Unterschiedliche Auffassungen über "gläsernes Ehegattenkonto"
Berlin: (hib/BOB) Unterschiedlich haben sich Experten zum Gesetzentwurf des Bundesrates zur Änderung des Paragraphen 1360, 1360a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB, 15/403) geäußert. Vorgesehen ist, dass der nicht erwerbstätige Ehegatte ein Recht hat, in angemessenem Umfang über Geldmittel zum Familienunterhalt und zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse zu verfügen. Ferner soll der Ehegatte jeweils wie unterhaltsberechtigte Verwandte einen Auskunftsanspruch haben.
Der Verband der Familienfrauen und -männer begrüßte den Gesetzentwurf des Bundesrates in seiner schriftlichen Stellungnahme grundsätzlich, weil eine positive Veränderung sowohl für Familienfrauen und Hausfrauen sowie für die in diesem Berauf arbeitenden Männer herbeiführen würde. Die Gesetzesänderung sei ein Schritt hin zu mehr echter Partnerschaftlichkeit in der Ehe. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) begrüßte ebenfalls grundsätzlich den Vorstoß. Bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit hätten die arbeitenden Ehegatten auf die Belange des anderen Ehepartners und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen. Nach Auffassung des ZdK greift die Gesetzesinitiative zu Änderungen des BGB typische Missverständnisse über "dein" und "mein" in der Ehe auf. Diese träten heute nicht selten auf, wenn der Mann und die Frau nach der Geburt des ersten Kindes plötzlich nicht mehr über zwei eigene Einkommen verfügten, sondern auf unterschiedliche Weise zum Familieneinkommen beitrügen.
Der Katholische Deutsche Frauenbund begrüßte ebenfalls die Initiative, mit der Änderung des BGB einen ersten kleinen Schritt zur Klärung der wirtschaftlichen Teilhabeverhältnisse in der Ehe zu tun. Dabei ist es nach Meinung ihrer Vertreterin Eva M. Welskop-Deffaa allerdings zu wenig, von "angemessener Teilhabe" zu sprechen. Das zweite Anliegen des Gesetzentwurfs, die Auskunftsrechte der Ehegatten über die wirtschaftliche Situation des Ehepartners oder der Familie zu stärken, sieht der Frauenbund ebenfalls als begründet an.
Nach Aussage des Deutschen Juristinnenbund e.V. handele es sich bei dem Teilhaberecht um eine echtes "Nullum", das dem haushaltsführenden Ehepartner nicht mehr gewähre, als ihm nach gegenwärtiger Rechtslage bereits zustehe. Die Vorschrift habe für sie keinen effektiven Nutzen. Dabei werde offenbar übersehen, dass die beabsichtigte "emanzipatorische Kosmetik" in den Familienhaushalten einigen Schaden anrichten könne. Die Präzisierung des in der Ehe bestehenden Auskunftsanspruchs sei grundsätzlich zu begrüßen, sollte aber umfassender ausgestaltet sein.
Professor Dieter Schwab aus Regensburg erklärte in seiner schriftlichen Stellungnahme, die vorgeschlagenen Gesetzänderungen seien abzulehnen. Sie bedeuteten einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die ehelichen Verhältnisse und in die Autonomie der funktionierenden Familie. Das von der Entwurfsbegründung angestrebte Ziel einer Verbesserung der Gleichheit der Geschlechter im materiellen Bereich sei auf die geplante Weise nicht zu ereichen. Margot von Renesse von der Evangelischen Aktionsgemeinschaft für Familienfragen erklärte, von der vorgeschlagenen Neuregelung sei abzuraten. Gleicher Ansicht war Professor Siegfried Willutzki: Auf die vom Bundesrat angeregten Gesetzesänderungen sollte verzichtet werden.