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Was kann verboten werden?
Können rechtsextremistische Kundgebungen an Gedenkstätten derzeit wirkungsvoll unterbunden werden, oder brauchen wir ein schärferes Demonstrationsrecht? Blickpunkt Bundestag gibt einen Überblick über die Positionen der Fraktionen im Bundestag.
Im Bundestag herrscht weitgehende Übereinstimmung über das Ziel, die NPD-Pläne einer Demonstration zum Jahrestag des Kriegsendes am Brandenburger Tor in Berlin zu unterbinden. Ganz in der Nähe des Brandenburger Tors liegt das künftige Holocaust-Mahnmal, und die Fraktionen befürchten, dass die Rechtsextremisten eine Kundgebung am 8. Mai dort zur Verunglimpfung der Opfer des NS-Völkermords nutzen könnten.
Zwar kann auch nach dem geltenden Versammlungsgesetz eine Demonstration verboten werden, wenn nach den erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Sowohl die Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen als auch die CDU/CSU-Fraktion wollen aber eine bessere Handhabe gegen derartige Demonstrationen schaffen.
Die Verfassung garantiert allen Deutschen das Grundrecht, „sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln“. Aber es erlaubt auch, die Bedingungen für Versammlungen unter freiem Himmel, also für Demonstrationen, auf gesetzlichem Wege zu beschränken. Dies ist zum Beispiel durch das Versammlungsgesetz und das Gesetz über befriedete Bezirke geschehen.
Hier wollen sowohl die Koalitionsfraktionen als auch die CDU/CSU-Fraktion ansetzen. Allerdings schlagen sie verschiedene Wege ein. SPD und Bündnis 90/Die Grünen setzen sich für eine Änderung des Versammlungsgesetzes ein: Wenn Demonstrationen an Orten geplant sind, die – wie das Holocaust-Mahnmal – zu einem Symbol für die systematische Vernichtung von Menschen geworden sind, sollen die Kundgebungen verboten oder nur mit Auflagen genehmigt werden können. Außerdem will die Koalition im Strafgesetzbuch den Tatbestand der Volksverhetzung auf die Billigung oder Verherrlichung von Menschenrechtsverletzungen unter den Nationalsozialisten ausweiten, weil solche Äußerungen die Menschenwürde der Opfer verletzen.
Die CDU/CSU-Fraktion hingegen will das Ziel mit einer Änderung des Gesetzes über befriedete Bezirke für Verfassungsorgane des Bundes erreichen. Sie hat bereits im Januar einen Entwurf zur Änderung dieses Gesetzes im Bundestag eingebracht. Dadurch sollen Brandenburger Tor und Holocaust-Mahnmal in den befriedeten Bezirk für den Bundestag einbezogen werden. Außerdem sollen in befriedeten Bezirken Demonstrationen grundsätzlich verboten sein, aber genehmigt werden können. Bisher sind sie – anders als im früheren Bonner Bannmeilengesetz – grundsätzlich erlaubt, können aber verboten werden.
Von den vier Bundestagsfraktionen lehnen nur die Freien Demokraten eine Gesetzesänderung ab. Sie vertreten den Standpunkt, es sei schon nach geltendem Recht ausgeschlossen, dass die NPD am Brandenburger Tor oder am Holocaust-Mahnmal einen Aufmarsch unter dem Motto „Schluss mit dem Schuldkult“ durchführen kann.
Text: Klaus Lantermann
Foto: picture-alliance
Erschienen am 08. März 2005