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Eckhard Tollkühn
Sie erklärt und er begreift
Condoleezza Rice - einflussreiche Beraterin des
Präsidenten
Schaakes Biographie beginnt wie ein Thriller. Terroristen des
rassistischen Ku-Klux-Klans legen eine Bombe in einer schwarzen
Kirche in der Südstaatenstadt Birmingham. Vier kleine
Mädchen sterben. Keine Fiktion, sondern die traurige
Wirklichkeit der USA im Jahre 1963. Für den Autor ist diese
Begebenheit prägnanter als ein Vorwort, denn sie kennzeichnet
das Milieu, in dem die kleine Condoleezza Rice aufwuchs.
Den Knall der Explosion hat die Frau, die heute an der Seite von
US-Präsident Bush Weltpolitik betreibt, noch heute in den
Ohren. Jahrelang blieb die Tat der Bombenleger von Birmingham
ungesühnt. Dies könnte erklären, so liest man in
Schaakes Buch, warum die Sicherheitsberaterin heute als "Falke" im
Oval Office Jagd auf die Urheber der Anschläge vom 11.
September macht. Um einen wissenschaftlich fundierten Einblick in
das Seelenleben der "Vordenkerin" des Präsidenten zu geben,
zieht der Autor den deutschen Psychoanalytiker Eckhart Neumann zu
Rate. Die Ohnmacht, die Hilflosigkeit, die Condoleezza Rice als
Schwarze in ihrer Jugend im rassistischen Süden der USA
erfuhr, führte zu einer Überkompensation im Streben nach
Macht und Einfluss im späteren Leben.
Beispielloser Aufstieg
Rice's Aufstieg vom Ghetto-Kid zur mächtigsten Frau im
Staat ist beispiellos. Doch Schaake irrt, wenn er schreibt, dass
sie jetzt ein Amt versieht, das bisher nur Weißen vorbehalten
war. Außenminister Colin Powell versah das Amt des
Sicherheitsberaters von 1987 bis1998. Politisch sind sich die
beiden alles andere als grün. Die "Schwarze Lady im
Weißen Haus" gehört zweifelsfrei zu den Falken der
Bush-Administration. In der Biographie wird sie als "unheimliche
Terminatrix im Zentrum der amerikanischen Weltherrschaft"
beschrieben, eine ebenso geschmeidige wie harte Frau, die den
Irakkrieg forciert hat, militärische
Präventivschläge befürwortet, notfalls mit
Atomwaffen.
Mit Sicherheit ist sie einflussreich, aber vielleicht doch nicht
in dem Maße, wie Schaake es darstellt. Anders als die Quellen
des amerikanischen Politbuch-Starautoren Bob Woodward, der in
seinem neuesten Buch "Plan of Attack" die Rolle des "Chefideologen"
eindeutig an Bushs Vize Dick Cheney vergibt, sind Schaakes Quellen
meist sekundär.
Der Autor war nie Korrespondent in Washington, er behandelt
Zeitgeschichte wie ein historisches Thema. Seine Bücher
über Hitlers Frauen, Evita Peron oder Königin Elisabeth
I. lassen sich ohne weiteres von Bordeaux aus, wo Schaake lebt,
recherchieren und schreiben. Lebendige Geschichte verlangt
Authentizität. Da wird zuviel aus Condoleezzas Rices eigenem
Buch "Sternstunde der Diplomatie" dokumentiert. Der Anhang von 18
Seiten mit Quellennachweisen liest sich wie ein "Who is Who"
deutscher Washington-Korrespondenten des letzten Jahrzehnts.
Dennoch ist das Buch durchaus informativ und lesenswert. Ms.
Rice wird bei Schaake zum Vehikel für aufschlussreiche
Ausflüge in die neuere amerikanischen Geschichte und
weltpolitische Ereignisse. Von der Lynchjustiz der 50er- und
60er-Jahre über die Zwei-plus-Vier-Verhandlungen, die zur
deutschen Wiedervereinigung führten, bis zum Marschbefehl
gegen den Irak bietet das Bush interessante, wenn auch keine
überraschende Einblicke in Amerikas Politik.
Condoleezza Rice als "eiserne Lady der USA" ist freilich keine
Entdeckung von George W. Bush. Die Politologin und ehemalige
Vizerektorin der renommierten Universität Stanford diente als
Sowjetexpertin schon im Sicherheitsstab von George Bush senior.
MitBush junior verbindet sie eine enge Freundschaft. Die ehrgeizige
Politikerin, die selbst keine Familie hat und dem Buch zufolge auch
kein Privatleben, ist praktisch ständiger Hausgast der
Präsidentenfamlie. "Condi", wie Bush seine engste Beraterin
nennt, verbringt das Wochenende oft auf dem
Präsidenten-Landsitz Camp David bei Washington. Man sieht sich
gemeinsam Movies an, isst Popcorn dabei, lacht über die
gleichen Witze und betet zusammen.
Sie hat das Ohr des Präsidenten, und noch wichtiger, dessen
Vertrauen. "Frauenstimmen beruhigen", zitiert Schaake einen
Psychologen. Deshalb umgeben sich hohe Entscheidungsträger
angeblich gern mit weiblicher Intelligenz. Dazu Bush: "Condi ist
eine sehr kluge Frau. Sie versteht es, mir die Dinge so zu
erklären, dass ich sie begreife." Eckhard Tollkühn
Erich Schaake
Condoleezza Rice.
Die Frau an der Spitze der Macht.
Verlag: Herbig, München 2004; 272 S., 22,90 Euro
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