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Ines Gollnick
Der Agile: Daniel Bahr
Parlamentarisches Profil
Er wirkt wie einer, der immer unterwegs ist, im Kopf und anders
sowieso. Sein größter Traum: einmal ein Formel-1-Rennen
mitzufahren. Für die FPD mischte sich Daniel Bahr schon im
Alter von 16 Jahren ein. Bereits in der Schule waren seine
politischen Sinne geschärft - als Schülervertreter und
Schülerzeitungsredakteur, weil er sich schon damals über
die Bildungspolitik ärgerte. Als Bundesvorsitzender der Jungen
Liberalen von 1999 bis 2004 lernte er das politische Geschäft
dann wesentlich intensiver kennen. Seit 2001 ist er Mitglied des
FDP-Bundesvorstandes. Dass er mit 25 Jahren in den Bundestag
einzog, erst recht als Abgeordneter einer kleinen Partei, habe an
vielen Zufällen gelegen, sagt er. Er versteht sich als
Dampfmacher, auch im Bundestag, wo er in seiner Fraktion Sprecher
für demografische Entwicklung, Behindertenpolitik und Pflege
ist. "Gerade als junger Mensch möchte ich nicht nur von
außen kritisieren, sondern zeigen, dass es auch besser gehen
kann. Durch mein Bundestagsmandat greife ich viele Themen besonders
aus junger Perspektive auf." Bahr resümiert seine praktischen
Erfahrungen aus zwei Jahren: "Der Bundestagsausschuss Gesundheit
und soziale Sicherung ist sicherlich einer der arbeitsintensiveren,
weshalb weniger Zeit für andere Ausschüsse bleibt." An
einer Sitzung des Bildungsausschusses hat er noch nicht
teilgenommen, sich aber an den Debatten um eine
Ausbildungsplatzabgabe beteiligt. "Eine Zeit lang habe ich den
erkrankten Günther Rexrodt vertreten. Mein Schwerpunkt in der
Haushaltspolitik liegt in der nachhaltigen Finanzpolitik. Mit
anderen jungen Abgeordneten arbeite ich an einem Gesetzentwurf, der
aufgreift, wie das Prinzip Nachhaltigkeit gesetzlich verankert
werden kann." Sein Schwerpunkt im Gesundheitsausschuss sind die
Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die
Sozialversicherungen, Rente, Gesundheit und Pflege. "Alle drei
Umlagesysteme sind angesichts der bevorstehenden Altersentwicklung
so nicht zukunftsfähig. Ich werbe daher für Reformen,
damit die Lasten nicht weiter auf künftige Generationen
geschoben werden. Auch so helfe ich mit, einen Generationenkonflikt
zu verhindern. Außerdem kümmere ich mich um die
Behindertenpolitik. Menschen mit Behinderung sind gerade in Zeiten
knapper öffentlicher Kassen und Massenarbeitslosigkeit
besonders betroffen, und ihre Interessen finden zu wenig
Gehör", so der Abgeordnete.
Der Oppositionspolitiker zieht zur Halbzeit seiner ersten
Legislaturperiode insgesamt eine durchwachsene Bilanz: "Meine
Erwartungen haben sich überwiegend erfüllt, da ich als
Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen das politische
Geschäft kannte." Natürlich missfällt ihm, dass die
meisten Initiativen, die er als Oppositionspolitiker startet,
angesichts der Koalitionsmehrheit immer wieder scheitern. Dennoch
motiviert ihn sein Selbstverständnis: "Alle 603 gewählten
Abgeordneten sind gleichberechtigt: Hier gibt es keine erste und
zweite Klasse. Mit dieser Einstellung gehe ich selbstbewusst an die
Arbeit." Persönlich musste sich selbst so ein Tausendsassa wie
er auf ein neues Pensum einstellen: "Die Belastung ist enorm. Ich
hatte etwas unterschätzt, dass ein Bundestagsabgeordneter
zwischen Sitzungen, Terminen und verschiedenen Orten in Deutschland
hin und her hetzt. Es ist unmöglich, dabei allem gerecht zu
werden."
Gesundheit, Rente und Pflege werden auch im zweiten Teil der
Legislaturperiode thematisch bei ihm im Mittelpunkt stehen. Von
Anfang an hatte sich der gelernte Bankkaufmann vorgenommen, dazu
beizutragen, dass der FDP in der Öffentlichkeit
sozialpolitische Kompetenz zugerechnet wird und sie das Image einer
sozial kalten Partei verliert. Er will weiter daran mitarbeiten,
dass die FDP die "tragfähigsten Konzepte in der Sozialpolitik"
in die Diskussion einbringt. Als Politiker arbeitet er deshalb an
dem großen Ziel einer Generationenbilanz. Auf die Frage, wie
eine solche überhaupt gezogen werden könnte, formuliert
der Parlamentarier: "Eine Generationenbilanz stellt die Belastungen
für kommende Generationen in Form von Schulden,
Rentenanwartschaften, Pensionslasten oder Ressourcenverbrauch den
Investitionen in künftige Generationen in Form von
Infrastrukturmaßnahmen und Bildungsinvestitionen
gegenüber. Sie sollte mindestens einmal in der
Legislaturperiode erstellt werden und damit für Transparenz
sorgen", unterstreicht der junge Liberale. Irgendwie ist es nahe
liegend, dass einem Bankkaufmann die Übertragung des Begriffes
Bilanz auf die Politik am Herzen liegt. Auch in seiner ersten Rede
vor dem Plenum im November 2002 kritisierte Bahr die fehlende
Nachhaltigkeit in der Rentenpolitik der Bundesregierung. Am
Rednerpult steht er gern: "Der Wettstreit der Argumente ist das,
was Politik erlebbar macht", findet er.
"Überzeugungstäter" sei er. Verantwortungslosigkeit
und Lethargie kann er nicht leiden. Für seine politische
Devise hat er sich bei Dante ein Zitat geborgt: "Der eine wartet,
dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie an und handelt."
Sein Lebensmotto formuliert Bahr direkt mit dem Satz: "Nur tote
Fische schwimmen mit dem Strom." Was sich so glatt anhört,
sollte nicht zu falschen Schlüssen führen: So ist ihm als
Bundestagsabgeordnetem vor allem wichtig, die Bodenhaftung im
Wahlkreis nicht zu verlieren.
Auch in seiner freien Zeit lässt den ledigen,
mode-bewussten Jungparlamentarier die Politik nicht los. Beim
Abschalten helfen ihm Gespräche und das Kochen mit seiner
Freundin - am liebsten Spargelgerichte. Außerdem studiert er
Volkswirtschaftslehre an der Westfälischen
Wilhelms-Universität in Münster, um auch weiter für
ein Leben außerhalb der Politik gerüstet zu sein. In
seinem Beruf als Bankkaufmann pausiert er momentan. Im Sommer 2003
hatte er außerhalb der Sitzungswochen des Parlaments vier
Wochen in seinem Beruf gejobbt. Angesichts der
gesundheitspolitischen Verhandlungen sei das jedoch eine große
zeitliche Belastung gewesen.
Doch Bahr wäre nicht Bahr, würden ihn nicht weitere
Herausforderungen reizen. Und auch dafür muss er wieder
unterwegs sein. Er trainiert für seinen ersten Marathon im
nächsten Jahr. Dann könnten ihm auch bekannte Politiker
begegnen, die für ihr ausgeprägtes
Durchhaltevermögen bekannt sind.
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