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Heinrich Bortfeldt
Ankommen oder draußen bleiben?
Über Ziele und Strategien der
PDS
Das Buch ist das Ergebnis einer Dissertation, die der Verfasser,
Politikwissenschaftler und ausgewiesener PDS-Experte, im Juni 2003
verteidigt hat. Die zentrale Fragestellung ist, wie es der Autor in
der Einleitung schreibt, ob sich die PDS "an die Prinzipien des
demokratischen Verfassungsstaates hält und seine Werte
verinnerlicht hat, achtet und zu bewahren gedenkt" oder ob der
Vorwurf richtig ist, die PDS sei eine extremistische
Organisation.
Das Buch widmet sich - nachdem der extremismustheoretische
Bezugsrahmen als normative Ebene gesetzt ist - zentralen Bereichen
der Parteienforschung wie Ideologie, Strategie und Organisation.
Dabei bringt Lang jeweils die Positionen der sogenannten Reformer
und der Orthodoxen in der PDS ein. Im Kapitel Ideologie sind das
die Themen Grundwerte, Demokratie- und Staatsverständnis. Im
Kapitel Strategie die Themen außerparlamentarische-,
parlamentarische- und Regierungsstrategie. Im Kapitel Organisation
die Organisationsprinzipien, innerparteiliche Demokratie sowie der
Umgang mit innerparteilichen Strömungen. Anschließend
werden die Ebenen in einer Synthese zusammengeführt.
Beim Blick in den umfänglichen wissenschaftlichen Apparat
ist selbst ein Kenner der PDS überrascht von der Fülle an
Literatur, die mittlerweile zu dieser Partei vorliegt. Das scheint
nicht sonderlich verwunderlich, nachdem "das Phänomen PDS"
förmlich nach einer Erklärung schreit. 13 Jahre hat sich
die PDS als Überlebenskünstlerin bewiesen, was viele
Interpretationsmuster hervorbrachte.
Lang erhebt den Anspruch, in diesen Wirrwarr Ordnung zu bringen
und die erste extremismustheoretische Analyse zu dieser Partei
erstellt zu haben. Er kommt zu folgender Schlussfolgerung: "Der
Wertekanon des demokratischen Verfassungsstaates und die ihm
entspringenden Prinzipien leiten weder Denken noch Handeln der
PDS." Sie sei zwar keine kommunistische Partei mehr, aber
angekommen in der Bundesrepublik sei sie auch nicht. Trotz
"Ansatzpunkten einer demokratischen Entwicklung" sprächen die
meisten Indizien, vor allem in der strategischen Ausrichtung,
dafür, die PDS als "extremistische Partei" zu bewerten.
"Kommunistische Plattform"
Die Fragestellung, ob die PDS eine extremistische Partei sei,
schien Anfang/Mitte der 90er-Jahre noch von gesellschaftlicher
Relevanz zu sein; im Jahre 2003 wirkt sie eher antiquiert. Auch
Lang räumt ein, dass sich selbst der Verfassungsschutz immer
weniger für die PDS als Ganzes, sondern nur noch für
Teilbereiche, etwa die "Kommunistische Plattform", interessiert.
Auch die politischen Parteien reagierten eher pragmatisch: Die SPD
hat die PDS in die Regierungsarbeit auf Länderebene
einbezogen, die CDU die PDS schon mal stark gemacht, um die SPD zu
schwächen.
Gleichwohl ist der extremismustheoretische Ansatz von Lang
legitim, wenngleich er wegen der starken Betonung des Normativen
unter Politikwissenschaftlern heftig umstritten ist. Die
Gegenüberstellung von "Reformern" und "Orthodoxen" mag aus
methodischer Sicht sinnvoll erscheinen und unterstellt, dass die
Partei des Demokratischen Sozialismus im Grunde keine Mitte hat.
Sie ist aber problematisch, weil zum einen die vielen
Schattierungen der Grauzone kaum erfasst werden können, und
zum anderen, weil sich wahrscheinlich die Masse der Mitglieder eben
in dieser Grauzone bewegt. Dadurch wirkt die Gegenüberstellung
etwas schablonenhaft und manchmal auch statisch.
Es hätte auch Sinn gemacht, den Weg der PDS in
vergleichender Perspektive als post-kommunistische Partei
nachzuvollziehen. Hier fehlt auch die ziemlich umfangreiche
angelsächsische Literatur zur PDS, die die Partei oft in
größere Zusammenhänge stellt. Nicht zuletzt scheint
- trotz des enormen Anpassungsdrucks - die Integrationsleistung der
PDS-Führung um Lothar Bisky und Gregor Gysi, die rund eine
Million ehemalige SED-Mitglieder ziemlich geräuschlos in die
Bundesrepublik mitgenommen haben, unterbelichtet.
Kein Zweifel, Langs Studie ist eine Bereicherung der
PDS-Debatte, die anregt und auch den Widerspruch herausfordert.
Jürgen P. Lang
Ist die PDS eine demokratische Partei?
Eine extremismustheoretische Untersuchung.
NOMOS Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2003;
196 S., 29,- Euro
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