Experten begrüßen Anträge zur Stärkung des Finanzplatzes Deutschland
Berlin: (hib/HAU) Als konstruktiv und sinnvoll haben Sachverständige Anträge der Koalitionsfraktionen (15/930), der CDU/CSU (15/748) sowie der FDP (15/369) bewertet, die sich für eine weitere Stärkung des Finanzplatzes Deutschland aussprechen. Dies wurde bei einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Mittwochmittag deutlich. Während der Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen insbesondere eine weitere Zentralisierung der gesamten Börsenaufsicht vorsieht, fordern die Oppositionsfraktionen eine explizite Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt am Main und eine Verbesserung der rechtlichen, steuerlichen und administrativen Rahmenbedingungen, um Planungssicherheit für die Finanzplatzakteure zu gewährleisten.
Der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) begrüßte die vorgesehenen Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen am Finanzplatz Deutschland. Diese müssten liberaler, flexibler und innovationsfreundlicher gestaltet werden, sodass es keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Standorten mehr gibt. Der BVI sprach sich für eine niedrigere Besteuerung von Kapitalerträgen gegenüber sonstigen Einkünften aus. Kapital sei im Gegensatz zum Faktor Arbeit mobil. Ein finanzplatzfreundliches Steuersystem sei daher nur mit geringen Steuersätzen zu gewährleisten. Nach Ansicht des Deutschen Aktieninstitutes wird mit den Vorlagen die gute Tradition der Finanzmarktgesetzgebung fortgesetzt, die in den letzten Jahren den Finanzplatz Deutschland wesentlich gefördert und weiterentwickelt habe. Gleichwohl hätten die Ereignisse der letzten Jahre einen erheblichen Verlust an Anlegervertrauen mit sich gebracht, das es wiederzugewinnen gelte. Dazu müsse der Anlegerschutz deutlich verbessert werden, beispielsweise durch die Einführung der Organhaftung. Der Vertreter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kritisierte die fehlende wirksame Strafverfolgung bei Finanzdelikten in Deutschland. Seiner Ansicht nach spricht alles für die Schaffung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für derartige Delikte.
"Auch im internationalen Vergleich gut positioniert" sieht der Zentrale Kreditausschuss der deutschen Banken (ZKA) den Finanzplatz. Der ZKA teilte nicht die von Experten häufig vertretene negative Gesamtbeurteilung. Dennoch seien weitere Maßnahmen nötig, wie zum Beispiel die geplante Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Asset-Backed-Securities (ABS)-Finanzierungen, wie sie derzeit nur an ausländischen Finanzplätzen bestünden. Der Bundesverband der Finanzintermediäre an den deutschen Wertpapierbörsen (BFI) hält die bestehende öffentlich-rechtliche Börsenstruktur für angemessen und bewährt. Eine Privatisierung der Börse sei auch mit Blick auf den Anlegerschutz nicht ratsam. Ebenfalls ablehnend bewertete der BFI eine ausschließliche Fokussierung auf den Finanzplatz Frankfurt, der nur als Teil des Finanzstandortes Deutschland gesehen werden könne. Eine Abkehr vom funktionierenden System der Börsenaufsicht der Länder sollte allenfalls maßvoll und nur auf der Grundlage gesicherter Verbesserungen betrieben werden. Dem widersprach Professor Paul Bernd Spahn von der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, brauche es die Konzentration auf einen Börsenstandort in Deutschland, welcher nur Frankfurt am Main sein könne. Dort müsse auch die zu schaffende Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Finanzdelikte angesiedelt werden. Der Experte befürwortete außerdem eine zentrale Börsenaufsicht, auch wenn dazu das Grundgesetz geändert werden müsste.