Professor Peter Barreis empfahl den Abgeordneten, statt eines solchen "Kurierens an Symptomen" lieber über eine sinnvolle Zinsbesteuerung nachzudenken. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hob hervor, daß das Gastgewerbe schon heute durch Aufbewahrungsfristen stark belastet werde. Eine bundesweite Regelung sei ein absolut unangemessener Aufwand. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks ergänzte, daß für Handwerksbetriebe eine Mikroverfilmung nicht in Frage komme. Der Vertreter der Bundessteuerberaterkammer riet dazu, die Verlängerung zeitlich zu begrenzen. Für die Verlängerung argumentierte die Deutsche Steuer-Gewerkschaft, die lediglich beklagte, daß die Handelsbriefe davon ausgenommen werden sollen. Gerade darin ließen sich für Steuerfahnder oftmals Spuren der Steuerhinterziehung finden.
Im Mittelpunkt der Stellungnahmen zur Anpassung von Pensionsrückstellungen stand die Frage, ob die vorgesehene gesetzliche Verpflichtung der Unternehmen, die Anpassung über drei Jahre verteilt vorzunehmen, nötig ist oder ob auch eine Wahlmöglichkeit eingeräumt werden kann. Professor Norbert Herzig bezeichnete die sofortige Pflicht, die Pensionsrückstellungen aufgrund einer allgemein höheren Lebenserwartung neu zu bewerten, als "saubere Lösung". Viele Unternehmen könnten eine sofortige Anpassung aber nicht bewältigen, weil dann das Handelsbilanzergebnis negativ würde. Herzig sprach sich für ein Wahlrecht aus. Dafür plädierten unter anderem auch der BDI, der Bundesverband deutscher Banken, der Bundesverband mittelständische Wirtschaft, der Deutsche Steuerberaterverband und das Institut der Wirtschaftsprüfer. Der Vertreter dieses Instituts machte aber deutlich, daß es sich ein Unternehmen nicht aussuchen kann, ob es Verpflichtungen haben will oder nicht. Das Anpassungsverfahren sollte in einem Anhang zur Bilanz geschildert werden, um für Bilanzklarheit zu sorgen. Für die geplante Verteilungspflicht über drei Jahre plädierte die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung.
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