Bundesregierung plant keinen Rückzug aus afghanischer Region Kundus
Berlin: (hib/BOB) Die Bundesregierung erwägt keinen Rückzug aus der afghanischen Region Kundus. Dies teilt die Regierung in ihrer Antwort (15/3629) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (15/3553) mit. Die Sicherheitslage dort werde - trotz des Anstieges von Gewaltaktionen im Juni dieses Jahres - aufgrund der im Landesvergleich insgesamt bisher geringen Zahl an Zwischenfällen noch "als überwiegend ruhig, aber nicht stabil" beurteilt. Die jüngsten Anschläge entsprächen dem für die Region insgesamt beurteilten Risiko. Die zunehmende Zahl von Zwischenfällen bestätige die erwartete Verschärfung der Sicherheitslage im Zuge der Wahlvorbereitung, des Demilitarisierungsprozesses sowie der Maßnahmen der Drogenbekämpfung in der Verantwortung der afghanischen Regierung. Die Bundesregierung weist darauf hin, dass Aktionen gegen ausländische militärische Kräfte in diesem Zusammenhang "nicht auszuschließen" seien. Auch für zivile Aufbauhelfer gelte, dass die Präsenz von Soldaten der ISAF Schutztruppe (International Security Assistance Force) die Gefahr von Anschlägen mindern, jedoch nicht ausschließen könne.
Auf die Anfrage der Liberalen teilt die Regierung weiterhin mit, sie halte demokratische Wahlen auch bei der derzeitigen Sicherheitslage für "durchführbar". Es lägen keine konkreten Hinweise auf bevorstehende terroristische Anschläge vor. Eine durch Wahlen legitimierte Regierung sei zudem eine notwendige Voraussetzung für eine Verbesserung der Sicherheitslage in Afghanistan. Die NATO trage der Erwartung Rechnung, dass Extremisten sowie organisierte kriminelle Banden die Zeit vor den Wahlen zu Anschlägen nutzen, um die Lage im Interesse ihrer eigenen Ziele zu destabilisieren. Sie werde den Wahlprozess unterstützen, indem temporär zusätzliche Kräfte nach Afghanistan verlegt werden. Weitere Reservekräfte würden in den Heimatländern der Entsendenationen auf Abruf zu Verfügung stehen. Die Regierung habe im Übrigen politische Konsultationen "auf allen Ebenen" genutzt, um bei den NATO- und EU-Partnern für ein noch stärkeres Engagement in Afghanistan zu werben.
Der Verfolgungsdruck auf oppositionelle militante Kräfte in Afghanistan hat sich nach Regierungsangaben im Laufe dieses Jahres erhöht. Die bisherigen Operationen der Anti-Terror-Koalition hätten im Ergebnis zu eine Verdrängung des militanten Kerns und des Unterstützerpotenzials von Tabilan-, Al-Qaida- und Hekmatyar-Anhängern sowie von ausländischen Gruppierungen geführt. Im Süden und Osten des Landes würden Anhänger dieser Gruppierungen unter Ausnutzung des schwer zugänglichen Geländes und mit Unterstützung durch lokale Stämme nach wie vor Rückzugs- und Aufwuchsräume nutzen. Die gegnerischen Gruppen stützten sich zudem weiterhin auf eine Unterstützungs- und Ausbildungsinfrastruktur auf pakistanischem Boden, wo sie dem Zugriff durch Kräfte der Anti-Terror-Koalition entzogen seien.
Die Bundesregierung betont gegenüber den Freien Demokraten, ein Zusammenhang zwischen ihren Stabilisierungsmaßnahmen in Afghanistan und dem Drogenanbau existiere nicht. Man begrüße den Dialog der Verantwortlichen in Kabul mit ihren Nachbarstaaten. Der diene auch dem Ziel, den grenzüberschreitenden Drogenhandel in der Region zu unterbinden.