KONTROVERSE IM WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS
Vorhaben eines "Kohlesockels" stößt auf unterschiedliches Echo
(wi) Die langfristige Kohlepolitik der Bundesregierung hat der Wirtschaftsausschuss am 10. Oktober unter die Lupe genommen. Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) teilte den Abgeordneten mit, dass der Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) im Juli 2002 ausläuft. Die nationale Steinkohleförderung sei bis Ende 2007 mit der EU-Kommission abgesprochen.
Eine langfristige Kohlepolitik werde aber erschwert durch das Vorhaben Brüssels, nach 2010 keine Subventionen für den Steinkohlebergbau mehr zu genehmigen. Ziel der Bundesregierung sei es jedoch, langfristig einen "Kohlesockel" aus Gründen der Versorgungssicherheit beizubehalten. Wichtig sei es, die deutsche Kohlepolitik so gut wie möglich EU-rechtlich abzusichern.
"Schlussstrich ziehen"
Unterstützung fand der Minister bei der SPD-Fraktion. Es sei zu hoffen, hieß es, dass eine "beihilferechtliche Freistellung" eines nationalen Kohlesockels noch gelingen kann, um Planungsunsicherheit zu vermeiden. Bündnis 90/Die Grünen hielten den Plan der Kommission, 2010 einen Schlussstrich zu ziehen, für richtig. Ein Versorgungssockel mit deutscher Steinkohle in einer globalisierten Wirtschaft sei nicht erforderlich. Auch wäre im Falle eines EU-Kohlesockels die deutsche Steinkohle angesichts der Osterweiterung nicht diejenige, die am wirtschaftlichsten gefördert werden könnte.
Die Union empfahl dem Minister einzuräumen, dass sich ein Kohlesockel nicht realisieren lasse. Dem hielt Müller entgegen, dass man aus Gründen der langfristigen Versorgungssicherheit einen großen Anteil deutscher Kohle an der Energieversorgung haben wolle. Für die FDP liegt auf der Hand, dass ein nationaler Energiesockel, der dauerhaft subventioniert würde, keine Chance in der EU hätte. Wer die Kernenergie aus dem Markt nehme, so die Liberalen, müsse sich nicht wundern, wenn die Versorgungssicherheit nachlasse.
In einem Antrag (14/7082) tritt die FDP dafür ein, den Steinkohlebergbau nach 2005 nicht mehr zu subventionieren. Für die Zeit von 2002 bis einschließlich 2005 sollen die vorgesehenen Subventionen des Bundes und der Länder in Höhe 25,7 Milliarden DM halbiert werden, so die Abgeordneten. Sie fordern die Regierung auf, letztmalig für 2005 2 Milliarden DM zu zahlen und die Kosten für die Folgeschäden des Bergbaus zu übernehmen. Auf Grund der dadurch notwendigen Stellenstreichungen könnten betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen werden. Den oft noch jungen Bergbaubeschäftigen müsse jetzt ehrlich gesagt werden, dass sie die Chance ihrer zumeist sehr guten beruflichen Qualifikation nutzen sollten. Mit den freiwerdenden Mitteln würden laut FDP der Bundeshaushalt und der Landesetat Nordrhein-Westfalens mehr Spielräume für Zukunftsaufgaben erhalten.
Energieversorgung sichern
Die Liberalen wollen darüber hinaus das Energiesicherungsgesetz auch bei Störungen anwenden, deren Ursachen im Inland liegen. Dies geht aus dem Gesetzentwurf (14/7151) hervor. Zur Begründung heißt es, die Terroranschläge in den USA hätten gezeigt, dass Störungen der Energieversorgung, deren Ursachen im Inland liegen, nicht mehr ausgeschlossen werden könnten. Die Bedingung für staatliches Handeln per Rechtsverordnung, dass nämlich die Störung der Energieversorgung durch "marktgerechte Maßnahmen" nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln zu beheben sei, bliebe dabei unverändert, so die Fraktion.