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Renate Gradistanac
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Rede im Deutschen Bundestag am 16. Januar 2004

zum Thema:
Reisen ohne Handicap - Für ein barrierefreies Reisen und Naturerleben in unserem Lande

Frau Präsidentin,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

kennen wir das nicht alle:

Wir gehen in ein Restaurant, Eingang ebenerdig, und müssen dringend auf die Toilette. Diese befindet sich im Untergeschoss, erreichbar über eine Treppe. Als Abgeordnete kennen wir alle den Bahnsteigwechsel bei einer Zugfahrt mit schwerem Gepäck, treppauf und treppab. Um wie viel beschwerlicher ist dies erst für Reisende mit Kinderwagen, Gipsbein, Schwangere, ältere Menschen oder Rollstuhlfahrer.

Für mich als Tourismuspolitikerin steht fest: Barrierefreiheit ist Bürgerinnen- und Bürgerrecht. Zu einer uneingeschränkten gesellschaftlichen Teilhabe gehört die Möglichkeit des barrierefreien Reisens. Reisen ohne Barrieren muss zum Normalzustand werden.

Menschen mit Behinderungen wollen - wie alle Touristinnen und Touristen - über Ort, Zeit und die Gestaltung ihres Urlaubs selbst entscheiden. Hierfür braucht es verlässliche touristische Angebote. Wie Hoteliers, Gemeinden oder Freizeiteinrichtungen ihr touristisches Angebot barrierefrei gestalten können, zeigt die ADAC-Planungshilfe „Barrierefreier Tourismus für alle“.

Wilfried Steinmüller, Vorsitzender des Vereins „Ohne Barrieren“ nennt vier Faktoren, die stimmen müssen: Ist die Unterkunft barrierefrei? Ist die Infrastruktur behindertengerecht? Sind die Freizeitangebote ohne große Schwierigkeiten zu erreichen? Lässt es sich in öffentliche Verkehrsmittel leicht einsteigen?

Meine Damen und Herren, Menschen mit Behinderungen geben jährlich 1,5 Milliarden Euro im Tagestourismus und 1,6 Milliarden Euro für Übernachtungen aus. Etwa die Hälfte von ihnen würde häufiger verreisen, wenn es mehr barrierefreie Angebote für sie gäbe. Hier steckt wirtschaftliches Potenzial.

Dies belegt die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit erstellte Untersuchung „Ökonomische Impulse eines barrierefreien Tourismus für alle“ eindrucksvoll. Ungefähr 6,7 Millionen Menschen, also rund acht Prozent unserer Bevölkerung, sind schwer behindert, darunter 700.000 Rollstuhlfahrer. Rund 20 Millionen sind in ihrer Mobilität eingeschränkt. Nur 4,5 Prozent, rund 300.000 Menschen, sind von Geburt an behindert. Die meisten werden es im Laufe ihres Lebens, durch Unfälle oder im Alter. In drei Prozent aller Familien lebt ein Kind mit Behinderungen.

Wir haben den Bundeswettbewerb „Willkommen im Urlaub - Familienzeit ohne Barrieren“ ausgerufen und vorbildliche familienorientierte und barrierefreie Ferienangebote ausgezeichnet. Als Schwarzwälderin freut es mich ganz besonders, dass Baden-Württemberg hier einmal Musterländle ist. Der rot-grüne Antrag fordert im Rahmen des internationalen Jugendaustausches Treffen von behinderten und nicht behinderten Jugendlichen verstärkt zu fördern. Im Kinder- und Jugendplan des Bundes sind eigens Mittel für die Arbeit mit behinderten jungen Menschen eingestellt.

Das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen ist zu Ende gegangen. Wir setzen unsere offensive Arbeit für Menschen mit Behinderungen fort. Alle sind eingeladen, mitzuarbeiten, damit „Barrierefrei“ zu einem Markenzeichen des Deutschlandtourismus wird.

Dieser Appell richtet sich ganz besonders an die CDU/CSU-Fraktion, mit der Bitte auf ihren tourismuspolitischen Sprecher Klaus Brähmig einzuwirken. Dieser antwortete - nachzulesen in der Travel Tribune vom 08.01.2004 - auf die Frage nach einer Bewertung der rot-grünen Tourismuspolitik mit der schockierenden Aussage, sie beschäftige sich „zu sehr mit Schattenthemen wie Behinderten-Tourismus“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen wir wissen es: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden, so heißt es in unserer Verfassung.