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Sandra Kaufmann
Ein Querulant mit Selbstkritik
Jan Erik Spangenberg und die FDP
Wenn ihre Freunde auf Partys gehen, sitzen sie noch im
Ortsverein. Jede freie Minute widmen sie der Partei, fast jeder
Kontakt ist auch politisch. Der Weg in die große Politik ist
lang. Doch sie wollen ihn gehen: Das Parlament stellt einige
Jung-Politiker aus unterschiedlichen Bundesländern in einer
Serie vor.
Ein Querulant. Das denken einige in der Hamburger FDP über
Jan Erik Spangenberg. "Manchmal spiele ich diese Rolle ganz
bewusst," erklärt Jan gelassen, "denn wer etwas verändern
will, muss manchmal unbequem sein." Unbequem ist der
25-Jährige gerne in der Partei, in der er mit Leidenschaft
Politik macht.
Wer den großen, kräftigen, blonden Mann sieht, kommt
wohl kaum auf die Idee, dass er zur Hälfte Uruguayer ist.
Seine Mutter arbeitete in Montevideo als Lehrerin, als sie seinen
Vater kennen lernte, einen Uruguayer deutsch-italienischer
Abstammung. Ein Jahr nach Jans Geburt ging die Familie nach
Hamburg. Auf seine doppelte Staatsangehörigkeit würde Jan
freiwillig nicht verzichten wollen. "Sie ist ein wichtiger Teil
meines Selbstverständnisses", sagt er.
Er wächst in Hamburg auf, geht dort zur Schule. Sein
Interesse an der Politik entdeckt er in den USA, wo er ein Jahr
lang eine High-School besucht. Zurück in Deutschland wird er
zunächst "ein Fan der Grünen" und erhofft sich viel von
der rot-grünen Bundesregierung. Nach dem Abitur leistet er
Zivildienst bei der Johanniter-Unfallhilfe in Hamburg als
Rettungssanitäter. Etwa zur gleichen Zeit tritt er den Jungen
Liberalen bei. "Aus Enttäuschung über die Politik der
Bundesregierung", aber vor allem, weil er vom Grundgedanken des
Liberalismus begeistert ist. "Besonders hat mich das Menschenbild
überzeugt. Es kombiniert Freiheit und Verantwortung des
Einzelnen."
Der Begriff Freiheit fällt oft, wenn Jan redet. Bei den
Jungen Liberalen macht er die Pressearbeit so gut, dass die Partei
auf ihn aufmerksam wird. Im Bürgerschaftswahlkampf 2001 wird
er Pressesprecher der FDP Hamburg, gibt das Amt nach der Wahl
jedoch auf und wird Landesvorsitzender der Jungen Liberalen. "Zum
Glück", sagt er heute - obwohl die Koalition mit der
umstrittenen Schill-Partei und der CDU die FDP in die
Landesregierung brachte. "Diese Koalition schadet der FDP bis
heute. Die ganze Fraktion war einfach nicht standfest genug", ist
Jan überzeugt.
Die Jungen Liberalen kritisieren die FDP damals offen für
ihr Verhalten. Es kommt zum Eklat, als Jan mit einigen Kollegen auf
dem Gänsemarkt in Hamburg für die Legalisierung weicher
Drogen wirbt. Einige Hamburger FDP-Politiker regen sich
öffentlich über die Aktion der Jungen Liberalen auf -
dabei war die FDP selbst vor der Wahl für die Freigabe weicher
Drogen. Er kann darüber inzwischen nur noch lachen und
erzählt die Anekdote gern.
Zur Zeit ist Jan stellvertretender Landesvorsitzender der FDP
Hamburg und Fachsprecher für Innen- und Rechtspolitik.
Besonders die Sicherheitspolitik in Deutschland beschäftigt
ihn, nicht zuletzt weil er eine Einschränkung der Grundrechte
befürchtet. "Manche Politiker nutzen den Ruf nach Sicherheit,
um sich mal richtig auszutoben."
Jan ist ein guter Redner. Er ist aufmerksam, intelligent und
wirkt souverän. Eigenschaften, die ihm auch im Studium
nützlich sind. Seit drei Jahren studiert der Jungliberale Jura
an der Bucerius Law-School in Hamburg. Die Anforderungen der
Privatuniversität sind hoch. Doch obwohl Jan gelegentlich aus
Zeitmangel Vorlesungen schwänzt und jede freie Minute in der
Uni nutzt, um für die Partei zu telefonieren, absolviert er
seine Prüfungen gut genug. Seine Kommilitonen schreiben im
Jahrbuch der Uni über ihn: "Das kluge Pferd springt nie
höher, als es muss."
Trotzdem: Politik ist für ihn ein Hobby. Und das soll es
auch bleiben. "Ich glaube nicht, dass wir in diesem Land reine
Berufspolitiker überhaupt brauchen", sagt er. Auch wenn Jan
sich eine Zukunft ohne die Politik und die FDP nicht vorstellen
kann, will er sich nicht auf eine Karriere als Politiker verlassen.
"Entscheidend ist nicht, der Wille etwas zu werden, sondern etwas
zu verändern. Deshalb glaube ich auch, dass in einer
Demokratie eigentlich jeder in einer Partei sein sollte." Davon ist
Jan überzeugt, auch wenn ihn die Parteiarbeit im Alltag
manchmal frustriert. Gerade hat er das Projekt "Werkstatt 2008" ins
Leben gerufen. "Wir wollen die Defizite der FDP aufarbeiten",
erklärt Jan. Defizite sind für ihn Unzufriedenheit,
verkrustete Strukturen, schlechte Kommunikation. Manchmal
fürchtet er, mit seiner Arbeit von den alten Parteimitgliedern
nicht ernstgenommen zu werden, weil er so jung ist. Er ist
überzeugt, "dass die Politik der FDP zwar für alle das
Beste ist, aber offensichtlich kann sie das nicht vermitteln." Da
ist er wieder, der Querulant.
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