DISKUSSION IM AUSSCHUSS
Entscheidung für TV-Auslandskanal "noch nicht wirklich haushaltsreif"
(ku) Die Bereitschaft von ARD und ZDF, gemeinsam mit der Deutschen Welle (DW) einen deutschen Pay-TV-Auslandskanal zu betreiben, führt zu einem Paradigmenwechsel und muss sorgfältig bedacht werden, hat der Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, Julian Nida-Rümelin (SPD), am 25. September vor dem Kulturausschuss erklärt.
Nida-Rümelin führte auch den bevorstehenden Intendantenwechsel an und sagte, die Entscheidung über das Projekt sei "nicht wirklich haushaltsreif für das Jahr 2002". Zudem seien die im Ausschuss vorgetragenen Bedenken des Bundesrechnungshofes auszuräumen.
Die SPD legte dar, "wenn das jetzt nicht kommt", dann werde es auf unabsehbare Zeit nicht funktionieren. Unverständlich sei, dass zwar lange auf die derzeitige Situation hingearbeitet worden sei und der nun möglichen Zusammenarbeit zwischen ARD, ZDF und DW mit sehr viel Sympathie begegnet werde, doch nun, wo es möglich sei, werde gezögert. Haushalterisch sei die Einstellung nicht unkritisch, aber aus medienpolitischen Erwägungen vertretbar. Unterstrichen wurde die Einschätzung Nida-Rümelins, "Channel D", ein privater Unterhaltungskanal, sei keine Alternative.
Die CDU/CSU führte aus, der möglich deutsche TV-Auslandssender sei grundsätzlich ein Teilbereich der Arbeit der Deutschen Welle. Dieses Segment dürfe nicht losgelöst diskutiert werden vom Gesamtauftrag der DW. Die Union bedauerte, vom Bundesbeauftragten bis heute keine offizielle Stellungnahme zur jetzigen Ausgangsbasis erhalten zu haben. Dies sei umso misslicher, als der Kulturausschuss damit nie in der Lage gewesen sei, die "grundsätzlich positive Einschätzung" des Ausschusses dafür zum Ausdruck zu bringen.
Bedauerlich sei dies umso mehr, als sich nun die "Haushälter" darüber beugten, ohne dass eine inhaltliche Würdigung des Fachausschusses vorliege. Generell hielt es die Union für "nicht vorstellbar", dass in der gegenwärtigen Haushaltssituation zusätzlich "10 plus 6 Millionen Euro" für eine Anlauffinanzierung für die nächsten sieben Jahre bewilligt würden.
Bündnis 90/Die Grünen fragten danach, auf welcher Basis die DW mit rund 70.000 Abonnements beim Deutschen Auslandskanal rechne, wenn der seit fünf Jahren etablierte französische Sender lediglich 7.000 Abonnements vorweisen könne. Die PDS unterstützte die Haltung der Union, man hätte erst Aufgabe und Zielbestimmungen diskutieren müssen, um damit die richtige Grundlage für Haushaltsverhandlungen zu erreichen. Auch die FDP fand eine Terminierung unverständlich, die zu den Haushaltsverhandlungen kein Positionspapier und damit kein positives Votum des Ausschusses ermögliche. Die Liberalen stützten die SPD-Einschätzung, zu einem späteren Zeitpunkt werde es kaum noch Chancen auf eine Realisierung geben.
Franz Schoser, der Vorsitzende des DW-Verwaltungsrates, legte dar, die Realisierung eines deutschen Pay-TV-Auslandskanals auf dem als "härtester" bekannten US-Markt, gebe klare Indizes für eine langfristige Wirtschaftlichkeit. Die Prognose von 50.000 Abonnenten sei "realistisch und seriös gerechnet", da es unter den 2,5 Millionen Deutschstämmigen in Nordamerika rund 800.000 gebe, die Deutsch verstünden. Von diesen seien nach einer Umfrage wiederum etwa 350.000 bereit, einen deutschen Pay-TV Auslandskanal zu abonnieren.
Zur Situation der Franzosen erklärte Schoser, deren Ausgangslage vor fünf Jahren sei eine völlig andere gewesen. Die Digitalisierung habe jetzt erst richtig begonnen. Im Übrigen sei zwar auf Grund der schlechteren Haushaltslage eine generelle strukturelle Unterfinanzierung für die nächsten Jahre nicht zu leugnen. Anderseits gebe die völlig neue Grundlage einer kostenfreien Nutzung des gesamten ARD- und ZDF-Programmangebots der Deutschen Welle eine einzigartige Chance, langfristig mit Gewinn zu arbeiten und gleichzeitig die deutschsprachige Präsenz und Information im Ausland erheblich zu erweitern.