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063/2004
Stand: 10.03.2004
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Sinnhaftigkeit eines nachhaltigen Walfangs bei Experten umstritten

Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (Anhörung)

Berlin: (hib/POT) Die Frage, inwieweit es sinnvoll ist, dass seit 1986 bestehende Moratorium für den kommerziellen Walfang aufzuheben und Wale künftig nach bestimmten Fangquoten wieder jagen zu können, ohne deren Bestände zu gefährden, ist von den Experten einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zum Thema "Schutz der Walbestände" am Mittwochmorgen kontrovers beurteilt worden. Professor Lars Walløe, norwegisches Mitglied im Wissenschaftsausschuss der Internationalen Walfang-Kommission (IWC), wies darauf hin, dass die Forschungen norwegischer Wissenschaftler ergeben hätten, dass der Bestand von Minkwalen im Nordatlantik nicht gefährdet sei. Deshalb sei in Norwegen, das sich aufgrund eines Vetos nicht an das geltende Walfang-Moratorium gebunden fühlt, die Jagd von jährlich rund 700 Minkwalen zugelassen worden. Diese Zahl bewege sich im Rahmen der vom Wissenschaftsausschuss der IWC empfohlenen Quote von ein Prozent des regionalen Walbestandes, die als nachhaltig und nicht bestandsgefährdend zu gelten habe. Darüber hinaus wies er auf die kulturelle und wirtschaftliche Tradition und die Bedeutung des Fischfangs in Norwegen hin, zu der auch der Walfang seit Jahrhunderten gehöre. Sowohl die wissenschaftlichen Bestandserhebungen als auch die Tötungsmethoden seien so verbessert worden, dass der norwegische Walfang in dem begrenzten Umfang gerechtfertigt sei. Nach Ansicht von Jóhan Sigurjónsson, Generaldirektor des Instituts für Meeresforschung in Island, wurde das Walfang-Moratorium 1986 eingeführt, weil es früher Ignoranz und ein Mangel an Wissen beim Walfang gegeben habe, der einige Walarten an den Rand des Aussterbens gebracht habe. Inzwischen seien das Wissen über Bestände und die Methoden der Bewirtschaftung aber so erweitert worden, dass eine nachhaltige Jagd von nicht vom Aussterben bedrohten Walarten wieder möglich erscheine. Für Island sei der Export von maritimen Ressourcen von großer wirtschaftlicher Bedeutung, so dass das Land ein großes Interesse daran habe, die Rolle der Wale im maritimen Ökosystem weiter zu untersuchen und die Frage zu klären, ob Wale eine Gefahr für die Fischbestände darstellen.

Ursula Siebert vom Forschungs- und Technologiezentrum Westküste wies besonders auf die Gefahren hin, denen die Wale in heimischen Gewässern ausgesetzt sind. Hierzu zählte sie vor allem anthropogene Eingriffe wie die Verschmutzung der Meere durch Schadstoffe, die Unterwasserlärmbelastung und der Beifang von Walen in der Fischerei. Wenn nicht bald gravierende Walschutzmaßnahmen ergriffen würden, sei beispielsweise das Aussterben des Schweinswals in der Ostsee nicht mehr aufzuhalten. "Die Zeit des Walfanges ist vorbei und die Zeit des Walschutzes hat angefangen", erklärte Thomas Henningsen von Greenpeace. Aufgrund der bedrohlichen Umweltveränderungen im Lebensraum der Wale durch die Langzeitfolgen der schleichenden Meeresverschmutzung, der Beifänge, der Überfischung der Meere und der Folgen des Klimawandels, sei es vollkommen verfehlt, über ein Wiederzulassen des kommerziellen Walfangs auch mit festgesetzten Quoten nachzudenken. Zudem betonte er, dass mit der seit einigen Jahren existierenden touristischen Wal-Beobachtung, dem so genannten "Whale Watching", inzwischen mehr Geld erwirtschaftet würde als mit dem Walfang.

Diese Einschätzung wurde vom Wissenschaftler Klaus Barthelmeß bestritten. Nach seinen Angaben kolportieren Walschutzbefürworter nicht zutreffende, überhöhte Zahlen. Nach Berichten hätten viele Whale Watching-Unternehmen im letzten Jahr deutliche Verluste gemacht. Der Begriff des Walschutzes, so Barthelmeß weiter, sei ein "Gummibegriff", der leicht politische Interessen verschleiere. Während sich Artenschutz wissenschaftlich begründen lasse, sei der beim Walfang immer wieder angeführte Tierschutz ethisch begründet und damit etwas Kulturspezifisches, dass anderen Kulturen nicht aufgedrängt werden sollte. Für Justin Cooke von der World Conservation Union ist die kompromisslose Haltung der strikten Walschutzbefürworter in der IWC, zu der auch die Bundesregierung zähle, dafür verantwortlich, dass es immer noch kein international akzeptiertes Regelungssystem für den Walfang gibt. Notwendig sei statt einer rein "publikumsorientierten Politik" eine wissenschaftlich fundierte Walfangregelung.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2004/2004_063/01
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