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Hartmut Hausmann
Georgien hat die EU fest im Blick, aber es ist
noch einiges zu tun
Georgiens Präsident Saakaschwili vor dem
Europarat
Ohne einen Zeitplan zu nennen hat Georgiens
neuer Präsident Michail Saakaschwili in Straßburg ein
klares Bekenntnis zu dem langfristigen Ziel einer Mitgliedschaft
seines Landes in der EU abgelegt. In einer Rede vor der
Parlamentarischen Versammlung des Europarats, dem die erste
Auslandsreise nach seinem Amtsantritt galt, betonte er, dass sein
Land "irgendwann" Vollmitglied der Europäischen Union
werde.
Auf Grund der guten Beziehungen zu Bulgarien
solle dieses Land das Tor zur EU bilden. Er habe bereits erste
Gespräche mit dem Hohen Beauftragten für die
EU-Außen und Sicherheitspolitik, Javier Solana, und mit
Kommissionspräsident Romano Prodi geführt.
Seine zweite Reise werde ihn voraussichtlich
nach Moskau führen, um die Beziehung zwischen beiden
Länden, die unter seinem Vorgänger sehr beschädigt
worden seien, zu verbessern. Er hoffe, Russland zu dem vertraglich
vereinbarten Truppenabzug aus Georgien bewegen zu können. Mit
der Unterstützung der Rebellen in der Provinz Abchasien habe
Moskau Georgien bestrafen wollen. Jetzt könne man jedoch
gesunde Ansätze zum Umdenken auf russischer Seite feststellen
können.
Als Unterstützung riefen die
Europaratsparlamentarier die russischen Behörden auf, ihre auf
dem OSZE-Gipfel in Istanbul vor fünf Jahren eingegangenen
Verpflichtungen umzusetzen und ihre Truppen aus Georgien abzuziehen
sowie ihre Militärstützpunkte zu
schließen.
Neben dieser außenpolitischen
Priorität aber haben die innenpolitischen Herausforderungen
Vorrang. Zu seinem Reformprogramm, das er sofort nach der
Regierungsbildung angehen will, gehört vor allem die
Bekämpfung der Korruption. Bei den Reformen werde er keine
Kompromisse eingehen. Es gehe darum, mit der großen
Unterstützung des Volkes die Probleme mit voller Kraft
anzugehen. Weitere Herausforderungen stellten die Liberalisierung
der Wirtschaft, die Schaffung einer Selbstverwaltung und die
Bekämpfung der Armut dar. Dabei zählt Saakaschwili auch
auf die ins Ausland abgewanderten Landsleute, die er zur
Rückkehr nach Georgien aufforderte.
Der 36 Jahre alte Saakaschwili, der fünf
Sprachen fließend spricht und in Straßburg
äußert selbstbewusst auftrat, aber sich für jede
Diskussion offen zeigte, war erst am 4. Januar mit 96 Prozent der
Stimmen in einer demokratisch einwandfreien Wahl zum neuen
Präsidenten gewählt worden. Am 22. November 2003 hatte er
seinen einstigen Ziehvater Eduard Schewardnadse, dem er Wahlbetrug
vorwarf, mit der Organisation friedlicher Demonstrationen zum
Rücktritt gezwungen.
Nach seinem Rücktritt als früherer
Justizminister war er zu einem der schärfsten Kritiker seines
Mentors geworden. Michail Saakaschwili gründete mit der
Nationale Bewegung seine eigene Partei, die insbesondere mit dem
Kampf gegen die Armut, Korruption und Vetternwirtschaft als ihren
Hauptzielen um die Unterstützung der Menschen geworben
hatte.
Die Parlamentarische Versammlung des
Europarats forderte das Parlament in Georgien auf, noch vor den
für den 28. März 2004 angesetzten Parlamentswahlen eine
Änderung des Wahlgesetzes vorzunehmen. Dabei seien die
Wahlverfahren zu vereinfachen und der Grundsatz des
Wahlgeheimnisses müsse garantiert werden. Auch die
Zusammensetzung der Wahlkommission müsse geändert werden,
damit alle politischen Kräfte vertreten seien.
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