Intensiver Austausch der französischen und deutschen Parlamentspräsidien
Zum vierten Mal in Folge trafen sich gestern, am 15.10.2001, die
Präsidien von Deutschem Bundestag und französischer
Nationalversammlung, an der Spitze die beiden
Parlamentspräsidenten Wolfgang Thierse und Raymond Forni.
Tagungsort war diesmal - nach Paris in den Jahren 1997 und 2000
sowie Berlin 1999 - wieder das Reichstagsgebäude. Auf der
Tagesordnung der Begegnung, die auf höchster parlamentarischer
Ebene die besonders engen Beziehungen zwischen beiden Ländern
unterstreicht, standen - neben eher technischen Fragen
praktisch-parlamentarischer Zusammenarbeit - Themen wie die Zukunft
Europas und ihre parlamentarische Begleitung sowie die Reaktion auf
den internationalen Terrorismus und seine Folgen.
In der grundsätzlichen Bewertung und Verurteilung des
internationalen Terrorismus bestand trotz der aus allen Fraktionen
zusammengesetzten Runde große Übereinstimmung,
insbesondere aber darin, dass die Ereignisse vom 11. September
europäische Kooperation und Integration um so dringlicher
erscheinen lassen. Nicht weniger, sondern mehr Europa stehe jetzt
auf der Tagesordnung. Zusammenarbeit wurde - neben solcher bei der
Strafverfolgung und -verhütung - insbesondere bei der
Schaffung von Strukturen gefordert, die den Dialog zwischen dem
Islam und den von der Aufklärung geprägten Staaten des
Westens fördern sollen. Angesichts von ca. 2,5 Mio. Moslems in
Deutschland und rund 4 Mio. in Frankreich müsse allerdings der
Dialog innerhalb der westlichen Gesellschaften beispielhaft im
Vordergrund stehen. Bundestagspräsident Thierse forderte eine
stärkere Abstimmung zwischen beiden Ländern zur
Nahost-Politik ein, um so den deutsch-französischen "Motor"
auch auf diesem Feld nutzbar zu machen. In Fragen der
Strafverfolgung bestimmten insbesondere die Forderung nach einem
raschen Abschluss der Anti-Terrorismus-Konvention und einer
erneuten europäischen Initiative gegen die Geldwäsche die
Diskussion. Parlamentspräsident Forni lud für Februar
2002 zu einer Konferenz über diese Problematik nach Frankreich
ein.
Beide Präsidien steckten den Rahmen für die weitere
bilaterale Diskussion der gemeinsamen Aufgaben ab. Nach einem
Zusammentreffen der beiden Europaausschüsse wird am 10.
Dezember 2001 in Anwesenheit beider Präsidenten eine Begegnung
der beiden Auswärtigen Ausschüsse und der
Europaausschüsse stattfinden. Schon im November wird wieder
das Kolloquium Paris-Berlin (ehemals Kolloquium Charlemagne)
veranstaltet, diesmal in Mulhouse zu Fragen der Bioethik. Beide
Präsidenten werden zur nächsten
Parlamentspräsidentenkonferenz auf EU-Ebene im November 2001
in Stockholm eine gemeinsame Erklärung zur parlamentarischen
Begleitung des europäischen Verfassungsprozesses und
überdies zur Europarats-Präsidentenkonferenz im kommenden
Jahr in Zagreb den Entwurf einer "Charta der Pflichten der
Staaten", den sie zusammen mit dem früheren italienischen
Parlamentspräsidenten Luciano Violante ausgearbeitet haben,
vorlegen.
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