GESETZENTWURF DER BUNDESREGIERUNG
Angebote zum Wertpapiererwerb und für Unternehmensübernahmen regeln
(fi) Die Bundesregierung will öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren und für Unternehmensübernahmen regeln. Dazu hat sie einen Gesetzentwurf (14/7034) vorgelegt, den der Bundestag am 11. Oktober zur Beratung an den Finanzausschuss überwiesen hat.
Unternehmensübernahmen nehmen nach Darstellung der Regierung weltweit ständig zu und haben für den Strukturwandel eine große Bedeutung. Daher sei es erforderlich, einen Rechtsrahmen für die unmittelbar an Übernahmen Beteiligten und für die Akteure an den Finanzmärkten bereitzustellen. Zudem sollen allgemeine Mindestbedingungen für öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren einer börsennotierten Gesellschaft festgelegt werden, auch wenn diese nicht mit einem "Kontrollerwerb" in Verbindung stehen. Das Gesetz solle daher auch auf öffentliche Angebote unterhalb der Kontrollschwelle und auf Angebote, die der Konsolidierung einer bestehenden Beteiligung dienen, angewendet werden können.
Im Mittelpunkt steht ein neues Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, das Unternehmensübernahmen regelt, deren Ziel Gesellschaften mit Sitz in Deutschland sind. Geregelt werden sollen aber auch alle öffentlichen Angebote, die auf den Erwerb von Aktien dieser deutschen Gesellschaften gerichtet sind. Ferner sollen Angebote erfasst werden, die sich nur auf Wertpapiere beziehen, die den Aktienerwerb zum Gegenstand haben.
Pflichten des Bieters
Die Regierung will den Bieter verpflichten, seine Entscheidung zur Abgabe des Angebotes sofort zu veröffentlichen. Darüber hinaus müsse er in deutscher Sprache zu dem Angebot Stellung nehmen und dabei Angaben zur Finanzierung des Angebots, zu seiner finanziellen Lage nach einem erfolgreichen Angebot und zu mit ihm gemeinsam handelnden Personen machen. Schließlich solle er auf die voraussichtlichen Folgen für die künftige Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft und sein eigenes Unternehmen eingehen. Dazu gehörten Angaben zu geplanten Sitz- oder Standortverlagerungen sowie zu Auswirkungen auf die Arbeitnehmer und ihre Beschäftigungsbedingungen.
Vorstand soll sich äußern
Der Vorstand der Zielgesellschaft soll verpflichtet werden, eine Stellung-nahme zu dem Angebot abzugeben und zu begründen. Seinen Arbeitnehmern soll er die ihm vom Bieter übermittelten Informationen mitteilen. Der Bieter müsse nach der Veröffentlichung einer Angebotsabgabe die Angebotsunterlage innerhalb von vier Wochen der Aufsichtsbehörde zur Überprüfung übermitteln. Die Annahmefrist bei Angeboten solle höchstens zehn Wochen betragen.
Vorgesehen ist ebenso ein Pflichtangebot, um einem Minderheitsaktionär bei einer Unternehmensübernahme, der kein öffentliches Angebot vorausgegangen ist, die Möglichkeit zu geben, seine Beteiligung an dem Unternehmen zu einem "angemessenen Preis" verkaufen zu können. Ein Pflichtangebot werde ausgelöst, heißt es, wenn 30 Prozent der Stimmrechte an einer Gesellschaft erlangt werden. Dem Bieter stehe es frei, den Aktionären der Zielgesellschaft Geld oder liquide Aktien anzubieten.
Durch eine Änderung des Aktiengesetzes will die Regierung ein neues Rechtsinstitut ("Squeeze-out") einführen, um den Ausschluss von Minderheitsaktionären zu regeln. Der Aktionär, dem mindestens 95 Prozent der Gesellschaftsanteile gehören, solle die Minderheitsaktionäre gegen eine Barabfindung aus der Gesellschaft ausschließen können. Die Mehrkosten für die Bieter auf Grund dieser Regelungen gibt die Regierung mit 3,7 Millionen DM an.
Der Bundesrat bittet in seiner Stellungnahme um einige Korrekturen und Prüfungen. Unter anderem sei sicherzustellen, dass solche öffentlichen Kauf- oder Tauschangebote zum Erwerb von Wertpapieren nicht vom Gesetz erfasst werden, die zu keiner erheblichen Veränderung der Stimmrechtsverhältnisse in der Zielgesellschaft führen können.
Die Bundesregierung stimmt in ihrer Gegenäußerung (14/7090) den Einwendungen überwiegend nicht zu. So teilt sie nicht die Befürchtung, dass Kleinanleger, die im normalen Börsenbetrieb Aktien für die private Vermögensbildung kaufen, nunmehr als Bieter den umfangreichen Mitteilungs- und Dokumentationspflichten des Gesetzes unterliegen sollen.
Verbände begrüßen Entwurf
In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses begrüßten der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft am 18. Oktober den Entwurf. Sie befürworteten, dass die Hauptversammlung den Vorstand unabhängig vom Vorliegen eines Übernahmeangebotes ermächtigen kann, dafür zu sorgen, dass das Angebot verhindert wird.
Kritisiert wird allerdings, dass es darauf ankommen soll, ob das Vorgehen des Vorstands der Zielgesellschaft die Übernahme "objektiv" verhindern kann. Dies würde zu Unsicherheiten führen, ob eine Handlung erlaubt ist oder nicht, so die Verbände. Es solle daher für das Verbot bestimmter Handlungen des Vorstands nur darauf ankommen, ob damit der Erfolg des Angebots "verhindert werden soll".