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103/2002
Stand: 19.04.2002
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Experten uneins über Gesetzentwurf zur Einführung von Volksinitiativen

Innenausschuss (Anhörung)/

Berlin: (hib/JUM) Plebiszitäre Verfahren schaffen die zunehmende Politikverdrossenheit nicht aus der Welt, im Gegenteil: Sie schwächen die parlamentarische Demokratie. Das sagte Professor Peter Badura am Freitag anlässlich einer Anhörung des Innenausschusses zum Gesetzentwurf der Koalitionsparteien (14/8503). Dem Entwurf zufolge sollen Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid in das Grundgesetz eingeführt werden. Badura betonte, plebiszitäre Abstimmungen seien weniger leistungsfähig. Komplexe Fragen wie die friedliche Nutzung von Atomenergie müssten hochgradig vereinfacht werden, um für eine Ja/Nein-Entscheidung geeignet zu sein. Die Folge: Populäre Einzelfragen würden aus dem für eine sachgerechte und planvolle Politik notwendigen Kontext herausgelöst. Auch kritisierte Badura, dass das "Volk" in Wahrheit aus politischen Parteien und Gruppen bestünde, denen die Klinke zur Volksgesetzgebung in die Hand gegeben werde. Professor Christoph Degenhart von der Universität Leipzig wandte dagegen ein, dass Quoren die direktdemokratische Legitimation einer plebiszitären Gesetzgebung sicherten. Er und Professor Peter Huber von der Universität Bayreuth kritisierten, dass der Gesetzentwurf gegen die Bundesratsklausel (Art.79, Abs.3 GG) verstoße. Dem Entwurf zufolge soll bei Gesetzen, die der Zustimmung des Bundesrats bedürfen, das Ergebnis der Abstimmung in einem Land als Abgabe einer Bundesratsstimme gelten. Das Grundgesetz dagegen schreibt in Art.79,3 die Mitwirkung der Länder als Gebietskörperschaften vor, die durch ihre verfassungsmäßigen Organe handeln und von dieser Aufgabe nicht durch verfassungsgesetzlich Regelungen des Bundes befreit werden können.

Professor Bernhard Kempen von der Universität Köln beurteilte den Gesetzentwurf verfassungspolitisch. Er gab zu bedenken, dass finanzstarke gesellschaftliche Kräfte wie Gewerkschaften oder Medienkonzerne durch groß angelegte Kampagnen die politische Willensbildung der Gesellschaft manipulieren könnten. Populismus anstelle von Rationalität könnte das Leitmotiv der Volksgesetzgebung werden, warnte Kempen. Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit, Ex-Senatorin von Hamburg, hingegen begrüßte den Gesetzentwurf ausdrücklich. Er sei ein gutes Mittel gegen Politikverdrossenheit und der richtige Schritt hin zu mehr Demokratie.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2002/2002_103/01
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