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Januar 01/2000
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ÖFFENTLICHE SITZUNG MIT SACHVERSTÄNDIGEN

Völlig neue Dimension künftiger Europäischer Union hervorgehoben

(eu) Mehrere vom Europaauschuss zum Thema "Ziele und Zukunft der Europäischen Union" eingeladene Sachverständige haben am 26. Januar hervorgehoben, mit der Erweiterung der Europäischen Union um ein Dutzend oder gar noch mehr Staaten werde die EU in eine völlig neue Ära starten. Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker betonte dabei, es gelte dieser völlig neuen Dimension dadurch Rechnung zu tragen, dass man die notwendigen Instrumente entwickele. Angesichts einer eher ab- als zunehmenden Unterstützung in der Bevölkerung für die bevorstehende Vollendung der Einheit Europas ermunterte von Weizsäcker insbesondere die Abgeordneten des Bundestages, diesen Prozess "in seiner existenziellen Dimension" noch stärker zur Sprache zu bringen.

Das Schlüsselproblem bei der bevorstehenden Regierungskonferenz der EU, so der ehemalige Bundespräsident weiter, sei, der innerhalb der EU erforderlichen Flexibilität mit der Möglichkeit einer verstärkten Zusammenarbeit von Mitgliedstaaten Bahn zu brechen. Insofern gingen die Beschlüsse des Gipfels der EU-Staats- und Regierungschefs von Helsinki nicht weit genug. Kernfrage ist Weizsäcker zufolge, ob die Europäer langfristig überhaupt eine Rolle in der Welt spielen wollten. Angesichts dieser Herausforderung bedürfe es bei der Regierungskonferenz wegweisender Beschlüsse.

Europaausschuss hört Sachverständige zu "Zielen und Zukunft der Europäischen Union"
Europaausschuss hört Sachverständige zu "Zielen und Zukunft der Europäischen Union": v. l. Vizekanzler a.D. Dr. Erhard Busek, Dr. Christian Deubner, Prof. Klaus Hänsch, MdEP, Prof. Beate Kohler-Koch, Prof. Werner Weidenfeld, Altbundespräsident Dr. Richard von Weizsäcker, Ausschussvorsitzender Dr. Friedbert Pflüger (CDU/CSU).

Auch der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Klaus Hänsch, erklärte, im Grunde müsse sich die EU angesichts einer Perspektive von bis zu 28 Mitgliedstaaten "neu erfinden". Von der inneren Logik der Union während der letzten 50 Jahre sei deshalb Abschied zu nehmen. Ein "Zurück" werde es nicht oder nur um den Preis unkalkulierbarer Verwerfungen, zunächst in Ost-, später auch in Westeuropa, geben, zeigte sich Hänsch überzeugt. Für diese völlig neue Qualität einer künftigen EU vermisste der Europaparlamentarier allerdings ein schlüssiges Konzept, das die Stabilität der EU sichern helfe. Hänsch prophezeite, im Ergebnis der bis Ende dieses Jahres abzuschließenden EU-Regierungskonferenz würden weitere derartige Zusammenkünfte angelegt sein. Selbst das Maximum des unter französischer Präsidentschaft Erreichbaren sei aus seiner Sicht nur das eben Notwendige. Man dürfe nicht annehmen, dass mit der Aufnahme weiterer Staaten der Prozess der inneren Konsolidierung der EU abgeschlossen sei.

Erhard Busek, ehemaliger österreichischer Vizekanzler, meinte ebenfalls, die Zäsur des Jahres 1989 sei noch nicht in ihrer vollen Tragweite begriffen worden. Es ginge darum, die Landkarte Europas quasi völlig "neu zu lernen". Professor Werner Weidenfeld vom Zentrum für angewandte Politikforschung in München erklärte vor dem Ausschuss, die jetzt anstehende Regierungskonferenz stelle erneut die "Dramatisierung der Machtfrage" in der Europäischen Union dar. Dies sei der nunmehr dritte Versuch, dieses Thema zu lösen.

Mittelfristig sagte Weidenfeld angesichts der für 2002 geplanten Einführung des Euro auch als Bargeld die Notwendigkeit voraus, einen Solidarrahmen zu schaffen. Angesichts bestehender wirtschaftlicher Heterogenität in der EU bedürfe es insofern einer Art Finanzausgleich, zeigte sich der Sachverständige überzeugt.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0001/0001022
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