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Karl-Otto Sattler
Ein Sieg mit einigen Verwerfungen
Stuttgarts CDU-OB Schuster sichert sich
Wiederwahl mit Grünen-Hilfe
Zum Stuttgarter Oberbürgermeister gewählt zu werden,
ist kein Alltagsereignis - hat dieser Rathauschef doch das
zweitwichtigste Amt in Baden-Württemberg inne. Und wenn die
Grünen in einer Landeshauptstadt den CDU-Kandidaten
unterstützen, dann hat diese bundesweite Premiere einen
sensationellen Charakter. Doch es ist das Pech des Unionspolitikers
Wolfgang Schuster, dass er wegen der Turbulenzen um eine
geschichtsträchtige Ohrfeige auf seiner Siegesfeier und wegen
der folgenden Turbulenzen in der Landespolitik schon am folgenden
Tag aus den Schlagzeilen verschwand - und dies, obwohl der im
zweiten Wahlgang zwar klare, insgesamt aber mühselige Erfolg
Schusters erhebliche Verwerfungen provoziert.
Zusammenarbeit: CDU und Grüne
Der 55-Jährige hatte es nicht geschafft, schon in der
ersten Runde wiedergewählt zu werden: ein eher
ungewöhnlicher Vorgang bei schwäbischen und badischen
Bürgermeisterwahlen. Im Stichentscheid setzte sich der wenig
volkstümliche Schuster dann mit 53,3 Prozent deutlich gegen
die SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Kumpf durch. Die 56-Jährige
fuhr mit 45,2 Prozent immerhin das beste Ergebnis für ihre
Partei in Stuttgart seit Jahrzehnten ein. Die Wahlbeteiligung lag
mit 43,1 Prozent extrem niedrig. Im ersten Durchgang waren auf
Schuster 43,1 und auf Kumpf 32,8 Prozent entfallen.
Nach seinem Ausscheiden als Drittplatzierter mit 21,5 Prozent
hatte der grüne Kandidat, der Landtagsabgeordnete Boris
Palmer, überraschend für Schuster Partei ergriffen. Der
CDU-OB schlug zwei Volten, um sich im Duell mit Kumpf grüne
Stimmen zu sichern. Beim milliardenschweren und von den Grünen
heftig befehdeten Projekt "Stuttgart 21", der unterirdischen
Verlegung des Hauptbahnhofs, stellte Schuster plötzlich doch
einen Bürgerentscheid in Aussicht: Ein solches Referendum
über sein Prestigevorhaben hatte der OB zuvor kategorisch
abgelehnt. Zudem kippte der CDU-Politiker ruckzuck die Bebauung von
zehn Hektar Streuobstwiesen am Ortsrand, die zuvor von der Stadt
betrieben worden war.
Nun ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Union und Grünen
auch im Gemeinderat zu erwarten, wo sie zusammen eine
hauchdünne Mehrheit haben. Dies verärgert wiederum die
Freien Wähler und die FDP, auf die sich die CDU bislang
stützen konnte. Das Tischtuch zwischen SPD und Grünen ist
erst einmal zerschnitten. Die grüne Basis war im Wahlkampf
wegen Palmers Votum für Schuster tief gespalten: Manche, wie
etwa eine Fraueninitiative, hatten für Kumpf geworben.
Verzwickte Verhältnisse.
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