PLENARDEBATTE ZUR SECHSTEN WELTKLIMAKONFERENZ Kohlendioxidausstoß in den Industrieländern deutlich senken(um) Die Umsetzung des Kyoto-Protokolls muss zu echten, signifikanten Minderungen von Treibhausgasemissionen in Industrieländern führen. So fasste Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) das Ziel der deutschen Verhandlungsposition für die sechste Weltklimakonferenz zusammen. Nur dann könne man von einem Erfolg sprechen, sagte Trittin bei der Plenardebatte im Bundestag am 9. November. Beim Gipfel in Den Haag gelte es deshalb, Einstimmigkeit zwischen den 180 beteiligten Staaten zu erreichen, ohne "Schlupflöcher", etwa im Handel mit Treibhausgasemissionen, zu übersehen. Die EU habe sich deshalb unter deutscher Ratspräsidentschaft auf eine Position der Zusätzlichkeit geeinigt. Danach dürfte höchstens die Hälfte der Reduktionen von Kohlendioxid im Ausland erbracht werden. Die Regelung begrenze wirkungsvoll den Verkauf nicht benötigter Emissionsrechte. In dieser Position werde die EU inzwischen auch von Indien, China, den afrikanischen Staaten und anderen Staaten unterstützt. Keine Nuklearprojekte zulassenDes Weiteren habe man sich in Europa darauf verständigt, eine Positivliste der zulässigen Projektkategorien für den Mechanismus umweltverträglicher Entwicklung zu bestimmen. Damit solle garantiert werden, dass Nachhaltigkeit in Entwicklungsländern durch hoch effiziente und "wirklich nachhaltige" Technologien wie etwa Solarkraftwerke gefördert werde. "Wir wollen sicherstellen, dass im Rahmen diese Mechanismus eben keine Nuklearprojekte zugelassen werden", so Trittin. Auch die Frage der Senken, also wie Kohlendioxid aus der Atmosphäre – etwa durch Wälder – gebunden werde, spiele in Den Haag eine Rolle. Dabei vertrat der Minister die Auffassung, Senken könnten das Klimaschutzproblem nicht lösen, sie drohten vielmehr selbst zu "tickenden Kohlenstoffbomben" zu werden. Der Umweltminister habe sich deshalb mit seinen europäischen Kollegen auf die Linie verständigt, dass Senkenaktivitäten, die über eine Aufforstung hinausgingen, bis auf weiteres nicht den Staaten angerechnet werden sollten. Auch nach den Worten von Ulrike Mehl von der SPD besteht bei den Senken das höchste Missbrauchspotenzial. Deshalb müsse es auf der Konferenz zu echten überprüfbaren Emissionsreduktionen kommen, die durch ein durchschaubares Kontroll- und Sanktionssystem gesteuert würden. Projekte mit zweifelhafter Umwelt- und Sozialauswirkung dürfe es nicht geben. Unabhängig von der Ergebnissen der Klimaschutzkonferenz sei es besonders wichtig, dass die Bundesregierung das nationale Klimaschutzprogramm bereits beschlossen habe, so Mehl. Es gelte nun, neue Technologien voranzubringen und von der Energieverschwendung weg, hin zur Kreislaufwirtschaft und Produktentwicklung zu gelangen. Dazu gehöre auch das Forschen und Arbeiten an einem neuen Lebensstil. Klaus Lippold (CDU/CSU) übte Kritik an den Beschlüssen der Regierung zum Atomausstieg und der Ökosteuer. Er prophezeite, dass die nötigen Emissionsreduktionen auf Dauer nicht zu erreichen seien, wenn Deutschland aus der Kernenergie aussteige. Mehr Tempo für KlimaschutzAuch müsse der Minister das Tempo, mit dem er im Klimaschutz voranschreite, "endlich verschärfen". Lippold verwies auf die von der alten Regierung erstellte Energieeinsparverordnung, die Trittin bisher nicht genutzt habe. In ihren Grundzügen bekräftigte er jedoch die Positionen des Bundesumweltministers und betonte, dass das Problem des Klimaschutzes "eine der größten Herausforderungen unserer Zeit" sei. Angesichts drohender Katastrophen, wie Verödung, Hungersnöte und Völkerwanderung, sei es wichtig, umgehend aktiv zu werden und sich die Ergebnisse der Wissenschaftler zu eigen zu machen. Den Mechanismus für eine nachhaltige Entwicklung betrachte er als Chance, dessen Synergieeffekte, Fortschritte im Klimaschutz und Armutsbekämpfung, genutzt werden sollten. Aus Sicht von Birgit Homburger (F.D.P.) war die Klimapolitik des Bundesumweltministers eine Politik hinter verschlossenen Türen, "Umweltpolitik nach Gutsherrenart". Weiter kritisierte Homburger, dass Deutschland noch nicht konkret auf den Börsengang mit Emissionszertifikaten vorbereitet sei, während in Dänemark ein solcher Handel bereits in wenigen Wochen beginnen werde. Auch warnte sie vor allzu großen Erwartungen für Den Haag. Die wirklich großen Erfolge seien bisher nur durch Zusatzinitiativen der jeweiligen Minister erreicht worden. "Konstruktive Vorschläge" sehe sie jedoch bei Trittin nicht. Emissionen steigen weiterEva Bulling-Schröter (PDS) bemängelte fehlendes Engagement der Bundesregierung bei der Umsetzung des Klimaschutzprogramms. Gerade im Verkehrsbereich wüchsen die Emissionen beständig an, so Bulling-Schröter. Weiter befürchte sie, dass der geplante Emissionshandel zugunsten "cleverer Unternehmen" und zulasten sowohl eines wirksamen Klimaschutzes als auch der ärmeren Teile dieser Welt ausgenutzt werden könnte. Bei der Debatte im Bundestag sind außerdem ein Entschließungsantrag von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen (14/4532) zur Erklärung der Bundesregierung angenommen worden. Er dringt darauf, Kohlendioxidsenken nicht als nachhaltige Umweltmechanismen zuzulassen. Auch einem Antrag der Koalitionsfraktionen (1956) zum Klimaschutz durch ökologische Modernisierung hat der Bundestag zugestimmt. Keine Mehrheit fanden ein Entschließungsantrag von CDU/CSU (14/4533). Sie forderte, Kürzungen im Ressort für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zurückzunehmen. Auf Empfehlung des federführenden Ausschusses (14/3835) ebenfalls abgelehnt wurden Anträge der Union zur Vertragsstaatenkonferenz in Bonn (14/1853), von der F.D.P. (14/1998) und der PDS (14/1992). |