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III. Das kaiserliche Deutschland

3. Schutzzoll, Konservatismus und staatliche Sozialpolitik

Die annähernde Gleichzeitigkeit der Industrie- und Agrarkrise gegen Ende der 1870er Jahre ermöglicht es Bismarck, die Interessen von Schwerindustrie und großbetrieblich organisierter Landwirtschaft nach den Maßgaben einer neuen, jetzt staatsinterventionistischen Wirtschaftspolitik zusammenzuführen. Ihren Ausdruck findet sie in der Schutzzollgesetzgebung von 1879, die für Bismarcks Allianz mit dem nationalen Liberalismus das Ende bedeutet. Die nationalliberale Reichstagsfraktion bricht an der Schutzzollvorlage auseinander; nur eine Minderheit verbleibt im Lager des Reichskanzlers. Eine parlamentarische Mehrheit für das konservative "Bündnis von Korn und Stahl" kommt jedoch nicht zu Stande: Bei der Reichstagswahl von 1881 siegt mit dem Zentrum und den um die nationalliberalen Sezessionisten verstärkten Linksliberalen die Opposition.

III. Das kaiserliche Deutschland, Grafik zu Teil 3
Eisenwalzwerk. Gemälde von Adolph von Menzel, 1875

Erst sechs Jahre später - die Nationalliberalen haben sich mit der Heidelberger Erklärung erneut als möglicher Partner der Reichsleitung ins Spiel gebracht - führt die durch massive Regierungspropaganda verschärfte Fiktion einer akuten äußeren Bedrohung nochmals zu einer regierungsnahen Parlamentsmehrheit aus Konservativen und - nunmehr etatistischen - Nationalliberalen. Doch ist ihr "Kartell" im Ganzen nicht stabil genug, um für Bismarcks Politik auf die Dauer eine tragfähige Basis zu bilden, was die bereits in der Reichsverfassung angelegte Tendenz zu einer "Regierung über den Parteien" erheblich begünstigt.

Mit dem "Sozialistengesetz", dessen zweite Fassung der Reichstag im Oktober 1878 verabschiedet, sucht Bismarck die zum "Reichsfeind" erklärte Sozialdemokratie als Machtfaktor auszuschalten. Doch misslingt dieser Plan - zumal die kurz darauf eingeleitete Sozialgesetzgebung zwar ein modernes System sozialer Sicherheit, aber keine Identifikation der Arbeiterschaft mit der politischen Ordnung des Kaiserreichs nach sich zieht. Im Februar 1890 wird die SPD mit fast 1,5 Millionen Wählern stimmenstärkste Partei. Das "Sozialistengesetz", an dem der Reichstag während der 1880er Jahre noch festhielt, wird nun definitiv nicht mehr verlängert. Zunehmende Differenzen zwischen Bismarck und Wilhelm II., der als neuer Kaiser ein "persönliches Regiment" durchsetzen will, führen wenige Wochen später zur Entlassung des "eisernen Kanzlers".

Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/ausst/wege/katalog/3_3
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