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Detlev Lücke
Präsident Putin stärkt seine Macht
Russlands Reaktion auf den Terror: Konzentration
staatlicher Strukturen
Als Folge der blutigen Geiselnahme in Nordossetien, der
über 300 Menschen zum Opfer fielen, will der russische
Präsident Wladimir Putin stärkeren Einfluss auf die
Teilrepubliken seines Landes nehmen. Die ranghohen Politiker der
Regionen und Republiken der Russischen Föderation sollen
künftig durch ihn als Staatschefs vorgeschlagen und erst dann
von den jeweiligen örtlichen Parlamenten gewählt werden,
erklärte Putin am 13. September auf einer Sitzung mit
Verantwortungsträgern der Föderation. Er will nach
eigenen Angaben bis Ende dieses Jahres ein entsprechendes Gesetz
vorlegen, das auf der Grundlage der russischen Verfassung stehen
werde.
Gleichzeitig kündigte Putin als Konsequenz aus dem
tschetschenischen Mordanschlag auf die Schule in Beslan, zu dem
sich inzwischen der Rebellenführer Schamil Bassajew als
Urheber bekannte, eine "radikale Umstrukturierung" staatlicher
Institutionen an. Der Kampf gegen den Terrorismus erfordere eine
"Erneuerung der gesamten Politik für den Nordkaukasus". Am 20.
September soll der russische Föderationsrat zu einer
außerordentlichen Sitzung zusammentreten und die Ermittlungen
des Geiseldramas übernehmen. Zugleich kündigte Putin eine
parlamentarische Ermittlung der Vorfälle in Beslan an, nachdem
er anfangs einen solchen Untersuchungsausschuss strikt abgelehnt
hatte. Er bekräftigte seine Kritik an den bisherigen
Maßnahmen im Kampf gegen den Terrorismus, bei dem sein Land
"fast keine erkennbaren Resultate erzielte".
Putins Ankündigungen sind international auf ein weitgehend
kritisches Urteil gestoßen. Das Weiße Haus in Washington
hat sich "beunruhigt" über die geplante Machterweiterung
für den russischen Präsidenten geäußert. Die
EU-Kommission in Brüssel forderte Russland zu Augenmaß
bei den von Putin angeregten politischen Reformen auf. Man werde
die Entwicklung, die auf noch mehr Machtfülle für den
Kreml hinauslaufen könne, "sehr genau" beobachten sagte Emma
Udwin, die Sprecherin von EU-Außenkommissar Chris Patten.
Außenminister Joseph Fischer betonte, dass sich die
Bundesregierung stets für eine politische Lösung des
Tschetschenienkonfliktes eingesetzt habe. Er warnte jedoch vor
einer möglichen Unabhängigkeit der russischen
Teilrepublik, "denn die Auflösung Russlands würde dann
weiter gehen, mit desaströsen Folgen für die ganze Region
und für die Sicherheit auf der Welt". Die weitgehende
Autonomie Tschtscheniens Ende der 90er-Jahre habe "katastrophale
Konsequenzen" gehabt, weil das Gebiet damals "zur Ausgangsbasis
für islamistische Terroristen" geworden sei, sagte Fischer in
einem Zeitungsinterview.
Der außenpolitische Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedbert Pflüger, forderte als
Reaktion auf die Pläne des russischen Präsidenten zur
Einschränkung demokratischer Rechte Bundeskanzler Gerhard
Schröder auf, der Partnerschaft mit Moskau Grenzen zu setzen.
Pflüger warnte vor einer "schleichenden Gleichschaltung" in
Russland.
Die Präsidenten Kasachstans, Weißrusslands und der
Ukraine erklärten nach einem gemeinsamen Treffen in der
kasachischen Hauptstadt Astana ihre Solidarität mit Putins
Plänen, den russischen Regionen und Teilrepubliken Macht zu
entziehen. "Wir haben unsere Unterstützung zum Ausdruck
gebracht", sagte der kasachische Staatschef Nasarbajew. Der
russische Außenminister Sergej Lawrow hat die Kritik der USA
und anderer Länder am Vorgehen des Präsidenten
zurückgewiesen. "Solche Prozesse sind innere Angelegenheiten
und stehen im Einklang mit der russischen Verfassung", betonte er
in Astana. Russland enthalte sich eines Kommentars zur Wahl des
US-Präsidenten. Die NATO hat einen Sonderbeauftragten für
den Kaukasus und Zentralasien berufen. Der Posten soll mit dem
früheren Berater im US-Außenministerium, Robert F.
Simmons, besetzt werden. Detlev Lücke
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