FACHAUSSCHUSS WENDET SICH GEGEN ALLEINIGE KOSTENVERANTWORTUNG DES BUNDES
Von anderen Vorstellungen bei der "Topographie des Terrors" ausgegangen
|
Gedenkstätten für NS-Opfer in
Deutschland. Quelle: Stiftung Topographie des Terrors, Berlin. |
(in) Abgelehnt hat die Mehrheit im Ausschuss für Kultur und Medien am 14. Februar zwei Anträge der CDU/CSU (14/4249,14/4641), in denen die Bundesregierung unter anderem aufgefordert wurde, für die "Topographie des Terrors" wie schon beim Jüdischen Museum und beim Holocaust-Mahnmal sämtliche Kosten zu übernehmen.
Die SPD verwies darauf, dass die von der Union geforderte alleinige Verantwortung des Bundes nun schon mehrfach ausführlich diskutiert und längst anders geklärt und beschlossen worden sei.
Mit der beschlossenen Einbindung von Bund und Ländern jeweils zur Hälfte in der Gedenkstättenkonzeption und mit der unterzeichneten "Hauptstadtkulturförderung" seien Aufgaben, Kosten und Verantwortung nicht nur für Berlin, sondern für alle Bundesländer geklärt.
Andere Ausgangsbasis
Zuvor hatte der Berliner Senator für Stadtentwicklung, Peter Strieder (SPD), am 14. Februar die Abgeordneten im Ausschuss darüber informiert, wie es zu Kostenansätzen von zunächst 45 Millionen DM auf über 90 Millionen DM bei der "Topographie des Terrors" habe kommen können.
So sei 1993 beim Architektenwettbewerb zur Gestaltung des völlig zerstörten früheren Zentrums von SS und Gestapo zwischen Prinz-Albrecht-Straße (heute Niederkirchener Straße) und Wilhelmstraße kein Museum vorgesehen gewesen. Vielmehr habe man mit einer Gestaltung, die als Überbauung lediglich einen gewissen Schutz vor Wind und Wetter bieten sollte, das Trümmergrundstück angemessen ins öffentliche Bewusstsein rücken wollen.
Der damalige Ansatz von 45 Millionen DM hätte sich bis heute in den Köpfen festgesetzt. Die gänzlich anderen Vorgaben eines Museumsbetriebes und zeitlich bedingte Steigerungen seien nicht nachvollzogen worden. Neue Verhandlungsprobleme habe es auch wegen der Funktionserweiterung und der Ästhetikvorstellungen des Architekten gegeben, erklärte Strieder. So habe man 1996 mit dem Architekten einen "damals völlig vertretbaren Vertrag" abgeschlossen.
Bündnis 90/Die Grünen erläuterten zum weiteren Vorgehen, die getroffenen Beschlüsse würden Bund und Berlin auch bei der "Topographie des Terrors" keineswegs aus ihrer Verantwortung entlassen. Andererseits gebe es keinen Grund, die "Topographie des Terrors" gegenüber ebenso bedeutenden Stätten wie Sachsenhausen oder Dachau bevorzugt zu behandeln.
Im Hinblick auf die Bewertung und die Kosten architektonischer Gestaltung gebe es seit dem Umzug nach Berlin bundesweit "eine Art wachsenden Geniekult, bei dem die Debatte über Ästhetik zuweilen die ästhetischen Kostenmaßstäbe übersteigt".
Die F.D.P. plädierte dafür, nunmehr in einem festgesetzten Zeitpunkt den finanziellen und zeitlichen Realisierungsrahmen mit klaren Vorgaben für Funktion und Gestaltungsumfang festzulegen.
Die PDS führte bei ihrer Argumentation den finanziellen Aufwand des 180-Millionen-DM-Etat für den deutschen Stalingrad-Film an. Im direkten Vergleich dazu gebe es deshalb eigentlich keinen Grund, warum der Bund nicht zu 100 Prozent bei der "Topographie des Terrors" mit der Hälfte des Filmetats, also etwa 90 Millionen DM, einzubinden sein sollte.
Denkbar sei freilich auch die Vorstellung, das Gelände als Torso zu präsentieren – es gebe in der Kunst und Kultur eine Reihe von Torsos, die weit über Länder und Koninente hinaus berühmt geworden seien.
Systembruch begründet
Staatsminister Julian Nida-Rümelin (SPD) erklärte an die Union gerichtet, es klinge zunächst einleuchtend, dass – wenn der Bund zwei von drei Projekten voll finanziere und betreue – dies auch für das dritte Projekt einzufordern sei. Die Union wisse aber, dass die Übernahme der alleinigen Verantwortung des Bundes für das Holocaust-Mahnmal und das Jüdische Museum einen Systembruch dargestellt habe. Nur wegen der anderweitigen Verwendung der Fördermittel sei es notwendig geworden, eine Realisierung der Projekte durch den Bund sicher.zustellen.
Angesichts der klaren Regelungen in der Gedenkstättenkonzeption und der Hauptstadtkulturförderung sei es aber völlig abwegig, diesen Systembruch nun systematisieren zu wollen. Um Berlin in den künftigen Verhandlungen zu stärken, werde man eine akzeptable Festsetzung der Gesamtkosten erreichen, an denen sich der Bund dann mit 50 Prozent beteiligen werde. Dabei müsse Berlin sich auch die Option auf einen Ausstieg aus dem jetzigen Vertrag offen halten.