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170/2004
Stand: 28.06.2004
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Experten wollen Handelsregister weiterhin von Gerichten führen lassen

Rechtsausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/VOM) Die meisten der neun geladenen Sachverständigen haben sich am Montagnachmittag dagegen ausgesprochen, dass den Bundesländern die Möglichkeit gegeben wird, die Führung der Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister von den Amtsgerichten auf andere Stellen, vornehmlich die Industrie- und Handelskammern (IHK), zu übertragen. In einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses zu einem Entwurf des Bundesrates für ein Register-Führungsgesetz (15/1890) sagte der Präsident des Amtsgerichts Stuttgart, Helmut Borth, das Hauptproblem sei die Rechtszersplitterung, wenn einige Bundesländer von der Öffnungsklausel Gebrauch machen, andere jedoch nicht. Er sei nicht sicher, sagte Borth, ob es angesichts des großen Einflusses der EU auf die Rechtsetzung sinnvoll sei, in Deutschland mehrere Systeme zu haben. Der Präsident der Bundesnotarkammer, Tilmann Götte, argumentierte, ein gut funktionierendes Registerwesen sei auch im internationalen Standardwettbewerb wichtig. Das registerführende Personal müsste bei einer Auslagerung auf andere Stellen die gleiche Qualität haben wie bei den Amtsgerichten. Unklar sei, wer für Fehlentscheidungen haften würde. Heinz-Jürgen Held, Präsident des Amtsgerichts Dortmund, wies darauf hin, dass es bereits seit dem Jahr 2000 elektronische Registerführungen in Deutschland gibt. Etwa zwei Drittel der deutschen Handels- und Genossenschaftsregister würden mittlerweile elektronisch geführt. Aus seiner Sicht könnte das Gesetz schon aus Zeitgründen nicht vor 2006 in Kraft treten. Um 1,3 Millionen Registerblätter in ganz Deutschland zu übernehmen, benötigten die IHK ein Jahr, so Held. Überdies würde keine finanzielle Entlastung eintreten: "Es wird teuer, teuer, teuer für den Bürger", so der Sachverständige, weil die IHK noch eine eigene Infrastruktur aufbauen müssten.

Georg Maier-Reimer vom Deutschen Anwaltsverein lobte die Registerrichter, die kooperativer und weniger bürokratisch geworden seien. Früher hätten eine lange Bearbeitungsdauer und Ineffizienz die Gründung von Unternehmen behindert. Ablehnung signalisierte auch Stefan Stork vom Zentralverband des Deutschen Handwerks. Er schlug vor, die Zentralisierung der Registerführung angesichts von noch über 100 Registern in Deutschland voranzubringen oder in jedem Land ein zentrales Register zu schaffen, statt auf Öffnungsklauseln zu setzen. Professor Peter Ulmer aus Heidelberg sagte, er hätte keine Einwände, wenn es lediglich um die Übertragung der rein deklaratorischen Eintragungen für Einzelkaufleute und Personengesellschaften ginge. Auf keinen Fall sollte jedoch die Zuständigkeit für Eintragungen über juristische Personen an die IHK übertragen werden können. Es gehöre zum Kernbereich der Justiz, dafür zu sorgen, dass juristische Personen ihre gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, so Ulmer. Für den Gesetzentwurf sprach sich Wilfried Prewo, Hauptgeschäftsführer der IHK Hannover, aus. Es gehe um Effizienz, Kosten und gute Lösungen für die Kunden. Die Kundenorientierung der IHK bedeute aber nicht, dass sie das tun würden, was die Mitgliedsunternehmen ihnen abforderten. Auch seien die IHK offen für Partnerschaften und Kooperationen mit den Handwerkskammern und den Kammern der freien Berufe. Rechtsanwalt Thomas Mayen aus Bonn betrachtete die Registerführung als nicht zum Kernbereich der Justiz gehörig, sondern als normale Verwaltungstätigkeit. Da materielle und Verfahrensvorschriften einheitlich blieben, gebe es auch keine Rechtszersplitterung. Auch Interessenkollisionen im Falle einer Übertragung auf Kammern seien "per se" nicht zu erkennen, sagte Mayen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2004/2004_170/02
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