Hartmut Hausmann
Die Maut sorgt weiter für Streit zwischen
Brüssel und Parlament
EP verlangt Änderungen bei den
Lkw-Straßenbenutzungsgebühren
Das Europäische Parlament in Straßburg
hat gegenüber dem Kommissionskonzept für die neue
EU-Gesetzgebung zur Erhebung von
Straßenbenutzungsgebühren für Lkw erhebliche
Änderungen beschlossen. Die in erster Lesung beratene
Richtlinie soll den Mitgliedstaaten aus Brüsseler Sicht zwar
mehr Möglichkeiten einräumen, die Mautgebühren
anhand unterschiedlicher Faktoren zu differenzieren. Zugleich aber
soll sie sicherstellen, dass durch gemeinsame Grundsätze, die
einzelstaatlichen Maut- und Benutzungsgebührensysteme für
die Benutzung von Verkehrswegen einen fairen Wettbewerb im
Binnenmarkt gewährleisten.
Dabei geht es um Lastkraftwagen von über
3,5 Tonnen und die Hauptverkehrsstraßen von zur Zeit rund
60.000 Kilometer Schnellstraßen. Die Mitgliedstaaten sollen
ihre Gebührensätze nach Emissionsumfang, Fahrzeugtypen,
Bevölkerungsdichte und Unfallgefahr differenzieren
können. Bei Straßen geringerer transeuropäischer
Verkehrsbedeutung bleibt es den nationalen Regierungen nach dem
Subsidiaritätsprinzip vorbehalten, eigene Benutzungsregeln
für die Verkehrsinfrastruktur zu beschließen.
Bei der Verwendung der Mauteinnahmen bestand
die spanische Verkehrskommissarin Loyóla de Palacio gegen den
Willen mehrerer Mitgliedstaaten auf einer Zweckbindung
ausschließlich zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, woran
bereits eine erste Einigung im EU-Verkehrsministerrat gescheitert
ist. So sollten die Kosten für Bau, Betrieb, Instandhaltung
und Ausbau des Verkehrswegenetzes sowie die nicht gedeck- ten
Unfallkosten der Höhe der Gebühren entsprechen, wobei die
Anrechnung der Kosten für Infrastrukturverbesserungen nach dem
Willen der Kommission nur auf solche Projekte möglich sein
soll, deren Bau nicht früher als 15 Jahre vor Inkrafttreten
der Richtlinie abgeschlossen wurde. Das Parlament verlangt, auch
länger zurückliegende Kosten für die noch nicht
amortisierten Projekte mit einzubeziehen.
Maut-Behörde abgelehnt
Außerdem wollen die Abgeordneten auch
die Möglichkeit der Erhöhung von Mautgebühren
für ein über die reinen Infrastukturmaßnahmen
hinausgehende Querfinanzierung zulassen. Auch die Definition der
durchschnittlichen Mautgebühren soll erweitert werden. So
sollen die Kosten aufgrund umweltbezogener Aspekte, wie der
Bodenverseuchung und der Luftverschmutzung einschließlich der
durch Verkehrsstaus entstehenden Kosten miteinbezogen werden. Dies
allerdings nur, soweit sich diese konkret aufgrund
europäischer Berechnungsmethoden quantifizieren lassen. Die
von der Kommission vorgeschlagene Schaffung einer unabhängigen
Infrastrukturbehörde in jedem Mitgliedstaat zur
Überwachung des korrekten Einsatzes der Mautgebühren wird
vom Parlament abgelehnt.
Beendet werden konnte dagegen die Beratung
über eine neue Richtlinie zur Nutzung elektronischer
Mautsysteme in der Europäischen Union. Nachdem wichtige
Änderungsanträge des Parlaments aus erster Lesung vom
Ministerrat übernommen wurden, verzichtete das Parlament auf
zusätzliche Änderungen. Wichtigstes Ziel der Richtlinie
ist es, dass die gegenseitige Nutzbarkeit der verschiedenen
nationalen Mautsysteme in der EU erleichtert oder zumindest
ermöglicht wird.
Dazu wird ein europäischer Mautdienst
geschaffen, der gewährleisten soll, dass die in den
Mitgliedstaaten bereits vorhandenen und die künftig
eingeführten Mautsysteme für den Nutzer gemeinschaftsweit
interoperabel sind. Dieser Dienst überprüft lediglich die
Art der Maut- oder Gebührenerhebung, keinesfalls aber die
Höhe der Gebühren oder den Zweck ihrer
Erhebung.
Die Kommission hatte vorgeschlagen, dass bis
2005 alle elektronischen Mautsysteme auf den Techniken
Satellitenortung, sonstiger Ortung, Mobilfunk oder Mikrowellen
basieren sollten. Ab 2008 bis 2012 sollten alle neuen Systeme
ausschließlich auf der Satellitenortung oder der
Mobilfunktechnik beruhen.
Die Verkehrsminister und das Parlament
änderten diese Verpflichtung aber in eine Empfehlung ab. Auch
der vorgeschlagene Zeitrahmen wurde geändert. So sollen nun
nur die Merkmale des europäischen elektronischen Mautdienstes
von der Kommission bis Juli 2006 festgelegt werden.
Die Mitgliedstaaten, die bereits über
nationale Systeme zur elektronischen Mauterhebung verfügen,
müssen sicherstellen, dass die Betreiber ihren Kunden den
europäischen elektronischen Mautdienst gestaffelt anbieten:
Für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht ab 3,5 Tonnen oder Busse
ab neun Personen spätestens zum 1. Juli 2009, für alle
andern Fahrzeugarten spätestens zum 1. Juli 2011.
Die Richtlinie gilt nicht für
Mautsysteme ohne elektronische Einrichtung oder kleine, rein lokale
Mautsysteme, sondern nur für solche Systeme, die einen Einbau
von Geräten in die Fahrzeuge erforderlich machen.
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