ANHÖRUNG Reformbedarf beim bestehenden BAföG-System unumstritten(bf) Die zu einer Anhörung zur Reform des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) eingeladenen Sachverständigen haben am 3. April einvernehmlich die Auffassung vertreten, dass das bestehende BAföG-System veraltet und dringend reformbedürftig sei. Beratungsgrundlage waren im Bildungs- und Forschungsausschuss dabei die Anträge der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (14/2905) sowie der CDU/CSU (14/2031), ein Gesetzentwurf der F.D.P.-Fraktion (14/2253) sowie ein weiterer Antrag der PDS (14/2789). Die Anträge der Koalitionsfraktionen und der CDU/CSU zielen auf eine Weiterentwicklung des bestehenden BAföG-Systems, wohingegen F.D.P. und PDS mit den von ihnen vorgelegten so genannten Körbe- oder Sockelmodellen für eine strukturelle Erneuerung des Systems plädieren. Zweck der Anhörung war es, diese unterschiedlichen Reformansätze auf ihre Umsetzbarkeit hin zu überprüfen. Nach Professor Hans-Dieter Rinkens vom Deutschen Studentenwerk (DSW) entspricht die bisherige Förderung nicht mehr den Anforderungen, ist zu kompliziert und nicht transparent. Außerdem sei sie angesichts stetiger Änderung der Förderungsvoraussetzungen sowie Umstellungen von Förderungsarten keine vorhersehbare, langfristig sichere Studienfinanzierungsart für Studierende und deren Eltern. In seiner Stellungnahme nannte das DSW als Zielvorgaben für eine BAföG-Reform unter anderem Chancengleichheit im Bildungswesen und Mobilisierung von Begabungspotenzialen, Gleichwertigkeit der Leistungsvoraussetzungen, Verteilungsgerechtigkeit beim Familienleistungsausgleich, Förderung der Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Studierenden sowie Transparenz des Systems. Diese Ziele seien am ehesten mit den so genannten Sockelmodellen zu erreichen. Den Vorschlag des Sockelbetrags befürworteten unter anderen auch Professor Detlef Müller-Böling vom Gemeinnützigen Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh und Professor Dieter Martiny von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Hans Bernhard Brockmeyer vom Bundesfinanzhof zufolge reicht jedoch ein Sockelbetrag von etwa 500 DM im Monat bei weitem nicht aus, den verfassungsrechtlich gebotenen Familienleistungsausgleich entfallen lassen zu können. Für "verfassungsrechtlich bedenklich" hält demgegenüber Dieter Dohmen vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie in Köln einen einheitlichen Sockelbetrag. Er prangert in seiner Stellungnahme systematische Fehlsteuerungsmechanismen beim Familienleistungsausgleich an, die eine weiterführende schulische Ausbildung von Kindern aus einkommensschwachen Familien behindere statt fördere. Um die Zugangschancen von Kindern aus einkommensschwachen Familien zur Hochschulbildung zu verbessern, fordert er "absolut zwingend" die Wiedereinführung der Schülerförderung. Diese Forderung fand die Unterstützung aller Sachverständigen. Nach Meinung Dohmens setzt die Förderung bei der Sekundarstufe II allerdings zu spät an. Über Ausbildungsförderung, so Dohmen, müsse bereits im Bereich der Kindergärten nachgedacht werden. Im Rahmen der Verbesserung des jetzigen Systems ist es laut Klaus Schnitzer vom Hochschul-Informations-System Hannover (HIS) vorrangig, die Freibeträge von Elterneinkommen anzuheben, das Kindergeld bei der Einkommensberechnung nicht zu berücksichtigen, den Darlehensanteil der Förderung zu begrenzen sowie die Bedarfssätze zu erhöhen und zu vereinheitlichen. Schnitzer verwies auf eine noch unveröffentlichte HIS-Befragung unter Studienberechtigten und deren Eltern, der zufolge Studienberechtigte insgesamt eine größere Elternunabhängigkeit der Studienförderung erwarten. Professor Rupert Huth von der Hochschulrektorenkonferenz machte auf die massiv veränderten Anforderungen des Arbeitsmarktes aufmerksam. Die Tendenz zur schnellen Selbstständigkeit dürfe durch eine hohe Darlehensbelastung der Hochschulabsolventen nicht erschwert werden. |