ANHÖRUNG ZUR OSTDEUTSCHEN EXPORTSCHWÄCHE
Experten erkennen Defizite vor allem beim Marketing
(nl) Mängel im Marketing haben Sachverständige am 14. Februar als eine der Ursachen für die Exportschwäche ostdeutscher Unternehmen ausgemacht. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Angelegenheiten der neuen Länder zu den Anträgen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen "Stärkung von Absatz und Export der ostdeutschen Wirtschaft" (14/3094) sowie der CDU/CSU "Exportchancen im Ausland nutzen – Absatzförderung Ost intensivieren" (14/2911) machten Uwe Harnack von der Deutsch-Kanadischen Industrie- und Handelskammer und Rainer Merkel vom Verband der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie auf Defizite bei der Markterschließung aufmerksam.
Am Beispiel der ostdeutschen Textilbranche machte Merkel deutlich, dass 200 Millionen DM für die Markterschließung eingesetzt werden müssten, um eine zusätzliche Milliarde DM Umsatz zu erwirtschaften. Die Kapitalschwäche hindere die überwiegend kleinen und mittleren ostdeutschen Unternehmen daran, Märkte konsequenter zu erschließen. Er plädierte dafür, Fördermittel anders zu kanalisieren.
Harnack erkannte mangelhafte Englischkenntnisse, schlechtes Werbematerial und unzureichende Verkaufsmentalität als nachteilig. Der Export werde häufig nur halbherzig betrieben. Auch fehlten Exportsachbearbeiter.
Marktzugang erschwert
Klaus Christian Fischer vom Verein zur Förderung des internationalen Transfers von Umwelttechnologie wies darauf hin, dass der ostdeutsche Export von zehn Prozent der Unternehmen getragen werde. Größere Klein- und Mittelbetriebe fehlten fast völlig. Die Kapitalausstattung sei unzureichend. Es mangle an Marketingstrategien und der Zugang zu den bereits völlig aufgeteilten westlichen Märkten sei erschwert. Auch sei die Exportbereitschaft ostdeutscher Unternehmen stark von ihrer finanziellen Ausstattung abhängig. Hier sollte die Exportberatung ansetzen, so Fischer. Er plädierte für weniger Förderprogramme, die dafür aber mittelfristig angelegt sein sollten.
Udo Ludwig vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle wies auf das geringe Erfahrungswissen der noch jungen Unternehmen in den neuen Ländern und auf ihre fehlenden Finanzreserven hin. Festzustellen sei auch ein Nachholbedarf bei Innovationen und bei neuen Medien, deren Potenziale nicht ausgeschöpft würden. Hans-Joachim Wunderlich von der Industrie- und Handelskammer Plauen/Chemnitz beklagte, dass der Export von zu wenigen ostdeutschen Unternehmen getragen werde. Nur zwischen 10 und 20 Prozent der Firmen des verarbeitenden Gewerbes seien im Export aktiv. Eine willkürliche Erhöhung der Förderinstrumente reiche daher nicht, weil die "unternehmerische Substanz" fehle. In Anlehnung an das Förderprogramm für die "Innovationsassistenz" empfahl Wunderlich ein Programm "Exportassistenz", das die personelle Substanz in den Unternehmen verbessern könnte.
Oliver Lorenz, Geschäftsführer der Wegweiser GmbH Berlin, führte die Exportschwäche darauf zurück, dass die Ost-Unternehmen in Deutschland selbst keine gefestigte Marktstärke aufwiesen. Er plädierte dafür, die Förderinstrumente zu koordinieren.
"Systematischer fördern"
Jörg Stangl vom Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung Halle-Leipzig sprach sich für eine systematischere, nicht so sehr auf den Einzelfall bezogene Förderung aus. Etablierte Firmen sollten stärker als Partner für die Einsteiger ins Exportgeschäft eingebunden werden.
Nach Meinung von Hans Gabriel vom Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes hilft eine isolierte Absatzförderung nur begrenzt. Die Absatzprobleme wiesen auf Innovations-, Marketing- und Vertriebsdefizite hin. Er riet zu einer vernetzten Kooperation und zu eigenständigen Marketingstrategien. Eine Schlüsselrolle spiele die Qualifizierung in den Unternehmen.