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April 04/2001
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DISKUSSIONSVERANSTALTUNG MIT IWF UND WELTBANK

"Schuldenerleichterung ist für die armen Länder kein Allheilmittel"

(fi) Der geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), Horst Köhler, sieht in der Schuldenerleichterung für hochverschuldete arme Länder (Highly Indebted Poor Countries, HIPC) kein Allheilmittel. Die Förderung einer Kreditkultur sei nicht nur für die Entwicklung unentbehrlich, sondern auch für die Stabilität des internationalen Finanzsystems insgesamt, sagte Köhler am 2. April in einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung des Finanzausschusses, des Auswärtigen Ausschusses und des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Berlin.

Der Präsident der Weltbank, James D. Wolfensohn, erinnerte wie Köhler daran, dass es derzeit 22 Länder gebe, die im Rahmen der so genannten HIPC-Initiative eine Schuldenerleichterung von insgesamt 34 Milliarden US-Dollar erhielten. Dadurch würden die Gesamtschulden dieser Länder, von denen 18 in Afrika liegen, auf ein Drittel des ursprünglichen Standes reduziert. Damit werde sich ihr Schuldenstand auf ein Niveau senken, das unter dem Durchschnitt des Schuldenstandes aller Entwicklungsländer liege, betonte Wolfensohn.

"Nicht nur Almosen geben"

Beide Redner unterstrichen, dass Schuldenerlass mit Entwicklungsstrategien verbunden werden müsse, um die Armut zu verringern. Erforderlich sind nach den Worten Wolfensohns Reformen im Rechts- und Finanzsystem, bei der Korruptionsbekämpfung, der Infrastruktur, im Bildungssystem, im Umweltschutz und für den ländlichen und städtischen Raum. Den Armen dürften nicht nur Almosen gegeben werden, sondern man müsse es ihnen ermöglichen, aus der Armut herauszukommen. Eine Institution allein könne das nicht erreichen. Die Weltbank sei effektiver und schneller geworden, die Mittel würden zielgerichteter eingesetzt, fügte Wolfensohn hinzu.

Köhler legte den Akzent auf die Bereitschaft der Industrieländer, ihre Märkte gegenüber den armen Ländern zu öffnen und ihre Versprechungen an staatlicher Entwicklungshilfe einzuhalten. Es sei ein "politischer und wirtschaftlicher Irrsinn", so der IWF-Direktor, dass in den Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 360 Milliarden Dollar jährlich für Agrarsubventionen ausgegeben würden, während in Entwicklungsländern die Armut in den landwirtschaftlichen Regionen besonders ausgeprägt sei.

Die Vorsitzende des Finanzausschusses, C. (Bündnis 90/Die Grünen), mit dem geschäftsführenden Direktor des IWF, H. Köhler (Mitte), und Weltbank-Präsident J. D. Wolfensohn (rechts).
Die Vorsitzende des Finanzausschusses, Christine Scheel (Bündnis 90/Die Grünen), mit dem geschäftsführenden Direktor des Internationalen Währungsfonds, Horst Köhler (Mitte), und Weltbank-Präsident James D. Wolfensohn (rechts).

Auch sei es überfällig, so Köhler und Wolfensohn übereinstimmend, dass die Industrieländer 0,7 Prozent ihres Bruttosozialprodukts für staatliche Entwicklungshilfe aufwendeten. Die deutsche Entwicklungshilfe entspreche mit ungefähr 0,26 Prozent des Bruttosozialprodukts dem Durchschnitt aller OECD-Länder, sagte Köhler. Er rief dazu auf, die Ziele der Armutsbekämpfung aus der Sicht der Empfängerländer und nicht aus der Sicht von interessierten Gruppen im eigenen Land wie Nichtregierungsorganisationen zu sehen.

Wenn Verfassungen geändert werden müssten, sollten dies die betroffenen Länder auf Grund eigenen Willens tun, sagte Köhler im Hinblick auf die Korruptionsbekämpfung. Die internationale Gemeinschaft müsse vorsichtig sein, anderen Staaten Verfassungsänderungen aufzuzwingen. Korruption sei keineswegs nur ein Problem der armen Länder. Auf das Projekt eines internationalen Insolvenzrechts angesprochen, sagte Köhler, dies würde Souveränitätsverzicht voraussetzen. Ein "legitimes Ziel", aber keine Patentantwort, so der IWF-Direktor.

Auf die Diskussion über die Einführung einer so genannten Tobin-Steuer auf internationale Finanztransaktionen angesprochen, äußerte Köhler Zweifel an der Wirksamkeit eines solchen Vorgehens. Zu fragen sei, ob damit Einnahmen erzielt werden sollten oder ob man "Sand ins Getriebe" streuen wolle. Letzteres würde nicht funktionieren, so der frühere Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, weil es zu viele Umgehungsmöglichkeiten gäbe.

Köhler plädierte im Übrigen für eine Politik des "konstruktiven Engagements mit dem Privatsektor". Der Dialog mit hochrangigen Vertretern privater Finanzinstitute solle dazu dienen, den privaten Sektor stärker in die Krisenprävention einzubeziehen. Auffallend sei, dass Finanzkrisen stets direkt oder indirekt mit festen Wechselkursen zusammenhingen. Vor allem für Schwellenländer seien flexible Wechselkurse im Zweifel die bessere und sicherere Lösung, argumentierte Köhler. Schuldner und private Gläubiger müssten jederzeit wissen, dass Finanzhilfen des IWF nicht dazu da seien, ihnen die Verantwortung für eingegangene Risiken abzunehmen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2001/bp0104/0104059
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