Karl-Otto Sattler
Ein Unikum aus dem Saarland
Beste Lage für Gegenwartskunst
Die Adresse ist von der besseren Art. Der Boulevard Unter den
Linden und die Neue Wache direkt vor Augen, nebenan die
ehrwürdige Humboldt-Universität: Am Festungsgraben,
mitten im Zentrum Berlins, unterhält neuerdings das kleine
Saarland als einziges Bundesland eine eigene Kunstgalerie in der
Hauptstadt. Zur Eröffnung zeigt momentan der
preisgekrönte saarländische Maler Lukas Kramer unter dem
Titel "Lichtfluss und Grünraum" eine Reihe seiner Werke (bis
5. November). Zuweilen wird eben aus der Not eine Tugend: Das Licht
der Welt erblickt hat diese Stätte, weil sich die
Saarbrücker "Botschaft" in Berlin nicht für
Präsentationen der Bildenden Kunst eignet.
Diese missliche Situation behagte Staatssekretärin Monika
Beck nicht: "Das hat mich umgetrieben", erzählt die Leiterin
der Saar-Dependance in Berlin. Beck will sich in der Hauptstadt
nicht nur für politische und wirtschaftliche Interessen ihres
Bundeslandes einsetzen: "Ich möchte auch unserer Kulturszene
eine Plattform an der Spree bieten." So traten mit ihrer Hilfe im
Laufe der Jahre mehrere saarländische Literaten wie etwa
Ludwig Harig, Johannes Kühn oder Alfred Gulden bei Lesungen
auf, Chöre, Jazzensembles oder die Musikhochschule aus dem
Südwesten der Republik gaben Konzerte in Berlin. Bei der
Bildenden Kunst indes herrschte noch ein Defizit.
Anstoß für die Künstler
Die Staatssekretärin und ihre Mitarbeiter begaben sich auf
die Suche und wurden fündig: im Palais am Festungsgraben, in
dem noch andere Kultureinrichtungen wie beispielsweise der
Künstlerklub Möwe residieren. Das Mitte des 18.
Jahrhunderts errichtete Gebäude, das zu DDR-Zeiten die
"Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft"
beherbergte, gehört dem Bezirk Mitte. Als Sponsor der neuen
Galerie bezahlt eine saarländische Firma aus Merzig für
die ersten drei Jahre die Miete. Beck: "Kein anderes Bundesland
präsentiert seine heimische Kunstszene in der Hauptstadt nun
so umfassend wie die Saar."
Konzipiert ist das Projekt als Kooperation zwischen der
Landesvertretung und dem Saarländischen Künstlerhaus:
Diese Saarbrücker Institution, ein Forum für
Ausstellungen und Konzerte, ist verantwortlich für das
Programm der Berliner Galerie und dessen Gelingen. Das
monetäre Engagement der Landesvertretung soll sich
künftig auf die Organisation der Empfänge bei Vernissagen
beschränken. Das Saarländische Künstlerhaus wird von
der Saarbrücker Regierung getragen, aber in Selbstverwaltung
geführt: Rund 150 Künstler und Autoren gehören einem
Verein unter dem Vorsitz von Martin Buchhorn an.
In der Galerie sind jährlich sechs Ausstellungen geplant;
zudem sollen Schriftsteller ihre Texte vorstellen können. Eine
Schau ist jedes Jahr reserviert für einen jener
saarländischen Künstler, die als Stipendiaten der
Landesvertretung mit deren finanzieller Unterstützung ein Jahr
lang in der Hauptstadt arbeiten können. Vier Expositionen
gestaltet das Saarbrücker Künstlerhaus mit
saarländischen Kunstschaffenden. Eine Schau pro Jahr ist
Künstlern aus dem lothringischen Mosel-Departement
vorbehalten: Diese Einbindung der französischen Nachbarn in
das Berliner Haus soll die Öffnung zu Europa zum Ausdruck
bringen.
So sehr sich das Saarland mit einer eigenen Galerie profiliert,
so prominent der Ort ist: Der Erfolg ist damit noch nicht
garantiert - vor allem im Umfeld einer äußerst
vielfältigen Kulturszene wie in Berlin. Da sind kreative Ideen
nötig. So meint denn auch Staatssekretärin Beck: "Wir
geben die Initialzündung, wir schaffen einen Rahmen, behaupten
müssen sich die Künstler aber selbst."
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