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Das Parlament
Nr. 20 / 10.05.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Eckhard Tollkühn

Sie erklärt und er begreift

Condoleezza Rice - einflussreiche Beraterin des Präsidenten

Schaakes Biographie beginnt wie ein Thriller. Terroristen des rassistischen Ku-Klux-Klans legen eine Bombe in einer schwarzen Kirche in der Südstaatenstadt Birmingham. Vier kleine Mädchen sterben. Keine Fiktion, sondern die traurige Wirklichkeit der USA im Jahre 1963. Für den Autor ist diese Begebenheit prägnanter als ein Vorwort, denn sie kennzeichnet das Milieu, in dem die kleine Condoleezza Rice aufwuchs.

Den Knall der Explosion hat die Frau, die heute an der Seite von US-Präsident Bush Weltpolitik betreibt, noch heute in den Ohren. Jahrelang blieb die Tat der Bombenleger von Birmingham ungesühnt. Dies könnte erklären, so liest man in Schaakes Buch, warum die Sicherheitsberaterin heute als "Falke" im Oval Office Jagd auf die Urheber der Anschläge vom 11. September macht. Um einen wissenschaftlich fundierten Einblick in das Seelenleben der "Vordenkerin" des Präsidenten zu geben, zieht der Autor den deutschen Psychoanalytiker Eckhart Neumann zu Rate. Die Ohnmacht, die Hilflosigkeit, die Condoleezza Rice als Schwarze in ihrer Jugend im rassistischen Süden der USA erfuhr, führte zu einer Überkompensation im Streben nach Macht und Einfluss im späteren Leben.

Beispielloser Aufstieg

Rice's Aufstieg vom Ghetto-Kid zur mächtigsten Frau im Staat ist beispiellos. Doch Schaake irrt, wenn er schreibt, dass sie jetzt ein Amt versieht, das bisher nur Weißen vorbehalten war. Außenminister Colin Powell versah das Amt des Sicherheitsberaters von 1987 bis1998. Politisch sind sich die beiden alles andere als grün. Die "Schwarze Lady im Weißen Haus" gehört zweifelsfrei zu den Falken der Bush-Administration. In der Biographie wird sie als "unheimliche Terminatrix im Zentrum der amerikanischen Weltherrschaft" beschrieben, eine ebenso geschmeidige wie harte Frau, die den Irakkrieg forciert hat, militärische Präventivschläge befürwortet, notfalls mit Atomwaffen.

Mit Sicherheit ist sie einflussreich, aber vielleicht doch nicht in dem Maße, wie Schaake es darstellt. Anders als die Quellen des amerikanischen Politbuch-Starautoren Bob Woodward, der in seinem neuesten Buch "Plan of Attack" die Rolle des "Chefideologen" eindeutig an Bushs Vize Dick Cheney vergibt, sind Schaakes Quellen meist sekundär.

Der Autor war nie Korrespondent in Washington, er behandelt Zeitgeschichte wie ein historisches Thema. Seine Bücher über Hitlers Frauen, Evita Peron oder Königin Elisabeth I. lassen sich ohne weiteres von Bordeaux aus, wo Schaake lebt, recherchieren und schreiben. Lebendige Geschichte verlangt Authentizität. Da wird zuviel aus Condoleezzas Rices eigenem Buch "Sternstunde der Diplomatie" dokumentiert. Der Anhang von 18 Seiten mit Quellennachweisen liest sich wie ein "Who is Who" deutscher Washington-Korrespondenten des letzten Jahrzehnts.

Dennoch ist das Buch durchaus informativ und lesenswert. Ms. Rice wird bei Schaake zum Vehikel für aufschlussreiche Ausflüge in die neuere amerikanischen Geschichte und weltpolitische Ereignisse. Von der Lynchjustiz der 50er- und 60er-Jahre über die Zwei-plus-Vier-Verhandlungen, die zur deutschen Wiedervereinigung führten, bis zum Marschbefehl gegen den Irak bietet das Bush interessante, wenn auch keine überraschende Einblicke in Amerikas Politik.

Condoleezza Rice als "eiserne Lady der USA" ist freilich keine Entdeckung von George W. Bush. Die Politologin und ehemalige Vizerektorin der renommierten Universität Stanford diente als Sowjetexpertin schon im Sicherheitsstab von George Bush senior. MitBush junior verbindet sie eine enge Freundschaft. Die ehrgeizige Politikerin, die selbst keine Familie hat und dem Buch zufolge auch kein Privatleben, ist praktisch ständiger Hausgast der Präsidentenfamlie. "Condi", wie Bush seine engste Beraterin nennt, verbringt das Wochenende oft auf dem Präsidenten-Landsitz Camp David bei Washington. Man sieht sich gemeinsam Movies an, isst Popcorn dabei, lacht über die gleichen Witze und betet zusammen.

Sie hat das Ohr des Präsidenten, und noch wichtiger, dessen Vertrauen. "Frauenstimmen beruhigen", zitiert Schaake einen Psychologen. Deshalb umgeben sich hohe Entscheidungsträger angeblich gern mit weiblicher Intelligenz. Dazu Bush: "Condi ist eine sehr kluge Frau. Sie versteht es, mir die Dinge so zu erklären, dass ich sie begreife." Eckhard Tollkühn

Erich Schaake

Condoleezza Rice.

Die Frau an der Spitze der Macht.

Verlag: Herbig, München 2004; 272 S., 22,90 Euro

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