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Das Parlament
Nr. 41-42 / 04.10.2004


 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Ines Gollnick

Der Agile: Daniel Bahr

Parlamentarisches Profil

Er wirkt wie einer, der immer unterwegs ist, im Kopf und anders sowieso. Sein größter Traum: einmal ein Formel-1-Rennen mitzufahren. Für die FPD mischte sich Daniel Bahr schon im Alter von 16 Jahren ein. Bereits in der Schule waren seine politischen Sinne geschärft - als Schülervertreter und Schülerzeitungsredakteur, weil er sich schon damals über die Bildungspolitik ärgerte. Als Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen von 1999 bis 2004 lernte er das politische Geschäft dann wesentlich intensiver kennen. Seit 2001 ist er Mitglied des FDP-Bundesvorstandes. Dass er mit 25 Jahren in den Bundestag einzog, erst recht als Abgeordneter einer kleinen Partei, habe an vielen Zufällen gelegen, sagt er. Er versteht sich als Dampfmacher, auch im Bundestag, wo er in seiner Fraktion Sprecher für demografische Entwicklung, Behindertenpolitik und Pflege ist. "Gerade als junger Mensch möchte ich nicht nur von außen kritisieren, sondern zeigen, dass es auch besser gehen kann. Durch mein Bundestagsmandat greife ich viele Themen besonders aus junger Perspektive auf." Bahr resümiert seine praktischen Erfahrungen aus zwei Jahren: "Der Bundestagsausschuss Gesundheit und soziale Sicherung ist sicherlich einer der arbeitsintensiveren, weshalb weniger Zeit für andere Ausschüsse bleibt." An einer Sitzung des Bildungsausschusses hat er noch nicht teilgenommen, sich aber an den Debatten um eine Ausbildungsplatzabgabe beteiligt. "Eine Zeit lang habe ich den erkrankten Günther Rexrodt vertreten. Mein Schwerpunkt in der Haushaltspolitik liegt in der nachhaltigen Finanzpolitik. Mit anderen jungen Abgeordneten arbeite ich an einem Gesetzentwurf, der aufgreift, wie das Prinzip Nachhaltigkeit gesetzlich verankert werden kann." Sein Schwerpunkt im Gesundheitsausschuss sind die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Sozialversicherungen, Rente, Gesundheit und Pflege. "Alle drei Umlagesysteme sind angesichts der bevorstehenden Altersentwicklung so nicht zukunftsfähig. Ich werbe daher für Reformen, damit die Lasten nicht weiter auf künftige Generationen geschoben werden. Auch so helfe ich mit, einen Generationenkonflikt zu verhindern. Außerdem kümmere ich mich um die Behindertenpolitik. Menschen mit Behinderung sind gerade in Zeiten knapper öffentlicher Kassen und Massenarbeitslosigkeit besonders betroffen, und ihre Interessen finden zu wenig Gehör", so der Abgeordnete.

Der Oppositionspolitiker zieht zur Halbzeit seiner ersten Legislaturperiode insgesamt eine durchwachsene Bilanz: "Meine Erwartungen haben sich überwiegend erfüllt, da ich als Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen das politische Geschäft kannte." Natürlich missfällt ihm, dass die meisten Initiativen, die er als Oppositionspolitiker startet, angesichts der Koalitionsmehrheit immer wieder scheitern. Dennoch motiviert ihn sein Selbstverständnis: "Alle 603 gewählten Abgeordneten sind gleichberechtigt: Hier gibt es keine erste und zweite Klasse. Mit dieser Einstellung gehe ich selbstbewusst an die Arbeit." Persönlich musste sich selbst so ein Tausendsassa wie er auf ein neues Pensum einstellen: "Die Belastung ist enorm. Ich hatte etwas unterschätzt, dass ein Bundestagsabgeordneter zwischen Sitzungen, Terminen und verschiedenen Orten in Deutschland hin und her hetzt. Es ist unmöglich, dabei allem gerecht zu werden."

Gesundheit, Rente und Pflege werden auch im zweiten Teil der Legislaturperiode thematisch bei ihm im Mittelpunkt stehen. Von Anfang an hatte sich der gelernte Bankkaufmann vorgenommen, dazu beizutragen, dass der FDP in der Öffentlichkeit sozialpolitische Kompetenz zugerechnet wird und sie das Image einer sozial kalten Partei verliert. Er will weiter daran mitarbeiten, dass die FDP die "tragfähigsten Konzepte in der Sozialpolitik" in die Diskussion einbringt. Als Politiker arbeitet er deshalb an dem großen Ziel einer Generationenbilanz. Auf die Frage, wie eine solche überhaupt gezogen werden könnte, formuliert der Parlamentarier: "Eine Generationenbilanz stellt die Belastungen für kommende Generationen in Form von Schulden, Rentenanwartschaften, Pensionslasten oder Ressourcenverbrauch den Investitionen in künftige Generationen in Form von Infrastrukturmaßnahmen und Bildungsinvestitionen gegenüber. Sie sollte mindestens einmal in der Legislaturperiode erstellt werden und damit für Transparenz sorgen", unterstreicht der junge Liberale. Irgendwie ist es nahe liegend, dass einem Bankkaufmann die Übertragung des Begriffes Bilanz auf die Politik am Herzen liegt. Auch in seiner ersten Rede vor dem Plenum im November 2002 kritisierte Bahr die fehlende Nachhaltigkeit in der Rentenpolitik der Bundesregierung. Am Rednerpult steht er gern: "Der Wettstreit der Argumente ist das, was Politik erlebbar macht", findet er.

"Überzeugungstäter" sei er. Verantwortungslosigkeit und Lethargie kann er nicht leiden. Für seine politische Devise hat er sich bei Dante ein Zitat geborgt: "Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie an und handelt." Sein Lebensmotto formuliert Bahr direkt mit dem Satz: "Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom." Was sich so glatt anhört, sollte nicht zu falschen Schlüssen führen: So ist ihm als Bundestagsabgeordnetem vor allem wichtig, die Bodenhaftung im Wahlkreis nicht zu verlieren.

Auch in seiner freien Zeit lässt den ledigen, mode-bewussten Jungparlamentarier die Politik nicht los. Beim Abschalten helfen ihm Gespräche und das Kochen mit seiner Freundin - am liebsten Spargelgerichte. Außerdem studiert er Volkswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, um auch weiter für ein Leben außerhalb der Politik gerüstet zu sein. In seinem Beruf als Bankkaufmann pausiert er momentan. Im Sommer 2003 hatte er außerhalb der Sitzungswochen des Parlaments vier Wochen in seinem Beruf gejobbt. Angesichts der gesundheitspolitischen Verhandlungen sei das jedoch eine große zeitliche Belastung gewesen.

Doch Bahr wäre nicht Bahr, würden ihn nicht weitere Herausforderungen reizen. Und auch dafür muss er wieder unterwegs sein. Er trainiert für seinen ersten Marathon im nächsten Jahr. Dann könnten ihm auch bekannte Politiker begegnen, die für ihr ausgeprägtes Durchhaltevermögen bekannt sind.

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