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Claudia Heine
Bundestag zeichnet Arbeiten zu Politik aus
Wissenschafts- und Medienpreis
"Man soll die Feste feiern, wie sie kommen". Mit
diesen Worten eröffnete Bundestagspräsident Wolfgang
Thierse die Festveranstaltung, in deren Rahmen am 28. Januar der
Medien- und Wissenschaftspreis des Deutschen Bundestages vergeben
wurde. Es war nicht nur ein Jubiläum für diesen Preis,
der in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen feiert, sondern
in gewisser Weise auch für den Raum, in dem er verliehen
wurde. Im Foyer des vor einigen Wochen erst eingeweihten
Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses, in dem die Gäste teilweise
wie in einem antiken Theater auf den Treppenstufen saßen,
fanden noch nicht viele Veranstaltungen statt.
Es wirkt doch irgendwie ganz angenehm",
stellte Thierse mit Blick über das Publikum in den Raum hinein
fest, bevor er dann auf den eigentlichen Anlass zu sprechen kam.
Seit 1989 würdigt der Bundestag, zunächst mit dem
Förderpreis und seit 1993 mit der Vergabe des Medien- und
Wissenschaftspreises alle zwei Jahre hervorragende
wissenschaftliche und publizistische Arbeiten, die zur
Beschäftigung mit den Fragen des Parlamentarismus anregen.
Ziel der Preise sollte und soll es sein, das Verständnis
für parlamentarische Arbeit und ihrer Praxis in der
Öffentlichkeit zu verbessern. Ein Anspruch, der vor dem
Hintergrund allgemeiner "Politikverdrossenheit" in weiten
Bevölkerungsteilen brandaktuell bleibt. Denn diese hat ihre
Ursachen nicht zuletzt darin, dass viele das politische
Geschäft als wenig nachvollziehbar erfahren. Die Preise sind
mit jeweils 10.000 Euro dotiert und werden nach den Empfehlungen
unabhängiger Jurys vergeben.
In diesem Jahr entschied sich die Jury des
Medienpreises unter dem Vorsitz des Journalisten Helmut Herles,
für eine Hörfunkreportage von Susanne Führer vom
DeutschlandRadio Berlin. "Auf Vertrauen und Gewissen - Die
Vertrauensfrage des Kanzlers und das Gewissen des Abgeordneten
Klaus Barthel", so der Titel des Beitrages, dokumentiert sie
fünf Arbeitstage des Abgeordneten und einen schwierigen
Prozess der Entscheidung über einen möglichen
Bundeswehreinsatz nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001.
Gerade in Zeiten, in denen auch die politische Berichterstattung
von "flotten Sprüchen" dominiert werde, sei es wichtig, "die
verschlungenen Wege der parlamentarischen Arbeit" und die damit
verbundenen Mühen "transparenter" zu machen, begründete
Wolfgang Thierse die Preisvergabe. Denn: "Für eine lebendige
Demokratie sei es notwendig, immer den Spiegel vorgehalten zu
bekommen. Er lobte Susanne Führer für ihren "sensiblen
Umgang mit Zwischentönen" jenseits plakativer
Umschreibungen".
Susanne Führer, seit vielen Jahren
für den Hörfunk journalistisch tätig, arbeitete
"nebenbei" unter anderem auch für die "Wochenpost". 1993
bereits erhielt sie den Kurt-Magnus-Preis der ARD zur
Förderung des Nachwuchskräfte des deutschen
Hörfunks, eine Entscheidung, "die sich gelohnt" habe, wie
Helmut Herles in seiner Laudatio feststellte. Zu der Jury
gehören neben Helmut Herles vom Bonner "General Anzeiger" auch
Stephan-Andreas Casdorff "Der Tagesspiegel", sowie Henning Frank,
freier journalist und Friedrich Karl-Fromme von der "Frankfurter
Allgemeinen Zeitung", nebst Gunter Hofmann von der "Zeit". Weitere
Mitglieder der Jury sind Wolf von Lojewski vom ZDF, Ute
Reichert-Flögel vom Deutschlandfunk und Martin E. Süskind
von der "Berliner Zeitung".
Auf einen ebenso erfolgreichen Berufsweg wie
Susanne Führer blickt auch der Träger des
diesjährigen Wissenschaftspreises zurück. Der Politologe
Andreas Maurer von der Stiftung Wissenschaft und Politik wurde
für seine Dissertation "Parlamentarische Demokratie in der
Europäischen Union - Der Beitrag des Europäischen
Parlaments und der nationalen Parlamente" ausgezeichnet. Zahlreiche
Lehr- und Projekttätigkeiten im In- und Ausland gehören
zu seiner Vita, ebenso wie ein "Masters of Arts in European
Political and Administrative Studies" am Europa Kolleg in
Brügge. Gerade mit Blick auf die Diskussionen um die
EU-Osterweiterung oder eine gemeinsame Verfassung für Europa
gewinne die Arbeit von Maurer an Bedeutung, so Thierse. Denn sie
trägt dazu bei, die mangelnde Transparenz, die viele Menschen
mit der Institution "Europa" verbinden, zu überwinden. An
beide Preisträger richtete Thierse die Bitte, "weiter für
den Parlamentarismus zu werben und ihn kritisch zu
begleiten."
Uwe Thaysen, Vorsitzender der Jury des
Wissenschaftspreises und Professor für Politikwissenschaft an
der Universität Lüneburg, wertete die Studie Maurers als
"aufmunternden Befund zu Beginn unseres Jahres 2004, in dem die
nächste Wahl zum Europäischen Parlament ansteht". Sie
bescheinige dem Europäischen Parlament einen "beachtlichen
Erfolg in der Ausweitung seines Einflusses" und ermutige, "die
Zukunft der parlamentarischen Demokratie in Europa nicht als
Nullsummenspiel zu begreifen", so Thaysen in seiner Laudatio. Der
Wissenschaftspreis, dessen Vorsitz routiert, wurde seit 1993 an 13
Personen verliehen. Mitglieder der Jury sind neben Thaysen die
Professoren für Rechtwissenschaft Ulrich Karpen, Ute
Sacksofsky und Hans-Peter Schneider, die Professoren für
Geschichtswissenschaft Rudolf Morsey und Marie-Luise Recker, sowie
der Professor für Politikwissenschaft Heinrich Oberreuter. Die
eingereichten monographischen Arbeiten hatten in sieben Fällen
den Status einer Dissertation, viermal wurden Habilitationen
prämiert. Die Karrieren der Preisträger verliefen
angesichts der aktuell zu beachtenden Schwierigkeiten, sich im
geistewissenschaftlichen oder juristischen Bereich zu etablieren,
äußerst positiv.
Transparenz in der
Berichterstattung
Die Transparenz, von der während der
Preisverleihung so oft die Rede war, fand ihren direkten Ausdruck
durch das Gebäude des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses, das
wie die anderen Bauten im Berliner Regierungsviertel nicht
abgeschottet vom "Rest" der Stadt existieren soll, sondern als
integraler Bestandteil des Stadtlebens. Die große Freitreppe
des Gebäudes wird nach Beendigung der Baumaßnahmen
öffentlich zugänglich sein und so den Bürgern
räumlich das Gefühl von mehr Transparenz vermitteln, denn
man hat von dort zum Beispiel einen sehr guten Blick in die
Europa-Rotunde des gegenüber liegenden Paul-Löbe-Hauses.
Davon konnten sich auch die Gäste der Festveranstaltung
überzeugen.
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