Allerdings akzeptiere ich ausdrücklich nicht die Erwartung,
dass die Kunst sich der Politik grundsätzlich in kritischer
Auseinandersetzung, die Politik sich der Kunst dagegen vorzugsweise
mit andächtiger Bewunderung zu nähern habe. Der Deutsche Bundestag verdient ein solches Misstrauen nicht. Ich kenne kein anderes Parlament in der Welt, das sein Gebäude statt mit einer Gemäldegalerie großer Köpfe und geschichtlicher Ereignisse demonstrativ mit zeitgenössischen Kunstwerken ausstattet. Der Deutsche Bundestag hat sich nicht für eine möglichst unauffällige, unanstößige, dekorative künstlerische Gestaltung entschieden, sondern die von ihm selbst angesprochenen Künstler aus Deutschland wie dem Ausland ausdrücklich zu einer Auseinandersetzung mit dem Parlamentsgebäude und seiner Geschichte aufgefordert. Künstler wie Gerhard Richter, Sigmar Polke, Günther Uecker, Christian Boltanski, Bernhard Heisig, Jenny Holzer und nicht zuletzt Norman Foster haben diese Herausforderung in einer Weise angenommen, die keineswegs unumstritten ist, aber jeden Streit lohnt. In den letzten Jahren hat der Deutsche Bundestag zudem zwei
denkwürdige Entscheidungen getroffen, die seiner
Souveränität auch im Umgang mit ästhetischen
Fragestellungen ein beachtliches Zeugnis ausstellen: Es sind die
weltweit bejubelte Verhüllung des Reichstages durch Christo,
die nach jahrzehntelangen vergeblichen Anläufen
schließlich vom Plenum des Deutschen Bundestages möglich
gemacht worden ist, Ich persönlich habe übrigens für beide
umstrittenen Entscheidungen sehr engagiert gefochten; |
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