Deutscher Bundestag
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August Extra/2000
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II . Blick in den Bundestag

4. Gesetzgebung

Schema der Gesetzgebung.

Schema der Gesetzgebung.

Gesetze

Zu unterscheiden sind Gesetze im materiellen und Gesetze im formellen Sinn. Gesetze im formellen Sinn sind alle im verfassungsmäßigen Gesetzgebungsverfahren vom Parlament verabschiedeten Willensakte. Für verfassungsändernde Gesetze ist nach dem Grundgesetz eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und des Bundesrates erforderlich. Ferner ist zwischen Bundes- sowie Landesgesetzen zu unterscheiden, je nachdem, ob sie vom Bund oder einem Land erlassen wurden. Bei Gesetzen im materiellen Sinn handelt es sich um hoheitliche Anordnungen, die sich an eine unbestimmte Anzahl von Personen zur Regelung einer unbestimmten Zahl von Fällen wenden.

Gesetzgebungskompetenz

Nach der Verfassung haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz es nicht auf den Bund übertragen hat. Im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn sie hierzu durch ein Bundesgesetz ausdrücklich ermächtigt sind.

- Ausschließliche Gesetzgebung

Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz unter anderem über alle auswärtigen Angelegenheiten wie Staatsangehörigkeit, Währungs- und Geldfragen sowie Einheit des Zoll- und Handelgebietes, außerdem über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in der Kriminalpolizei und über die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung.

- Konkurrierende Gesetzgebung

Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch macht. In diesen Bereichen hat der Bund das Recht zur Gesetzgebung, soweit eine Angelegenheit durch die Gesetzgebung der Länder nicht wirkungsvoll geregelt werden kann oder die Regelung in einem Land die Interessen anderer Länder oder der Gesamtheit beeinträchtigen könnten (Beispiel: Ozongesetzgebung). Im Übrigen erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung unter anderem auf das bürgerliche Recht, das Strafrecht und den Strafvollzug, das Personenstandswesen, das Vereinsrecht und das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht von Ausländern. Insgesamt sieht die Verfassung 28 Tatbestände und den Bereich der Versorgung der Angehörigen im öffentlichen Dienst vor, die der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz unterliegen.

- Rahmengesetzgebung

Der Bund kann Rahmenvorschriften für bestimmte Bereiche erlassen. Die Verfassung nennt Rechtsverhältnisse im öffentlichen Dienst, die Grundsätze des Hochschulwesens, die allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse, das Jagdwesen, den Naturschutz, die Landschaftspflege, die Bodenverteilung, die Raumordnung, den Wasserhaushalt und das Melde- und Ausweiswesen. Außerdem kann der Bund den rechtlichen Rahmen für den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ins Ausland setzen.

Gesetzentwürfe

Beim Bundestag werden Gesetzentwürfe durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Parlaments oder durch den Bundesrat eingebracht. Dabei sind Vorlagen der Bundesregierung zunächst dem Bundesrat zuzuleiten. Der Bundesrat kann innerhalb von sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung nehmen. Vorlagen der Länderkammer sind dem Bundestag durch die Bundesregierung innerhalb von drei Monaten zuzuleiten. Die Bundesregierung muss hierbei ihre Auffassung darlegen. Gesetzentwürfe aus der Mitte des Parlaments können von so vielen Abgeordneten eingebracht werden, wie eine Fraktion bilden können. Nach Beschluss des Bundestages kann auch eine parlamentarische Gruppe Gesetzentwürfe einbringen. Die Entwürfe können sofort im Parlament beraten werden.

Gesetzgebungsverfahren

Bundesgesetze werden vom Bundestag beschlossen. Sie sind nach ihrer Annahme unverzüglich dem Bundesrat zuzuleiten. Er kann binnen drei Wochen nach Eingang des Gesetzesbeschlusses verlangen, dass ein aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates für die gemeinsame Beratung von Vorlagen gebildeter Ausschuss, der so genannte Vermittlungsausschuss, einberufen wird. Soweit zu einem Gesetz die Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich ist, kann die Länderkammer gegen ein vom Parlament beschlossenes Gesetz binnen zwei Wochen Einspruch einlegen. Wird dieser mit der Mehrheit der Stimmen im Bundesrat beschlossen, so kann er durch einen mehrheitlichen Beschluss im Bundestag zurückgewiesen werden. Stimmt der Bundesrat zu, fertigt der Bundespräsident nach Gegenzeichnung durch die Regierung das Gesetz aus. Danach wird es im Bundesgesetzblatt verkündet.

Gesetzesberatung

Gesetzentwürfe durchlaufen im Bundestag drei Beratungen (Lesungen), mit Ausnahme von Ratifizierungsgesetzen, für die nur zwei Lesungen vorgesehen sind.

- Erste Beratung

Sofern der Ältestenrat eine Aussprache empfiehlt oder aber sie von so vielen Abgeordneten, wie eine Fraktion bilden können, oder von einer Gruppe beantragt wird, findet zu Gesetzentwürfen, die dem Bundestag zugeleitet wurden, bei der Einbringung eine Beratung statt. Viele Gesetzentwürfe werden ohne Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.

- Zweite Beratung

Nach der Beratung in den Fachausschüssen wird ein Gesetzentwurf in der vom federführenden Ausschuss vorgelegten Fassung vom Bundestag paragraphenweise beraten. Jeder Abgeordnete kann in diesem Stadium der Beratungen Änderungsanträge stellen. Es wird über jeden einzelnen Paragraphen abgestimmt.

- Dritte Beratung

Ist der Gesetzentwurf in der zweiten Beratung unverändert angenommen worden, folgt die dritte Beratung unmittelbar. Wenn Änderungen beschlossen worden waren, steht die dritte Beratung am zweiten Tag nach Verteilung der Drucksachen mit den beschlossenen Änderungen an, es sei denn, dass auf Antrag einer Fraktion oder von so vielen Abgeordneten, wie eine Fraktion bilden können, der Bundestag mit zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder beschließt, die Beratung der zweiten Lesung anzuschließen. Zu Gesetzent.würfen können Änderungsanträge eingebracht werden. Sie müssen von einer Fraktion oder fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages unterzeichnet sein. Sie dürfen nur auf diejenigen Bestimmungen bezogen sein, zu denen in zweiter Beratung die Änderungen beschlossen worden waren.

- Schlussabstimmung

Nach Schluss der dritten Beratung wird über den Gesetzentwurf abgestimmt. Über Verträge mit auswärtigen Staaten findet keine besondere Schlussabstimmung statt.

Artikelgesetz

Artikelgesetz nennt man das Gesetz, das gleichzeitig mehrere Gesetze, bisweilen auch unterschiedlicher Zielrichtung, ändert. Beispiel: Mit dem Mietenüberleitungsgesetz für Ostdeutschland wurden zum sozialverträglichen Übergang in die Vergleichsmiete das Miethöhegesetz, das Wirtschaftsstrafgesetz, das Schuldrechtanpassungsgesetz und das Wohngeldsondergesetz sowie die 1. und 2. Grundmietenverordnung und die Betriebskosten-Umlageverordnung geändert. Innerhalb des Gesetzes sind diese unterschiedlichen Bereiche durch Artikel voneinander abgehoben.

Ratifizierung

Von der Bundesregierung ausgehandelte völkerrechtliche Verträge, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften sowie eines Gesetzes. Das heißt, Bundestag und Bundesrat müssen den Verträgen zustimmen. Der Bundespräsident schließt namens des Bundes die Verträge. Im Bundestag werden Ratifizierungsvorhaben in zwei Lesungen durchgeführt.

Rechtsverordnungen

Die Bundesregierung, ein/e Bundesminister/in oder die Landesregierungen können per Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. In dem Gesetz müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt werden. In der Verordnung ist die Rechtsgrundlage anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, dass eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung. Für Rechtsverordnungen aufgrund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrag des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden, ist die Zustimmung des Bundesrates erforderlich. Der Bundestag ist nur in Ausnahmefällen mit der Beratung von Verordnungen befasst. So kann er nach dem Außenwirtschaftsgesetz innerhalb von vier Monaten nach Verkündung auf Aufhebung einer Verordnung dringen.

Verwaltungsvorschriften

Verwaltungsvorschriften sind Regelungen, die innerhalb der Organisation der öffentlichen Verwaltung von übergeordneten Behörden oder von Vorgesetzten an nachgeordnete Behörden oder Bedienstete ergehen. Sie dienen dazu, die Tätigkeit der Verwaltung näher zu bestimmen und einheitlich zu gestalten. Von großer Bedeutung sind etwa die für die Praxis der Finanzbehörden maßgeblichen Steuerrichtlinien oder die Vergaberichtlinien für die Gewährung von Subventionen. Verwaltungsvorschriften können einerseits Organisation, Zuständigkeiten und Verfahren der Behörden ordnen. Sie können aber auch die Anwendung der oft nur allgemein gehaltenen Gesetze durch Auslegungs- oder Ermessensvorschriften konkretisieren. Anders als die Rechtsverordnungen bedürfen die Verwaltungsvorschriften keiner gesetzlichen Grundlage.

Die Europäische Flagge.
Die Europäische Flagge.

EG-Richtlinien

Der Rat der Europäischen Gemeinschaften erlässt auf Vorschlag der Kommission Richtlinien für die Angleichung derjenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des gemeinsamen europäischen Marktes auswirken. Das Europäische Parlament (EP) wirkt in unterschiedlich stark ausgeprägter Weise bei der Beschlussfassung mit. Die Beteiligungsformen reichen von einer bloßen Anhörungspflicht bis hin zu Mitentscheidungsmöglichkeiten, und in bestimmten Fällen ist sogar die Zustimmung des EP erforderlich. Zu den Richtlinien werden unter Umständen auch der europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen gehört. Die Richtlinien werden anschließend den gesetzgebenden Körperschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten zur Beschlussfassung zugeleitet. Die Richtlinien sind für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet werden, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, den innerstaatlichen Stellen ist jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlassen.

EG-Verordnungen

EG-Verordnungen haben allgemeine Geltung. Sie sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Die EG-Verordnungen werden im Amtsblatt der Gemeinschaft veröffentlicht. Sie treten an einem festgelegten Zeitpunkt oder am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bpextra/bextr017
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