Hartmut Hausmann
Athen auf dem richtigen Weg
Keine Strafaktion gegen Griechen
Die Europäische Kommission wird vorerst keine Sanktionen
gegen Griechenland wegen der über lange Zeit von Athen nach
Brüssel gelieferten Haushaltszahlen einleiten. Wie der
Sprecher von Währungskommissar Joaquin Almunia am 29.
September in Brüssel mitteilte, habe die Kommission von einem
solchen Schritt abgesehen, weil die neue griechische Regierung ganz
offensichtlich bemüht sei, sowohl die überhöhte
Gesamtverschuldung als auch das Haushaltsdefizit abzubauen. Wenn
das Land die nötigen Sparmaßnahmen erfolgreich
durchführe und sich bemühe, den Stabilitätspakt zu
erfüllen, dann sollte es nicht für die Fehler seiner
alten Regierung bestraft werden.
Positiv gewertet wurde bei der Entscheidung auch die Tatsache,
dass die neue konservative Regierung Griechenlands nach ihrer Wahl
im Sommer die von ihrer Vorgängerin nach Brüssel
gemeldeten Defizitzahlen der letzten Jahre von sich aus berichtigt
hatte. Unter Ministerpräsident Simitis war offenbar schon vor
und seit dem Euro-Beitritt des Landes regelmäßig ein
Haushaltsdefizit unterhalb der zulässigen Obergrenze von drei
Prozent des Bruttoinlandsproduktes an die EU-Zentrale gemeldet
worden. Die Zahlen waren aber offenbar systematisch durch
Manipulationen bei den statistischen Grundlagen frisiert
worden.
In einem ähnlichen, wenn auch weniger schwerwiegenden Fall
hatte die neue liberal-konservative Regierung Portugals die von
ihrer Vorgängerin gemeldeten Defizitzahlen berichtigt. Zwar
hatte die Kommission daraufhin ein Defizitverfahren gegen das Land
eröffnet, dieses inzwischen aber wieder eingestellt, nachdem
die Regierung von José Manuel Barroso die Neuverschuldung mit
einem drastischen Sparkurs wieder unter die Drei-Prozent-Marke
gedrückt hatte. Nicht zuletzt diese konsequente Politik des
Portugiesen hatte dazu beigetragen, dass Barroso zum neuen
Kommissionspräsidenten ernannt wurde.
Für Griechenland sind die Probleme mit der jüngsten
Entscheidung noch nicht beseitigt. Die Brüsseler Behörde
wird den Vorfall noch genau untersuchen und über mögliche
Strafmaßnahmen erst nach Abschluss der Prüfung
entscheiden. Zumindest aber unterstützen die Vorkommnisse die
Vorschläge zur Reform des Stabilitätspaktes, die eine
Verbesserung der Kontrollen vorsehen, vor allem durch die
Verwendung von gemeinsamen statistischen Grundlagen.
Ausgerechnet aus Deutschland, das bisher die Einleitung von
Sanktionsmaßnahmen nur mühsam vermeiden konnte, kam der
Ruf nach harten Strafen. Bayerns Ministerpräsident Edmund
Stoiber verlangte nicht nur die Einleitung eines Defizitverfahrens,
sondern auch den Stopp aller Zahlungen aus dem Kohäsionsfonds
der EU. Der für Landwirtschaft zuständige Kommissar Franz
Fischler wiegelte sofort ab: Eine Sperrung der Kohäsionsgelder
für ein Land könne nur auf Vorschlag der Kommission
erfolgen, und diesen Beschluss werde es nicht geben.
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