Bundestagspräsident Thierse bittet Fraktionen um Initiative für Entschädigungszahlungen
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat sich heute mit
nachstehendem Brief an die Vorsitzenden der Fraktionen des
Deutschen Bundestages gewandt:
"Sie werden sicher mit der gleichen Erleichterung wie ich die
gestrige Entscheidung der New Yorker Bundesrichterin Shirley Kram
zur Kenntnis genommen haben, die noch verbliebenen Sammelklagen
gegen deutsche Banken aufgrund der Beschäftigung von
Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg abzuweisen.
Sie wissen ebenfalls um die von Woche zu Woche unerträglicher
werdende Situation, daß täglich eine nicht
unbeträchtliche Zahl der hochbetagten Betroffenen verstirbt,
ohne in den Genuß einer Entschädigungszahlung zu kommen,
während umgekehrt das noch gesperrte Sonderkonto der deutschen
Wirtschaft täglich einen Zinszuwachs in sechsstelliger
Höhe verzeichnet.
Der Deutsche Bundestag ist nun aufgefordert, unverzüglich
seinen Beitrag zur Feststellung der Rechtssicherheit für die
deutschen Unternehmen nach Maßgabe des von ihm selbst
beschlossenen Gesetzes zu leisten. Ich möchte Sie eindringlich
darum bitten, gemeinsam mit den anderen Fraktionen die Initiative
für eine derartige Entscheidung noch in diesem Monat zu
ergreifen. Sie muß die Voraussetzung dafür schaffen,
daß im Anschluß daran unverzüglich mit der
Auszahlung an die Betroffenen begonnen werden kann, insbesondere
für die ehemaligen Zwangsarbeiter in Osteuropa, die durch die
amerikanischen Gerichtsverfahren gar nicht betroffen sind. Der
Deutsche Bundestag darf sich nach der gestrigen
Grundsatzentscheidung in seinem eigenen Handeln nicht mehr davon
abhängig machen, ob Teile der deutschen Wirtschaft die
Feststellung ausreichender Rechtssicherheit noch an der letzten
Gerichtsentscheidung in amerikanischen Provinzstädten
festmachen wollen."
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