EXPERTENGESPRÄCH ZUR EURO-BARGELDUMSTELLUNG
Kleine Einzelhändler unterschätzen den Anfangsbedarf an neuem Geld
(fi) In vielen kleineren Betrieben des Einzelhandels wird der Erstausstattungsbedarf mit Euro zum Beginn des Jahres 2002 noch stark unterschätzt. Diese Auffassung vertrat der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) in seiner Stellungnahme zu einem öffentlichen Expertengespräch des Finanzausschusses, in dem es am 7. März um die Bargeldumstellung auf den Euro ging.
Der Handel wisse aber, dass er einen höheren Wechselgeldbestand vorhalten müsse, weil er einen Großteil seiner DM-Einnahmen nicht mehr als Wechselgeld verwenden könne. Vielen kleineren Einzelhändlern sei noch nicht ganz klar, um das Wievielfache der Wechselgeldbestand höher sein muss. Der HDE beziffert die Kosten der Euro-Einführung im Durchschnitt der Betriebe auf ungefähr ein Prozent des Jahresumsatzes. Dies ergebe für alle Betriebe eine Gesamtsumme zwischen 8 und 10 Milliarden DM.
Der größte Brocken entfalle dabei nicht auf die Kosten des Währungsaustauschs, sondern auf die Umstellung der Technik. Der HDE habe kein Verständnis dafür, heißt es in der Stellungnahme, dass die Banken für den Umtausch von DM in Euro "jenseits der haushaltsüblichen Menge" Gebühren erheben wollen. Dies würde dazu führen, dass gehortetes Geld über den Einzelhandel zurückfließt und dabei Kosten erzeugt.
Eine "Mauertaktik" der Kreditwirtschaft stellt auch die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) fest. Der Zentrale Kreditausschuss der Banken und Sparkassen habe bisher einheitliche Zusagen, auf Entgelte zu verzichten, verhindert. Die AgV verweist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes zur Unwirksamkeit von Entgelten für die Einrichtung, Verwahrung und Änderung von Freistellungsaufträgen. Aufwendungen, die auf Grund einer vom Staat den Banken auferlegten Pflicht entstehen, könnten nicht auf die Kunden abgewälzt werden.
Zur Euro-Bargeldeinführung am 1. Januar 2002 empfiehlt die AgV den Bankfilialen verlängerte Öffnungszeiten in den ersten Wochen, um den Kunden auch außerhalb der Arbeitszeit Gelegenheit zu geben, auf die Umstellung zu reagieren. Geldautomaten sollten bereits in der Neujahrsnacht umgerüstet und gefüllt sein.
Nach Darstellung des Verbandes der Deutschen Automatenindustrie (VDAI) haben die Hersteller von Automaten und Münzprüfern seit Sommer 2000 die Möglichkeit, gegen hohe Sicherheitsleistungen frühzeitig über Euro-Münzen zu verfügen. Um die Automaten rechtzeitig umstellen zu können, hätten auch Servicebetriebe seit dem 1. Februar 2001 die Möglichkeit, Euro-Münzen zu erhalten. Voraussetzung für eine reibungslose Einführung des neuen Bargeldes sei, dass die Versorgung der Geschäftsbanken mit Euro ab 1. September 2001 gewährleistet ist. Durch die begrenzten Kapazitäten des Werttransportgewerbes müsse die zur Verfügung stehende Zeitspanne bis zum Jahresende 2001 voll ausgeschöpft werden.
Einen entscheidenden Kostenfaktor sieht der VDAI in den Vertragsbedingungen, zu denen die Geschäftsbanken Euro an ihre Kunden abgeben. Die Automatenwirtschaft erwarte, dass sich die Verträge zwischen den Geschäftsbanken und ihren Kunden an den Bedingungen orientieren, welche die Bundesbank den Geschäftsbanken einräumt.
Dem Bundesverband Automatenunternehmer kommt es nach eigenen Angaben darauf an, dass in allen Euro-Ländern nur fälschungssichere und mit den Sicherheitsmerkmalen hergestellte Euro-Münzen und -Banknoten in den Umlauf gebracht werden. Es müsse gewährleistet sein, dass bis Ende dieses Jahres noch eine ausreichende Menge an DM-Münzen im Umlauf sind und Banken mit Schalterbetrieb und der Einzelhandel bis Ende Februar 2002 aus Kassenbeständen DM-Münzen an interessierte Kunden abgeben können.
Der Bundesverband Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA) beziffert die Kosten der Euro-Umstellung für die Automatenbranche auf rund 1,2 Milliarden DM. Hinzu kämen mögliche Umsatzverluste, wenn Geräte nicht rechtzeitig zum Stichtag umgestellt werden könnten oder in der Anfangsphase Probleme bei der Münzversorgung bestünden.