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Susanne Kailitz
Aufgekehrt...
Jedes Jahr im Dezember bietet sich das gleiche Bild:
Überfüllte Kaufhäuser, in denen gestresste Menschen
auf der Jagd nach Geschenken sind. Doch in diesem Jahr ist alles
noch ein bisschen spezieller. Rentner, die sich den Slogan "Geiz
ist geil" zum Lebensmotto gemacht haben, prügeln sich um
Zehn-Euro-Staubsauger, Kunden einer Elektronikmarktkette ziehen
sich Dieter-Bohlen-Masken über, um ihre Einkäufe nicht
bezahlen zu müssen, und wer auch nur einen Cent zuviel
bezahlt, darf ganz offen als doof bezeichnet werden. Ob das, was
letztlich unter dem Weih-nachtsbaum liegt, auch gefällt, ist
egal - billig muss es sein.
Leichter hat es, wer auf's Geld nicht wirklich achten muss. Das
neue Wall-Street-Magazin "Trader Monthly" weiß, was solvente
Herzen höher schlagen lässt und offeriert gelangweilten
Multimillionären unschlagbare Schnäppchen wie eine
private 15-Hektar-Insel für schlappe 4,9 Millionen Dollar.
Auch die amerikanische Kaufhauskette Neiman Marcus kümmert
sich um die maximale Freude beim Blick auf den Gabentisch. In ihrem
"Christmas Book" werden originelle Geschenkideen präsentiert,
die garantiert nie in Vergessenheit geraten werden. Wer wäre
nicht überrascht, wenn der Weihnachtsmann einen Zeppelin
für 7,6 Millionen Euro, einen Zwei-Personen-Unterwasser-Jet
für 1,7 Millionen Dollar oder eine maßgefertigte
Ritterrüstung für preiswerte 20.000 Dollar aus dem Sack
zaubern würde?
Bei all diesen Verlockungen wäre es natürlich
schön, wenn das ganze Jahr Weihnachten wäre. Das dachten
sich wohl auch einige afrikanische Spitzenpolitiker. Um auch
außerhalb der Weihnachtszeit nicht auf den angemessenen Luxus
verzichten zu müssen, hat sich etwa der namibische Staatschef
Sam Nujomba rechtzeitig vor der Machtübergabe an seinen
Nachfolger ein Gesetz zurechtgeschneidert, das ihm eine angenehme
Rente beschert. Im Ruhestand muss Nujomba auf nichts verzichten:
Ein Fuhrpark mit drei Chauffeuren, zwei Köche, drei
Haushaltshilfen, zwei Gärtner, zwei Kellner, zwei
Wäscherinnen, zehn Sicherheitsbeamte, zwei Sekretärinnen,
zwei Adjutanten und zwei Bürohilfen sorgen dafür, dass es
dem Pensionär an nichts mangelt. Ähnlich gut versogt hat
sich Kollege Joaquim Chissano aus Mosambik. Der langjährige
Präsident wird demnächst ein schickes
Zwei-Millionen-Dollar-Anwesen beziehen.
Schade eigentlich, dass diese Luxusversorgung in Deutschland
noch immer verpönt ist. Diese bittere Erfahrung musste gerade
erst Herman-Josef Arentz machen. Der CDU-Politiker, bis vor kurzem
noch Bundesvorsitzender der
Christlich-Demokratischen-Arbeitnehmerschaft, musste alle
Ämter aufgeben - nur, weil er ein 60.000-Euro-Jahresgehalt und
Gratisstrom von RWE bezogen hatte, ohne dafür einen Finger
krumm zu machen. Und das kurz vor Weihnachten. Wie Arentz ohne
Zusatzverdienst nun den sicher umfangreichen Wunschzettel seiner
Familie abarbeiten soll, scheint niemanden zu interessieren. Aber
es gibt Hoffnung. Die nächste Rabattaktion von Aldi oder Lidl
kommt bestimmt.
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