Gesetz zur Bekämpfung von Steuerbetrug mit Koalitionsmehrheit angenommen
Berlin: (hib/VOM) Mit der Mehrheit von SPD und Bündnis 90/Die Grünen hat der Finanzausschuss am Mittwochmittag dem Entwurf der Bundesregierung für ein Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz (14/6883, 14/7085) in der von diesen Fraktionen beantragten Fassung angenommen. CDU/CSU und FDP stimmten gegen das Vorhaben, die PDS enthielt sich der Stimme. Das Gesetz soll am morgigen Donnerstag vom Bundestag verabschiedet werden.
Ziel ist es, steuerehrliche Unternehmer vor Wettbewerbsverzerrungen zu schützen, die durch den "gezielten Missbrauch des Vorsteuerabzugs" entstehen. Um dem entgegenzuwirken, soll das Finanzamt nach dem Willen des Ausschusses künftig mit Zustimmung des Steuerpflichtigen die Auszahlung von Vorsteuererstattungen von Sicherheitsleistungen abhängig machen können, wenn unklar ist, ob die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug auch vorliegen. Um die planmäßige betrügerische Abschöpfung der Vorsteuer einzudämmen, soll ein Haftungstatbestand eingeführt werden. Führt ein Unternehmer die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer planmäßig nicht an den Fiskus ab und soll dennoch der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden, dann hätte das Finanzamt künftig die Möglichkeit, Unternehmer für die nichtabgeführte Umsatzsteuer haftbar zu machen. Zugleich sollen die Finanzämter ermächtigt werden, ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Selbstständigen während der Geschäfts- und Arbeitszeiten aufsuchen dürfen, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (so genannte Umsatzsteuer-Nachschau). Der Ausschuss nahm da-rüber hinaus weitere kurzfristig von der Koalition vorgelegte Änderungsanträge an, wonach künftig Organschaften mit Lebens- oder Krankenversicherungsunternehmen nicht mehr steuerlich anerkannt werden sollen. Dazu hatte am Morgen eine Sachverständigenanhörung im Ausschuss stattgefunden (siehe hib-Nr. 299). Schließlich sollen die Abgabenordnung und das Strafgesetzbuch so geändert werden, dass die banden- oder gewerbsmäßige Steuerhinterziehung als Verbrechen eingestuft wird, um die Geldwäsche der Organisierten Kriminalität zu bekämpfen.
Auf Antrag der SPD beschloss der Ausschuss bei Enthaltung der Opposition, dass das Bundesfinanzministerium in zwei Jahren einen Bericht über die Erfahrung mit dem Gesetz vorlegen soll. Die Sozialdemokraten betonten, der Gesetzgeber wolle keineswegs steuerehrliche Unternehmen ärgern. Sie erinnerten daran, dass von einem Steuerbetrug im Umfang von mehr als 20 Milliarden DM gesprochen werde, in einem Einzelfall allein von 700 Millionen DM. Die Finanzverwaltungen brauchten die erforderliche materielle Ausstattung und auch die Möglichkeit der unangekündigten "Nachschau", bei der es sich nicht um eine Außensteuerprüfung handele. Bandenmäßige Steuerhinterziehung sei kein "Kavaliersdelikt". Die Union begründete ihre Ablehnung damit, dass sie das Ziel der Betrugsbekämpfung zwar befürworte, mit einigen Punkten aber nicht einverstanden sei. In einem Entschließungsantrag, den die Ausschussmehrheit ablehnte, heißt es, mit den Mitteln dieses Gesetzes sei der Steuerbetrug nicht einzudämmen. Die Regierung wird daher aufgefordert, einen Entwurf vorzulegen, der diesem Ziel "wirklich" nachkommt. Auch die FDP erklärte, sie stimme dem Ziel des Gesetzes zu. Dazu bedürfe es aber nicht einer Ausweitung der Befugnisse der Finanzbehörden und der unangekündigten "Nachschau". Auch sei die vorgesehene Sicherheitsleistung für unbescholtene Unternehmen "unverhältnismäßig". Die PDS bedauerte, dass es nicht zu einem Einvernehmen im Ausschuss kam. Das Gesetz stelle den mit den Ländern gefundenen "kleinsten gemeinsamen Nenner" dar.