Reisebericht
vom 05. bis 09. Juni 2000 in New York
Zielsetzung und Ergebnis der Konferenz
Die Sondergeneralversammlung, an der mehr als 10 000 Personen aus mehr als 180 Ländern teilnahmen, befasste sich mit der Umsetzung der Ergebnisse der vierten Weltfrauenkonferenz, die 1995 in Peking abgehalten wurde, und mit weiteren Aktionen und Initiativen zur Erreichung der Ziele. Mit der in Peking verabschiedeten Aktionsplattform war erstmals ein weltweites, in sich geschlossenes Konzept zur Gleichstellung von Frauen und Männern beschlossen worden. Die Plattform enthält umfassende Empfehlungen und Maßnahmen in allen Bereichen der Gleichstellungspolitik Die 12 Hauptschwerpunkte, die Gegenstand von Untersuchungen und Empfehlungen zur Verbesserung der Situation der Frauen sind, umfassen ein breites Spektrum: Frauen und Armut, Frauen und Bildung/Ausbildung, Frauen und Gesundheit, Gewalt gegen Frauen, Frauen und bewaffnete Konflikte, Frauen in der Wirtschaft, Frauen in Macht- und Entscheidungspositionen, Institutionelle Mechanismen zur Förderung von Frauen, Menschenrechte der Frauen, Frauen und Medien, Frauen und Umwelt, Mädchen. In New York wurde eine Zwischenbilanz gezogen über das, was bereits erreicht wurde und gleichzeitig geprüft, welche Hindernisse und Herausforderungen sich seit Peking bei der Umsetzung ergeben haben.
Ziel der deutschen Delegation - die innerhalb der VN- Tagung als Teil der EU-Delegation agiert und ihre Positionen dort abstimmt - war es von vornherein, die Verabschiedung eines Abschlussdokuments zu erreichen, das inhaltlich keinesfalls hinter die in Peking festgeschriebenen Ziele zurückfällt und möglichst noch weitergehende Forderungen umfasst. Besonderes Augenmerk lag dabei auf den Bereichen Menschenrechte der Frauen, Gewalt gegen Frauen, die Eröffnung neuer Berufschancen u.a. im Bereich neuer Informationstechnologien, die Bekämpfung von Armut und die Verbesserung des Gesundheitsschutzes.
Schon vor der Konferenz hatte sich abgezeichnet, dass eine Reihe von Staaten, die sich nur nach mühsamen Verhandlungen zur Unterzeichnung der Pekinger Plattform bereit gefunden hatten, sich Neuerungen verweigern und auch versuchen würden, den bereits erreichten Konsens in Frage zu stellen. Entsprechend zeitraubend und schwierig gestalteten sich die Verhandlungen über das New Yorker Abschlussdokument; zwischenzeitlich wurde von manchen sogar in Frage gestellt, ob es überhaupt möglich sein würde, sich auf ein gemeinsames Dokument zu verständigen.
Im Ergebnis konnte das vorrangige Ziel, nicht hinter die in Peking erreichten Maßstäbe zurückzufallen, erreicht werden, als das Abschlussdokument in der Versammlung am Samstag nachmittag angenommen wurde. Als herausragender Fortschritt, der sich schon vor Verabschiedung abzeichnete, wurde gewertet, dass die in afrikanischen Staaten praktizierte Genitalverstümmelung bei Mädchen nun eindeutig als Menschenrechtsverletzung eingeordnet wird. Zuvor war diese lediglich als "schädliche traditionelle Praxis" eingeordnet worden. Auch der sog. Ehrenmord, also die Tötung (zumeist junger) Frauen, die - z.B. durch nichteheliche Schwangerschaft "Schande" über die Familie gebracht haben, wird nun als Menschenrechtsverletzung bewertet. Über den sehr kontroversen Punkt "sexuelle Orientierung" konnte aber, wie schon von Beginn der Woche an erwartet, kein Konsens erzielt werden. Die sexuellen Rechte von Frauen sind auch nach dieser Konferenz nur so weit im Dokument enthalten, wie sie auch in Peking angesprochen wurden. Zur Abtreibung wurde der Konsens von Peking ebenfalls gehalten, nicht aber der weitergehende Stand einer Konferenz in Kairo. Diese drei Punkte hat die Europäische Union, die eine Erklärung zur Beschlussfassung abgegeben hat, aufgegriffen als Punkte, die ihrer Auffassung nach nicht weit genug gehen.
Als Fortschritt wurde noch bewertet, dass die Rolle der Frauen in Friedensprozessen verstärkt wahr genommmen wird und gender mainstreaming auch in Friedensmissionen Berücksichtigung finden soll. Positiv ist außerdem, dass die Frau als Unternehmerin/Existenzgründerin ein Thema ist, und die generelle Notwendigkeit schulischer Ausbildung für Mädchen bis zum vorgesehenen Ende auch in besonderen Situationen, wie z.B. Vorliegen einer Schwangerschaft, anerkannt wird. Weiterhin wird das Zusatzprotokoll zur CEDAW-Konvention (Konvention zur Beseitigung jeglicher Form von Diskriminierung gegen Frauen) ausdrücklich erwähnt, das Deutschland am Ende dieses Jahres ratifizieren wird.