Petitionsausschuss: Gestiegene Eingabezahlen im Jahr 2004
Es gilt das gesprochene Wort
Anlässlich der Vorstellung des Tätigkeitsberichts des
Petitionsausschusses für das Jahr 2004 vor der
Öffentlichkeit führt der Ausschussvorsitzende, Dr.
Karlheinz Guttmacher, aus:
"Heute um 10 Uhr habe ich gemeinsam mit den hier anwesenden
Vertretern der Fraktionen den Tätigkeitsbericht des
Petitionsausschusses für das Jahr 2004 an
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse übergeben.
Mit 17.999 Eingaben, die im Jahr 2004 an uns herangetragen wurden,
ist ein Anstieg um 15 Prozent gegenüber dem Jahr 2003
festzustellen. Blickt man zudem auf das Jahr 2002, sind es sogar 30
Prozent mehr. Das bedeutet, dass wir seit 2004 täglich
über 70 Zuschriften in die Bearbeitung geben, Tendenz nach wie
vor steigend.
Auffällig ist, dass es zu der enormen Zahl an Neueingaben noch
eine Fülle von Unterstützerschreiben gibt. Die Zahl
derer, die sich Rat und Hilfe suchend an den Petitionsausschuss
wenden, ist deshalb weitaus größer, als die eben
genannte Zahl von zirka 18.000 Neueingaben, die für sich
gesehen schon beeindruckend ist.
Die Anzahl solcher Massenpetitionen - also der Eingaben in
größerer Zahl mit dem selben Anliegen, deren Text ganz
oder im Wesentlichen übereinstimmt - ist deutlich gestiegen:
Von 54.505 im Vorjahr auf nunmehr 76.669. In 1.134 Sammelpetitionen
sind darüber hinaus 132.813 Unterschriften enthalten.
Das Berichtsjahr begann mit einer Flut von Eingaben zur
Gesundheitsreform und endete mit einer Fülle von Zuschriften
zu Hartz IV. Mit Fug und Recht kann der Petitionsausschuss deshalb
als der "politische Seismograph der Nation" bezeichnet
werden.
Die beachtliche Steigerung des Arbeitspensums ist eine echte
Herausforderung für jeden Abgeordneten unseres Ausschusses.
Hier sind enormer Arbeitseinsatz und Fachwissen gefordert.
Darüber hinaus auch Kreativität, um eine
bürgergerechte Antwort zu finden. Das gilt besonders für
ungewöhnliche Bitten. Etwa wenn ein leidenschaftlicher
Spaziergänger und Wanderer eine Umweltverschmutzung der
besonderen Art feststellt und deshalb in Anlehnung an das
Dosenpfand ein Kondom-Pfandgeld fordert.
Über vierzig Prozent aller Petitionen sind im Bereich des
Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung
angesiedelt. Es folgen die Bundesministerien der Justiz und
für Wirtschaft und Arbeit, die nicht ganz 10 Prozent
erreichen.
"Nach der Reform ist vor der Reform" möchte man sagen und so
wurde im Berichtszeitraum wieder klar, wie nah der
Petitionsausschuss "das Ohr am Puls der Zeit hat".
Für mich ist entscheidend, dass wir bei nahezu jeder zweiten
Petition etwas für die Menschen erreichen konnten. Zwar nicht
immer das Gewünschte, aber oftmals einen für alle
Beteiligten annehmbaren Kompromiss.
Wo nötig, können wir auch sehr hartnäckig sein und
konsequent von unseren besonderen Befugnissen Gebrauch machen. Und
diese Hartnäckigkeit zahlt sich aus. Dafür ein Beispiel:
Bürger des Ortsteils Dauelsen der Stadt Verden (Aller)
beschwerten sich über den ihrer Meinung nach unzureichenden
Lärmschutz an der Bahnstrecke Hannover - Bremen. Bereits in
der 13. Wahlperiode hatte der Ausschuss durch einen
Erwägungsbeschluss entscheidend dazu beigetragen, dass der
Streckenabschnitt im Bereich der Ortschaft Dauelsen als
Härtefall in das Sonderprogramm der Bundesregierung
"Lärmschutz an bestehenden Schienenwegen" aufgenommen worden
war. Nun ging es um ein Teilstück dieser Strecke, für den
keine Lärmschutzwand gebaut werden sollte. Nachdem die
Stellungnahmen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen bzw. des Eisenbahnbundesamtes nicht befriedigend
ausfielen, führte der Ausschuss einen Ortstermin mit allen
Beteiligten durch. Ein ergänzendes
Berichterstattergespräch mit Vertretern des Ministeriums
schloss sich an. Und schließlich folgte ein
Berücksichtigungsbeschluss des Deutschen Bundestages auf
Empfehlung des Ausschusses. Dieses konsequente Vorgehen zeigte
schließlich Wirkung. Vor wenigen Wochen kam die erfreuliche
Nachricht, dass die Bürger von Dauelsen die geforderte
Lärmschutzwand erhalten werden. An diesem Beispiel zeigt sich
sehr deutlich, dass die dem Petitionsausschuss zur Verfügung
stehenden Instrumente des Ortstermins und des erweiterten
Berichterstattergesprächs sehr hilfreich sein können, um
eine anfänglich zögernde Bundesregierung doch noch zu
einer bürgerfreundlichen Lösung zu bewegen.
Die Bandbreite der in den Ausschusssitzungen im Übrigen
erörterten Themen war groß. Als Beispiele nenne
ich:
den Nichtraucherschutz bei Behördengängen;
den Neudruck des Postleitzahlenverzeichnisses;
die Mautbefreiung für Fahrzeuge von Hilfsorganisationen;
die Kostenübernahme für Gebärdendolmetscher
während einer Berufsausbildung;
aber auch Bereiche wie Beschneidungen bei Mädchen und Frauen
in Afrika.
Ergänzend kann ich Ihnen nur die Lektüre des Berichtes
ans Herz legen. Sei es in gedruckter Form als Bundestagsdrucksache
15/5570, sei es auf unserer Homepage im
Internet, wo wir den Tätigkeitsbericht unter
www.bundestag.de eingestellt haben.
Damit nicht genug. Um noch mehr Bürgernähe zu zeigen,
haben wir im letzten Jahr im Rahmen von großen Messen am
Informationsstand des Deutschen Bundestages
Bürgersprechstunden durchgeführt. Dabei zeigte sich
zweierlei: Es ist wichtig, dass die Bürgerinnen und
Bürger ihre Sorgen und Nöte im direkten Gespräch mit
den Abgeordneten vortragen können. Und es ist nicht weniger
wichtig, dass das Petitionsrecht auf der Höhe der Zeit bleibt,
damit die Menschen es wahrnehmen. Hier sind wir über alle
Fraktionen hinweg präsent. Gerade in diesen Tagen wird im
Ausschuss der verstärkte Einsatz neuer Medien intensiv
beraten. Wir sind gerne bereit Fragen dazu zu beantworten.
Das Petitionsrecht hat Tradition, es hat sich bewährt und ist
es wert, Gesprächstoff zu sein. Insofern danke ich Ihnen sehr
für Ihre Aufmerksamkeit!"
Für Fragen steht Ihnen im Sekretariat des Ausschusses Ewald
Zimmermann, Tel.: 030 227 33845 zur Verfügung.
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