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August Extra/2000
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III. Europa

Europäische Union

Die Europäische Union (EU) besteht seit dem 1. Januar 1995 aus 15 Mitgliedstaaten. Sie ist weder Bundesstaat noch Staatenbund, sondern ein Staatenverbund, in dem die Mitgliedstaaten die "Herren der Verträge" bilden. Die EU verfügt zwar gem. Art. 3 des Vertrages über die Europäische Union (EU-V) über einen einheitlichen institutionellen Rahmen, sie besitzt jedoch keine Rechtspersönlichkeit. Grundlage der Union sind die Europäischen Gemeinschaften, ergänzt durch die mit diesem Vertrag eingeführten Politiken und Formen der Zusammenarbeit (Art. 1 Abs. 3 EU-V). Weit reichende inhaltliche und formale Änderungen der Verträge, auf denen die EU beruht, sind durch den Maastrichter Unionsvertrag (EU-V), in Kraft getreten am 1. 11. 1993, und den Amsterdamer Vertrag, in Kraft getreten am 1. 5. 1999, herbeigeführt worden. Seit dem Maastrichter Unionsvertrag sind die Europäischen Gemeinschaften die erste "Säule" der Europäischen Union. Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres bilden die beiden weiteren Säulen. Mit der Europäischen Union wurde dabei das gemeinsame Dach geschaffen, welches die gesamte neue Ordnung überwölbt. Durch den Amsterdamer Vertrag wurden vor allem Veränderungen bei der zweiten und dritten Säule vorgenommen. Außerdem bringt der Vertrag eine Reihe institutioneller Reformen mit sich.

Europa auf dem Stier.
Europa auf dem Stier.

Europäische Gemeinschaften

Zu den drei Europäischen Gemeinschaften, die die wichtigste Säule der Europäischen Union bilden, gehören die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) - EGKS -, die Europäische Gemeinschaft - EG - (früher: Europäische Wirtschaftsgemeinschaft - EWG -) und die Europäische Atomgemeinschaft - EAG oder EURATOM. Der Vertrag über die Gründung der EGKS trat bereits 1952 in Kraft. 1958 folgten die Verträge zur Gründung der EWG und EAG. Die drei Gemeinschaften sind durch gemeinsame Organe und durch das Gemeinschaftsrecht eng miteinander verflochten. Ziel der Europäischen Gemeinschaften ist es eine Integration Europas auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet herbeizuführen. Die Gemeinschaftsverträge sollen die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker schaffen.

Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)

Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der Europäischen Union ist einer der Gegenstände des Vertrages über die Europäische Union (EU-V), innerhalb dessen sie eigenständig (zweite Säule) neben den Verträgen der drei Europäischen Gemeinschaften (EG) besteht. Die Ziele der GASP sind weit gefächert. Sie reichen von der Durchsetzung gemeinsamer Werte und Interessen einschließlich der militärischen Sicherheit bis zur Durchsetzung von Belangen der Völkergemeinschaft. Als neue Institution, die dem Generalsekretär des Rates der EU, Javier Solana, zugewiesen ist, führt der Amsterdamer Vertrag einen so genannten "Hohen Vertreter" für die GASP ein. Außerdem wird die Rolle des Europäischen Rates gestärkt, indem dieser gemeinsame Strategien beschließen kann. Die grundsätzliche Trennung zwischen den Außenbeziehungen der EG und intergouvernementaler Zusammenarbeit der Mitgliedsländer in Angelegenheiten der Außen- und Sicherheitspolitik bleibt dagegen im EU-Vertrag erhalten.

Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres

Die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres als dritte Säule der Union wurde durch den Amsterdamer Vertrag neu gestaltet. Dabei wurde ein erheblicher Teil (z.B. Visa, Asyl und Einwanderung) aus der dritten Säule in die erste Säule der Union übertragen. Im Bereich der dritten Säule verbleiben damit nur mehr die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS). Hier soll durch die Ausstattung von Europol mit operativen Befugnissen und durch Annäherung der Strafvorschriften der Mitgliedstaaten eine engere Zusammenarbeit der Polizei-, Zoll-, Justiz- und anderen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erreicht werden.

Unterzeichnung des EGKS-Vertrages am 18. April 1951 in Paris.
Unterzeichnung des EGKS-Vertrages am 18. April 1951 in Paris.

Wirtschafts- und Währungsunion (WWU)

Der Maastrichter Unionsvertrag hat in den EG-Vertrag eine enge Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten im Zeichen der Haushaltsdisziplin sowie das Programm einer Vergemeinschaftung der Währungspolitik eingeführt. Zentrales Anliegen der dadurch angestrebten WWU ist die Schaffung einer stabilen Währung bei gesunder Finanzlage der Mitgliedstaaten. Der Prozess der Währungsumstellung lässt sich in drei Phasen gliedern. Die Phase A ist mit der Entscheidung des Rates auf dem Brüsseler Gipfel vom Mai 1998 über den Eintritt in die dritte Stufe der WWU zum 1. Januar 1999 mit elf Teilnehmerstaaten eingeleitet worden.

In die Phase B fällt der tatsächliche Beginn der Währungsunion seit 1. Januar 1999 mit der Festlegung der Umrechnungskurse der teilnehmenden Währungen sowie der Übernahme hoheitlicher Befugnisse durch die Europäische Zentralbank.

Euro-Banknoten und Euro-Münzen werden ab Phase C (1. Januar 2002) gegen die nationalen Barzahlungsmittel ausgetauscht.

Gemeinschaftsrecht

Im Gemeinschaftsrecht existiert ein ähnlicher Stufenbau der Rechtsnormen wie im innerstaatlichen Recht. An der Spitze steht das "primäre" Gemeinschaftsrecht, das die Gründungsverträge und die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts umfasst. Die Verträge bilden die Grundlage des von den Gemeinschaftsorganen erlassenen "sekundären" Gemeinschaftsrechts (Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen). Bestandteil des Gemeinschaftsrechts sind auch die von den Gemeinschaften abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge mit Staaten und anderen internationalen Organisationen.

Marktfreiheiten

Der gemeinschaftliche Binnenmarkt ist durch die vier Grundfreiheiten des Art. 14 II des EG-Vertrages – freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital – gekennzeichnet. Die Freiheit des Personenverkehrs lässt sich in die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und die unternehmerische Niederlassungsfreiheit gliedern. In enger Verbindung mit den Grundfreiheiten steht die Sicherung des freien Zahlungsverkehrs, die zuweilen auch als fünfte Grundfreiheit verstanden wird. Es existiert damit ein gemeinsamer Markt ohne Schranken zwischen den Mitgliedstaaten.

Kommission

Die Kommission ist das Hauptorgan der Europäischen Gemeinschaften und besteht aus 20 unabhängigen Mitgliedern, die von den Regierungen der Mitgliedstaaten für vier Jahre ernannt werden. An der Spitze dieses Organs steht der Kommissionspräsident, der auch dem Europäischen Rat angehört. Der Amsterdamer Vertrag verschafft dem Kommissionspräsidenten durch die Beteiligung des Europäischen Parlaments bei seiner Benennung eine größere demokratische Legitimierung. Da die Auswahl der anderen Kommissionsmitglieder nun im Einvernehmen mit dem Kommissionspräsidenten erfolgt, wird seine Position im Kollegium der Kommission gestärkt. Die Kommission nimmt vor allem Aufgaben einer Exekutive der Gemeinschaften wahr. Diese liegen hauptsächlich in der Überwachung der Einhaltung des Gemeinschaftsrechts, der Abgabe von Empfehlungen und Stellungnahmen, der Wahrnehmung eigener Regelungsbefugnisse, der Ausübung von Durchführungsbefugnissen aufgrund einer Ermächtigung des Rates und der Mitwirkung am Erlass von Rechtsakten des Rates und des Europäischen Parlamentes. Die Beschlüsse der Kommission werden mit der Mehrheit der Mitglieder gefasst. Eine für das Jahr 2000 vorgesehene Regierungskonferenz soll sich mit der Reform der Kompetenzen und Aufgaben von Kommission und Rat sowie deren Zusammensetzung beschäftigen.

Das Europäische Parlament in Straßburg.
Das Europäische Parlament in Straßburg.

Rat

Der Rat wird häufig auch als Ministerrat bezeichnet, weil er sich aus je einem national weisungsgebundenen Fachminister der 15 nationalen Regierungen zusammensetzt. Bei der Rechtsetzung hat der Rat meist das entscheidende Wort. Weitere wichtige Aufgaben bestehen in der Wahrnehmung von Haushaltskompetenzen, der Mitwirkung beim Abschluss völkerrechtlicher Verträge und der Ausübung von bestimmten Exekutivbefugnissen. Außerdem ernennt er die Mitglieder des Rechnungshofes, des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen. Der Ratsvorsitz wechselt alle sechs Monate. Um besonders wichtige Entscheidungen zu treffen, tritt der Rat in den vertraglich vorgesehenen Fällen nicht auf Ministerebene, sondern auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs zusammen (sogenannter "Europäischer Rat"). In dieser Zusammensetzung hatte er beispielsweise über den Eintritt in die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion zu entscheiden.

Europäisches Parlament (EP)

Das Europäische Parlament (EP) besteht aus Vertretern der Völker der in der Gemeinschaft zusammengeschlossenen Staaten. Es hat 626 für fünf Jahre gewählte Abgeordnete, die weder der Regierung eines Mitgliedstaates noch einem leitenden Gemeinschaftsorgan angehören dürfen. Auf die Bundesrepublik entfallen 99 Sitze, wovon nach der 5. Direktwahl im Jahre 1999 die SPD 33, die CDU 43, die GRÜNEN 7, die CSU 10 und die PDS 6 erhalten haben. Die parlamentsinterne Organisation des EP unterscheidet sich in der Grundstruktur nicht wesentlich von der Organisation des Bundestags.

Die Kompetenzen des EP im Rechtsetzungsverfahren sind je nach Verfahrensart unterschiedlich. Der Amsterdamer Vertrag beinhaltet deutliche Verbesserungen für das EP. Besonders wichtig ist, dass das Verfahren der Zusammenarbeit grundsätzlich entfällt und dass der Anwendungsbereich des Mitentscheidungsverfahrens erheblich ausgeweitet wird. Im Haushaltsrecht hat das EP die größten Rechtsetzungsbefugnisse. Außerdem kann das EP einige Kontrollrechte ausüben; es hat unter anderem das Recht, der Kommission das Misstrauen auszusprechen, Fragen an die Kommission zu richten und Untersuchungsausschüsse einzurichten.

Europäischer Gerichtshof (EuGH)

Der EuGH mit Sitz in Luxemburg hat die Aufgabe, die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Gemeinschaftsverträge sowie der von Rat oder Kommission erlassenen Normen zu sichern. Der EuGH besteht aus 15 Richtern und wird von 9 Generalanwälten unterstützt. Er ist vor allem zuständig für Entscheidungen über Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten sowie über Klagen der Kommission gegen einen Mitgliedstaat wegen Verletzung der Gemeinschaftsverträge (so genanntes Vertragsverletzungsverfahren); ferner entscheidet er über die Rechte und Pflichten der EG-Organe und über den Gerichtsschutz des Einzelnen gegen Akte der europäischen Gewalt. So kann bei Verletzung der Gemeinschaftspflichten Nichtigkeits- oder Untätigkeitsklage sowie nach Nichtigkeitserklärung eines Gemeinschaftsaktes Amtshaftungsklage beim EuGH in Betracht kommen. Dem Gerichtshof ist seit dem Jahre 1989 ein weiteres Gericht zur Entlastung angegliedert worden: das Gericht erster Instanz (EuG).

Europäischer Rechnungshof

Der Rechnungshof besteht aus 15 Mitgliedern (eines aus jedem Mitgliedstaat). Er ist eine unabhängige Rechnungsprüfungsbehörde, die alle Einnahmen und Ausgaben der von der Gemeinschaft geschaffenen Einrichtungen auf ihre Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft. Nach Abschluss eines jeden Haushaltsjahrs erstattet er einen Jahresbericht, der im Amtsblatt der EG veröffentlicht wird.

Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA) und Ausschuss der Regionen (AdR)

Die Nebenorgane WSA und AdR bestehen jeweils aus 222 Mitgliedern. Auf die Bundesrepublik und die anderen großen Mitgliedstaaten entfallen jeweils 24 Ausschussmitglieder. Im WSA sind die verschiedenen Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens vertreten. Seine Stellungnahmen zu Regelungsvorhaben bilden eine wichtige Brücke zwischen dem Rechtsetzungsprozess auf der Gemeinschaftsebene und den innerstaatlichen Interessengruppen. Der AdR, in dem die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften vertreten sind, bringt ebenfalls seine Interessen und seinen Sachverstand in den Willensbildungsprozess der EU ein.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bpextra/bextr027
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