Alexandra Kunze
Wandern ist des Bürgers Lust . . .
Der Bundestag öffnete an zwei Tagen seine
Türen für Besucher
Die Architektur bewundern, einige Politiker treffen und "einfach
mal so schauen" - gäbe es ein offizielles Ranking der
häufigsten Gründe, warum die ungefähr 30.000
Besucher am 17. und
18. September die "Tage der Ein- und Ausblicke" des Deutschen
Bundestages besuchten, hier stünden die Top drei. Zu sehen gab
es Einiges, Abgeordnete waren auch anwesend und eindrucksvolle
Architektur - die konnte man am Acht-Kilometer-laufenden-Band
entdecken.
Diese Strecke war auf dem ausgerollten roten Teppich
zurückzulegen, um kein Detail des zur Besichtigung
freigegebenen Gebäudekomplexes zu verpassen. Zu Recht wies
Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner (SPD) auf "gute
Schuhe" hin, um den langen Fußmarsch zu überstehen. Bei
strahlendem Sonnenschein begrüßte sie die wartenden
Besucher und erklärte die gläsernen Türen für
geöffnet. Nach dem obligatorischen Sicherheits-Check wurden
die Anwesenden für ihre Geduld belohnt: Im Hallenbereich des
Paul-Löbe-Hauses erweckte die stahlgraue Brücken- und
Säulenkonstruktion einen ersten Eindruck der bevorstehenden
Architekturimpressionen. Links, rechts und geradeaus stapelten sich
Informationsbroschüren, dazwischen positionierte sich der
Stand der Kinderkommission.
Erster Anlaufpunkt war die Wanderausstellung zur Geschichte des
Parlamentarismus in Deutschland, die auf Initiative des Bundestages
seit 1990 schon in vielen Städte der Republik zu sehen war.
Schautafeln informierten über Wahlen, Parteien, Gesetzgebung
und Arbeitsweise des Parlaments.
Ein paar Meter weiter lockte der Peti
tionsausschuss mit Diskussions- und Informationsrunden. Der
Vorsitzende des Ausschusses, Karlheinz Guttmacher (FDP),
erklärte den interessierten Zuhörern, dass dieses Gremium
für Beschwerden und Wünsche der Bürger auf
Bundesebene zuständig ist. Sie hatten nun die
Möglichkeit, direkt eine Petition - unterstützt durch
hilfsbereite Mitarbeiter - auszufüllen und einzureichen.
Durch einen kunstvoll ausgeleuchteten Tunnel ging es weiter zum
Reichstagsgebäude. Im Hintergrund begleitet von Musik des
Streicherquartetts "Camerata Potsdam" konnten die Bürger einen
Blick in den Plenarsaal werfen. Auf der Fraktionsebene tummelten
sich die Besucher um die rot-, schwarz-, grün- und
gelbeingefärbten Stände, die mit gefüllten
Infotüten, diskussionsfreudigen Abgeordneten und verschiedenen
Gewinnspielen um ihre Gäste warben. Die Palette der Preise
reichte von Brotbüchsen über Schlüsselbänder
bis hin zu Lebkuchenherzen - alles inklusive Parteienlogo. Einen
Stand der zwei PDS-Abgeordneten, die keinen Fraktionsstatus
besitzen, suchte man vergeblich. Aber Petra Pau umging mit ihren
Mitarbeitern dieses Hinderniss: Sie verteilten vor dem
Paul-Löbe-Haus ebenfalls gefüllte Tüten ihrer
Partei.
Natürlich durfte ein Besuch der Reichstagskuppel nicht
fehlen, deren Aussichtsplattform in der glühend roten
Abendsonne einen atemberaubenden Blick über die Dächer
der Hauptstadt bot.
Wessen Füße es erlaubten, der nahm anschließend
die letzte Etappe der Besichtigungstour in Angriff. Über einen
Verbindungstunnel gelangten die Besucher vom Reichstagsgebäude
in das Jakob-Kaiser-Haus. Hier erfuhren sie zum Beispiel, dass das
so genannte "Haus der neun Häuser" von fünf verschiedenen
Architektenteams erbaut worden ist. Und hier endete der acht
Kilometer lange Politik-Marathon mit Zufriedenheit bei den meisten
Besuchern, die froh waren, "das alles einmal gesehen und
gehört zu haben".
Eine Sache allerdings gab es noch zu entdecken, und die stand
für viele im Mittelpunkt: Das im Dezember 2003 fertig
gestellte Marie-Elisabeth-Lüders-Haus feierte bei den vierten
"Tagen der Ein- und Ausblicke" Premiere. Als jüngster der vier
Parlamentsbauten vervollständigt es mit seinen beiden
Spreebrücken zum Paul-Löbe-Haus das "Band des Bundes".
Das Verwaltungsgebäude beherbergt neben der
drittgrößten Parlamentsbibliothek der Welt ein
umfangreiches Parlamentsarchiv, durch das einstündige
Führungen angeboten wurden. Hier spürte man das
Besucherinteresse besonders: Um dem großen Andrang gerecht zu
werden, wurde kurzerhand die Anzahl der Besichtigungstouren
verdoppelt.
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