Christian Hauck
Das scharfe Schwert des Parlaments
Schleswig-Holstein: SSW-Initiative zu
Untersuchungsausschüssen
In wohl kaum einem anderen Land haben
Untersuchungsausschüsse eine derart politische Bedeutung
erlangt wie in Schleswig-Holstein. 1988 trug ein solches Gremium
bei der Aufklärung der Barschel-Affäre ganz wesentlich
zum Ende der bis dahin 37-jährigen CDU-Herrschaft im Norden
bei. Über die Enthüllungen im "Schubladen-Ausschuss"
stürzte fünf Jahre später mit Björn Engholm
nicht nur der Ministerpräsident, sondern auch der
Hoffnungsträger der Bundes-SPD.
Seit anderthalb Jahren tagt wieder ein Untersuchungsausschuss an
der Kieler Förde. Mit dem Rücktritt des
Staatskanzlei-Chefs und Simonis-Vertrauten Klaus Gärtner fand
auch die "Filz"-Affäre zwar schnell ein prominentes
politisches Opfer. Wesentliche neue Erkenntnisse über die
Hintergründe eines geplatzten Immobilien-Verkaufs brachte der
Ausschuss seither aber nicht mehr ans Licht. Statt Sachverhalte
aufzuklären, so urteilt der dänisch-orientierte
Südschleswigsche Wählerverband SSW, gerät die
Ausschussarbeit über weite Strecken zur politischen
Schlammschlacht.
Aus diesen Erfahrungen wollte die nur drei Abgeordnete
zählende SSW-Gruppe jetzt Konsequenzen ziehen. Im Landtag
brachte sie einen bis dahin in Deutschland wohl einmaligen Antrag
ein. Das Parlament möge feststellen, dass
"Untersuchungsausschüsse kein geeignetes Instrument zur
objektiven Aufklärung von Sachverhalten im unmittelbaren oder
mittelbaren Verantwortungsbereich der Regierung sind". Einen
Vorschlag, wie es statt dessen besser gemacht werden könnte,
lieferte SSW-Gruppenchefin Anke Spoorendonk gleich mit:
"Wir sehen in unabhängigen Richteruntersuchungen eine gute
Alternative zu Untersuchungsausschüssen." Im
angelsächsischen Raum habe sich dieses Modell bei der
Aufklärung politischer Skandale bestens bewährt. Die
Kontrollrechte des Parlaments sieht Spoorendonk dabei nicht
gefährdet: "Die Beauftragung der Untersuchung und auch die
politische Bewertung der Ergebnisse stünden weiterhin der
Legislative zu", argumentierte die Politikerin.
"Kein Denkverbot"
Ihre Mitstreiter im hohen Haus an Kieler Förde wollten von
solchen Überlegungen allerdings nichts wissen. Noch nicht
einmal zur weiteren Beratung in den Innenausschuss schaffte es der
SSW-Antrag. Unisono schmetterten SPD, CDU, Grüne und FDP den
Antrag im Landtag ab. Das Parlament habe sich damit selbst ein
"Denkverbot" auferlegt, kommentierte das "Flensburger
Tageblatt".
Dass es so kam, verwundert angesichts der voran gegangenen
Debatte im Plenum. Die Grünen sprachen mit Hinblick auf den
"Filz"-Untersuchungsausschuss von einer
"Zeitverschleuderungsmaschine". Der SPD-Innenpolitiker Klaus-Peter
Puls nannte das Gremium gar einen "Tummelplatz für
Profilneurotiker, Hobbystaatsanwälte und schwarze
Hilfssheriffs". In letzter Konsequenz mochte jedoch keine der
Fraktionen auf das "politische Kampfinstrument" und "schärfste
Schwert des Parlaments gegenüber der Regierung"
verzichten.
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