tagesläufe
Ein Tag im Wahlkreis
Drei Termine und drei Träume
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Peter Danckert. | ||||||||||
In seinem Wahlkreis versucht Peter Danckert, Mitglied der SPD-Fraktion des Deutschen Bundestages, das Machbare mit Visionen zu verbinden.
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Der Bundestagswahlkreis 278 Teltow-Fläming ist eine Herausforderung. Darüber könnte der Abgeordnete Danckert stundenlang erzählen. Wenn er Zeit hätte. Je nach Stand der Dinge reden die Leute im Wahlkreis vom Speckgürtel rund um Berlin, als seien sie Teil davon oder aber als hörte er genau vor ihrer Haustür auf. Der Abgeordnete Danckert kennt das. Er ist oft genug unterwegs zwischen Luckenwalde, Zossen, Jüterbog, Königs Wusterhausen, Ludwigsfelde, Wünsdorf, Schönefeld. Ihm ist der Anblick vertraut, den dieser Landstrich bietet: Um fast jeden größeren Ort gruppieren sich aufschwungverheißende Gewerbe- und Einkaufsparks. Die alte Industrie hat fast überall ausgedient. Neue Ideen entstanden, Rettungsversuche gelangen oder scheiterten, Arbeit verschwand und entstand wieder, junge Leute gingen fort oder suchten mit großer Beharrlichkeit das Glück vor der Haustür, Wunschträume zerplatzten wie Seifenblasen, aus gewagten Projekten wurden bodenständige Unternehmen.
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Eins der fünf Wahlkreisbüros liegt in Ludwigsfelde. |
Das alles sieht der Abgeordnete Danckert, wenn er mit dem Auto durch seinen Wahlkreis fährt. Er kennt so viele Menschen, die sich mühen. Er kennt auch manche, die aufgegeben haben. In seinem Auto ist manchmal Zeit, all die Wünsche zu deklinieren, die er hat für diesen Landstrich. Dann fährt der Abgeordnete von einem Termin zum anderen und denkt darüber nach, was in fünf Jahren sein wird, wo man scheitern und wie gewinnen könnte. Das sind dann so Tage mit grandios geratenen Höhenflügen und ganz klein gebackenen Brötchen. Teils heiter, teils wolkig, hieße es im Wetterbericht.
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Gespräch in der Fachhochschule Wildau. | ||||||||||
Der erste Termin:
In der Technischen Fachhochschule Wildau ist die Heizung ausgefallen. Geblieben sind trotzdem alle, die an diesem Vormittag reden wollen. Der Präsident der Schule, der Bürgermeister von Wildau, Dozentinnen und Dozenten, eine Journalistin von der Lokalpresse. Peter Danckert ist regelmäßig hier, um sich über die Entwicklung der Fachhochschule zu informieren, an der inzwischen mehr als 2.600 Studentinnen und Studenten eingeschrieben sind, die 145 Angestellte hat und 59 Professuren, die keinen Mangel an Forschungsprojekten und Entwicklungsaufträgen beklagen muss.
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Gespräch in der Fachhochschule Wildau. | ||||||||||
Das Geheimnis des Erfolgs seien die Nischenprodukte, erklärt der Präsident, Professor Ungvári, und der Bürgermeister schickt hinterher, die Hochschule sei das Beste, was dem Ort Wildau passieren konnte. Aber bitte, man ist nicht zusammengekommen, um sich unentwegt zu loben. Das weiß der Abgeordnete und fragt nach. Mit freundlicher Ironie gibt der Präsident zu bedenken, dass zwölf Greencards im ganzen Land Brandenburg doch recht wenig seien. "Darüber werden wir reden", sagt Peter Danckert und erkundigt sich nach dem Projekt Campushochschule. In sieben Jahren soll sie entstehen, hier in der Bahnhofstraße - studieren, leben, forschen, entwickeln, alles an einem Ort. Das ist der Traum.
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Gespräch in der Fachhochschule Wildau. | ||||||||||
Doch wie das mit Träumen so ist: Die Realität gerät manchmal zum Schildbürgerstreich. "Die Sanierung dieses Hauses", erzählt der Präsident, "ist gegenwärtig auf Eis gelegt. Die Mittel sind da, aber zwei beteiligte Firmen streiten sich vor Gericht, und alles ist zum Erliegen gekommen." Absurd, diese Situation, befindet der Abgeordnete und verspricht Hilfe. Dann folgt ein kleiner Rundgang durch die Fachhochschule, die zu DDR-Zeiten Ingenieurschule für Maschinenbau war und die ersten Industrieroboter im Land entwickelte. Wildau - 30 Kilometer von Berlin entfernt - klingt nach einer Erfolgsgeschichte. Mit Ecken und Kanten, wie sich das heute für Erfolgsgeschichten gehört.
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Gespräch in der Fachhochschule Wildau. | ||||||||||
Der erste Wunsch:
Wenn der Abgeordnete Danckert über seine Wünsche nachdenkt, dann ist die Bundesstraße 101 so ein Dreh- und Angelpunkt. Straßen, weiß der Abgeordnete, sind Lebensadern, und wer die Investoren locken will, muss ihnen sagen können: Ihr braucht vierzig Minuten von Jüterbog nach Berlin und seid in einer halben Stunde in Schönhagen, wo der Flugplatz entsteht. Der vierspurige Ausbau der Bundesstraße ist eine existenzielle Frage. Wer sich heute aus der Hauptstadt in den Wahlkreis begibt, quält sich über die B 96 - nur ein Schwertransporter vor der Nase, und das Chaos ist perfekt. Bis Ludwigsfelde ist die 101 gediehen, und Peter Danckert kämpft und arbeitet, dass es zügig weitergeht. Ende des Jahres wird man in Kerzendorf Süd sein und die Hälfte geschafft haben. Danach werden Thyrow, Trebbin und Luckenwalde angebunden. Was ihn das für Zeit und Kraft kostet, darüber denkt der Abgeordnete lieber nicht nach. Aber der Süden des Wahlkreises, wo der Speckgürtel wirklich nicht hinreicht, wo sich hinter Arbeitslosenzahlen und Abwanderungsziffern verlorene Träume und bleibende Ängste verbergen, der Süden braucht Anbindung. Dann, so glaubt und hofft der Abgeordnete, werden mehr Investoren kommen. Dann bringt man die Arbeit zu den Menschen oder die Menschen zur Arbeit.
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Gut Kummersdorf. |
Der zweite Termin:
Im Rangsdorfer Gymnasium wartet man auf den Abgeordneten und auf den Bildungsminister Brandenburgs, Steffen Reiche. Die Stimmung ist feierlich, ein kleines Buffet angerichtet, das Fernsehen hat ein Kamerateam geschickt. An diesem Tag werden die Schule und das nicht weit entfernt gelegene Funkwerk Dabendorf einen Kooperationsvertrag unterschreiben. "Es ist der vierte in diesem Wahlkreis", sagt Peter Danckert. "Mit dem Funkwerk haben die wirklich einen guten Griff getan. Was man da alles machen kann: Praktika organisieren, Berufsorientierung erleichtern, finanzielle Unterstützung erhalten.
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Gespräch im Rangsdorfer Gymnasium. | ||||||||||
Schulen brauchen das." Das Rangsdorfer Gymnasium ist gegenwärtig Hauptdarsteller in einem Modellprojekt, mit dem man probieren will, Schulen eigenverantwortlich wirtschaften zu lassen. Das Dabendorfer Funkwerk hat sich mit seiner Produktion rund ums Handy am Markt platziert. Man feiert also Erfolge an diesem Tag und antizipiert den Aufschwung.
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Gespräch im Rangsdorfer Gymnasium. | ||||||||||
Der Abgeordnete findet gute Worte dafür und vermisst ein wenig die Schülerinnen und Schüler. Von denen sind nur drei geladen - alles andere Entscheidungsträger. Aber gut, man ist nicht nur zum Feiern da, sondern auch zum Reden. Diese Gelegenheit lässt sich der Abgeordnete nicht entgehen. Was kann man nicht alles am Rande eines solchen Termins klären, und wie gut tut es, zu sehen, wie da etwas vorangeht und bewegt wird.
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Gespräch im Rangsdorfer Gymnasium. | ||||||||||
Der zweite Wunsch:
Arbeit. Viel mehr Arbeit muss her, mit der sich die Menschen verwirklichen und ihre Familien ernähren können. Arbeit, die den Jugendlichen das Gefühl gibt, eine Zukunft zu haben und den Älteren ein gutes Auskommen bietet. In Kummersdorf Gut, einem einstigen Heeresgutsbezirk, der später Heeresversuchsstelle war und nach dem Krieg den sowjetischen Streitkräften als Garnison und Übungsplatz diente, sind allenthalben die Spuren der Geschichte zu finden. 1994 zogen die sowjetischen Truppen ab und hinterließen eine ausgebrannte Landschaft.
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Gespräch im Rangsdorfer Gymnasium. | ||||||||||
1998, das Jahr, in dem Peter Danckert in den Bundestag einzog, begann das Projekt "Strukturanpassungsmaßnahmen in Kombination von Arbeit und beruflicher Weiterbildung". Drei Firmen beteiligten sich an der Maßnahme, rund 200 Menschen fanden zeitweilig Arbeit und Lohn. 1,4 Millionen Quadratmeter umfasst die Liegenschaft, die man in Ordnung brachte. 180.000 Quadratmeter Gebäudefläche kamen dazu. 917.943 Kubikmeter Raum wurden entkernt und umgebaut, 526.000 Kubikmeter zurückgebaut, Demontagehelfer, Recyclinghelfer und Helfer Naturschutz ausgebildet.
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Haus der Offiziere in Wünsdorf. |
Ein gutes Projekt für viele, die lange schon auf Arbeitssuche waren, und für Kummersdorf Gut. Der bittere Tropfen: Nur wenige konnten aus dieser Maßnahme heraus Fuß auf dem ersten Arbeitsmarkt fassen. Noch fehlen in dieser Gegend die Angebote. Und wieder ist der Abgeordnete Danckert bei den Investoren, die er in seinen Wahlkreis holen will. Mit einem Wunschkandidaten wird er sich am nächsten Tag in Wünsdorf treffen. Wünsdorf ist nicht weit entfernt, und der Investor soll sich für das große einstige Haus der Offiziere begeistern, vor dem noch immer ein überlebensgroßer Lenin steht, und das vielleicht ein gutes Ausbildungszentrum werden könnte.
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Gespräch mit dem Mieterverein. | ||||||||||
Da arbeitet der Abgeordnete hart und viel daran, dass die Leute kommen, mit ihren Ideen, ihrem Knowhow und natürlich ihrem Geld. Und daran wird er auch gemessen, ob es ihm gelingt, sie ins Boot zu holen. Er weiß das und manchmal, wenn es ihm zu langsam geht, eilen seine Wünsche der Realität voraus. Aber der Boden der Tatsachen ist schnell wieder erreicht. Dafür sorgen die Leute. Zum Beispiel, wenn sie in seine Sprechstunde kommen.
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Gespräch mit dem Mieterverein. | ||||||||||
Der dritte Termin:
Am Nachmittag ist Peter Danckert in seinem Wahlkreisbüro in Ludwigsfelde, einem von fünf Büros, die er im Wahlkreis hat und in denen er regelmäßig ist, um zuzuhören und zu reden und zu helfen. Heute also Ludwigsfelde.
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Gespräch mit dem Mieterverein. | ||||||||||
Das Büro ist klein und eng, dem Abgeordneten bleiben noch fünf Minuten bis zum ersten Termin mit Vertretern des Mieterbundes. Die kommen, um mit ihm über die Mietrechtsreform zu reden und ihm zu erklären, wo sie Bauchschmerzen haben. Peter Danckert hört zu, macht sich Notizen und erklärt, wie es im Bundestag mit diesem Thema weitergehen wird. "Können Sie über den Ausschuss noch was bewegen?", wollen die Besucher wissen. "Ich muss mir Bündnispartner suchen", sagt Danckert, und "ich nehme das mit auf den Weg."
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Gespräch mit dem Mieterverein. | ||||||||||
Noch eine kleine Pause, bis die Nächsten kommen. Zwei ältere Damen - aufgeregt und gut vorbereitet. Sie arbeiten bei der Volkssolidarität und möchten den Abgeordneten bitten, sie bei der Organisation eines Ausflugs zu unterstützen. Im Sommer soll er stattfinden. Und vielleicht kann er ja eine kleine Führung machen, da auf dem Pferdehof und im Kutschenmuseum. Das werde wohl gehen, sagt der Abgeordnete, und die beiden Damen schauen sich triumphierend an. Na bitte, signalisieren sie sich, es klappt ja. Man klärt Termin und Programm, redet noch eine Weile über die Volkssolidarität, eine Hilfsorganisation, in der der Abgeordnete Mitglied ist und die in Ludwigsfelde 4.500 Haushalte betreut. "Ach, da werden wir erzählen, dass man auch als junger Mensch bei uns Mitglied werden kann", sagen die Damen kokett, und der Abgeordnete bedankt sich für das Kompliment.
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Kfz-Versuchsanlage Horstwalde. |
Die Sprechstunde dauert mehr als zwei Stunden. Es kommen viele. Ein Vertreter der Bürgerinitiative für "Rangsdorf ohne Flugplatz" sucht Unterstützung. Eine junge Frau muss an der Berufsschule einen Vortrag über den Haushalt des Bundestages, Einkommensteuer und Körperschaftsteuer halten. Ob der Herr Danckert Material habe. Er wird sich kümmern, verspricht er und ruft auch gleich in seinem Berliner Büro an.
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Bürgersprechstunde. | ||||||||||
Draußen warten Bewohner und Kommunalvertreter der Gemeinde Löwenbruch, die einen Fusionsvertrag mit der Stadt Ludwigsfelde unterschrieben hat. Nun aber will die Stadt die einst zugesicherten Rechte beschneiden. Die Männer sind erregt. Sie zeigen Papiere, Karten und Flächennutzungspläne, erklären, fallen sich gegenseitig ins Wort. "So jetzt machste ?n Punkt", sagt einer dann, "und lässt mal den Kollegen Danckert was sagen." Der aber telefoniert bereits und erklärt seinem Gesprächspartner, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. "Es gibt einen öffentlich-rechtlichen Vertrag und der wird ignoriert. Es muss kurzfristig ein Termin gemacht werden, damit die Sache vom Tisch kommt."
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Bürgersprechstunde. | ||||||||||
Währenddessen wartet im Büro geduldig eine Rentnerin. Peter Danckert bittet seinen Mitarbeiter, sich um sie zu kümmern. Aber das ist schwierig. Die Frau versteht ihren Rentenbescheid nicht, und in Ludwigsfelde selbst gibt es keine Beratungsstelle, sie müsste weit fahren. Eigentlich ist die Zuständigkeit ja...aber so geht es auch nicht, die Frau ist hergekommen und will Hilfe. "Ich kümmere mich", verspricht der Mitarbeiter und kopiert sich die Papiere. "Sobald ich was weiß, rufe ich an."
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Bürgersprechstunde. | ||||||||||
Und dann noch der Mann mit seinem riesigen Ordner und einem seit Jahren laufendem Rechtsstreit. Hier ist eher der Anwalt Danckert gefragt, und vielleicht muss der Besucher auch einfach nur Dampf ablassen. Eine leidige Geschichte.
Der dritte Wunsch:
Aufschwung will der Abgeordnete für seinen Wahlkreis. Und der ist nur mit moderner Industrie, mit neuen Technologien, mit innovativen Projekten zu machen. Die Forschungsanlage Horstwalde, nahe Kummersdorf Gut, kann so was werden. FKVV heißt das Projekt, Fahrbahn-, Kraftfahrzeug- und Verkehrsversuchsanlage - einmalig für Europa und eine riesige Chance für den wirtschaftlichen Aufschwung in der Region um Baruth und Sperenberg. So sieht es auch das Bundesministerium für Forschung und Technologie. Aber die Mühen der Ebenen sind nur mit viel Geduld und Engagement zu bewältigen. Doch wenn sie fertig ist, die Anlage, mit ihren Messstrecken, Schlechtwegstrecken, Schotterstrecken, Steigungsbahnen, Korrosions- und Schotterwannen, Schlamm- und Watbecken, werden die Kunden da sein - soviel ist sicher. Und es werden Arbeitsplätze geschaffen, und Forschung wird sich ansiedeln, und Investoren werden kommen. Dafür hat man jetzt schon viele Jahre gearbeitet und sich bei Leuten wie dem Abgeordneten Danckert Unterstützung geholt.
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Bürgersprechstunde. | ||||||||||
Solche Projekte sind es, die den Aufschwung bringen werden und die Region voran bringen.
Über all diese Dinge denkt der Abgeordnete Danckert nach, wenn er durch seinen Wahlkreis fährt. Und jeder Termin soll ein kleiner oder großer Schritt sein hin zur Erfüllung all seiner Wünsche. Es wird dauern, es wird Jahre brauchen, es wird mühevoll. Das weiß der Abgeordnete.
Manchmal sieht das Neue entgegen aller Hoffnung nicht wunderbar, sondern nur wie eine frisch geschlagene Wunde aus. Damit muss man klarkommen. Und trotzdem weiter Wünsche haben.
Kathrin Gerlof