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Helmut Loelhoeffel
Oskar Lafontaine
Kurz notiert
Auf dem Titel ist ein Foto von Oskar Lafontaine zu sehen, auf
dem er aussieht wie eine Mischung aus Kaiser Nero und Marlon
Brando, herrschsüchtig und überheblich. Der Inhalt des
Buchs entspricht diesem Zerrbild nicht; alles in allem wird
Lafontaine eher positiv dargestellt. Joachim Hoell hat
nachdenkliche Hinweise nicht unterdrückt und zeigt
Widersprüche im Verhalten Lafontaines auf, jedoch ist eine
Grundsympathie für den derzeit umstrittensten Sozialdemokraten
unübersehbar.
Lafontaine steht in der Schlagzeilen-Hitliste gerade weit vorne,
jedenfalls vor Müntefering, und deshalb hat sich der kleine
Dirk Lehrach Verlag, in dem auch schon Buchportraits über
Gerhard Schröder und Franz Beckenbauer erschienen sind, einen
denkbar günstigen Zeitpunkt für diese Publikation
ausgesucht. Wer Lafontaines politisches Leben kompakt nachliest,
wird erkennen, dass der 60-Jährige schon oft in der Ecke stand
und dass immer bösartig über ihn hergezogen wurde, dass
er aber mit den von ihm gegen die Mehrheitsströme verfolgten
Sachthemen häufig grandios durchdrang.
So ist seine aktuelle Kampagne gegen "Hartz IV" eine Fortsetzung
seines innerparteilichen Aufbegehrens in der Friedens-, Atom-
Wirtschafts-, Ökologie- und Deutschlandpolitik. Oft hat er
recht behalten; manchmal ist er, etwa wegen seiner
Vereinigungs-Skepsis, bestraft worden. Und mit seinem
verantwortungslosen Abgang als Bundesfinanzminister und
Parteivorsitzender schadete er sich selbst.
Der Autor beschreibt Lafontaine als präsent, instinktsicher
und wach, polemisierend, provozierend und polarisierend. Er breitet
seine guten Phasen - den Aufstieg im Saarland und die kurze Zeit
als SPD-Vorsitzender - aus, verschweigt aber auch schwache Momente
- "Pensions-Affäre", "Rotlicht-Skandal" - nicht und lässt
Einblicke in sein Privatleben ohne den Anschein eines
Schlüssellochblicks zu. Nicht ganz klar wird der wahre
Hintergrund des Konflikts mit Gerhard Schröder, dem sich
Lafontaine entzog. Da gibt es Zeitzeugen, die mehr wissen.
Unerfindlich ist, warum Hoell zweimal, nach der Bundestagswahl
von 1990 und nach dem Rücktritt 1999, "Höhenflüge"
in Lafontaines Leben enden lässt, ja sogar den Rückzug
als "starken Abgang" sieht. Trotz mancher eher dürftiger
Passagen gibt diese Kurzbiografie einen ersten Überblick und
wird Baustein sein für spätere Bewertungen des Menschen
Oskar Lafontaine, der Streit nie aus dem Weg ging und Brüche
nie gescheut hat. Helmut Loelhoeffel
Joachim Hoell
Provokation und Politik. Oskar Lafontaine - eine Biografie.
Lehrbach Verlag, Lehrbach 2004; 220 S., 19,80 Euro
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