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Dezember 06/1998
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Die Deutsche EU-Ratspräsidentschaft 1999

Council of Europe
Die neue Bundesregierung übernimmt im ersten Halbjahr 1999 die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union und hat  damit eine große Verantwortung für die weitere Entwicklung der EU.
Denn unter der deutschen Präsidentschaft muß die Gemeinschaft ihre Finanzen neu ordnen und innere Reformen auf den Weg bringen. Beides ist die Voraussetzung für die Aufnahme der Beitrittskandidaten aus Ost- und Mitteleuropa. Scheiterten diese Reformen, so wären die weitere Integration und der Zusammenhalt der EU belastet.
Auf Deutschland lasten im kommenden Halbjahr die Hoffnungen der Europäer, und das ist keine geringe Last. Denn auf der europäischen Tagesordnung des ersten Halbjahres haben sich unter der Bezeichnung "Agenda 2000" alle schwierigen Entscheidungen angesammelt, bei denen mehrere EU-Gipfel und zahllose Expertenrunden in den vergangenen zwei Jahren keine Einigung erzielt haben:
  1. Vordringlichste Aufgabe ist die Neuordnung der EU-Finanzen für die Jahre 2000 bis 2006. Kernproblem: Wegen der Haushaltsnöte der Mitgliedstaaten soll der EU-Haushalt eingefroren werden. Zugleich sollen die bisherigen Nettozahler, allen voran Deutschland, entlastet werden.
  2. Damit hängt die Reform der Agrarfinanzen zusammen, die etwa die Hälfte des EU-Haushalts von 160 Milliarden Mark beanspruchen. Bei gleichbleibender Finanzausstattung kann die EU nämlich nur dann neue Aufgaben ? etwa in den osteuropäischen Beitrittsländern ? übernehmen, wenn das existierende Budget neu verteilt wird, zumal die Beitrittskandidaten eine umfangreiche Landwirtschaft besitzen, die bei unveränderten Subventionsbedingungen den EU-Haushalt sprengen würde.
  3. Reformiert werden muß auch die Förderung strukturschwacher Regionen aus den sogenannten Strukturfonds, wofür etwa 30 Prozent der EU-Gelder aufgewendet werden. Hauptgrund: Das Wohlstandsniveau der Beitrittsländer liegt deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Mittel dafür werden jedoch nur frei, wenn die Strukturförderung in der jetzigen EU auf die bedürftigsten Regionen konzentriert wird.
  4. Neben diesen Finanzproblemen gehört auch die Reform der EU-Institutionen zu den Vorbereitungen auf die Osterweiterung. Damit die Gemeinschaft im Interessengewirr von künftig 20 oder 25 Mitgliedstaaten nicht handlungsunfähig wird, müssen die Entscheidungsmechanismen gestrafft, die Institutionen wie Parlament und Kommission verkleinert und die Kompetenzverteilung in der Gemeinschaft neu geordnet werden.
Die Erwartungen der Europäer an die deutsche Ratspräsidentschaft sind deshalb groß. Erfahrungsgemäß müssen solch schwierige Fragen nämlich von einem "Schwergewicht" in der EU gelöst werden, das wirtschaftliches Potential und politischen Einfluß aufbieten kann. Da bringt Deutschland als größter Nettozahler, aber auch wegen seines Ansehens bei den kleineren EU-Staaten die besten Voraussetzungen mit.

Vorbereitungen auf Hochtouren

Doch die Beratungen stehen unter Zeitdruck. 1999 läuft der derzeitige mittelfristige Finanzrahmen aus, das heißt, bis zum Ende der deutschen Präsidentschaft muß Einigkeit darüber bestehen. Außerdem laufen bereits die Verhandlungen mit der ersten Gruppe der Beitrittskandidaten, zu der Polen, Ungarn, Tschechien, Slowenien, Estland und Zypern gehören. In der zweiten Reihe stehen Rumänien, Bulgarien, die Slowakei, Lettland und Litauen schon bereit.
Deshalb laufen auch im Deutschen Bundestag die Vorbereitungen auf die Ratspräsidentschaft längst auf Hochtouren. Die Hauptrolle spielt dabei der EU-Ausschuß, der zentrale Ort des europapolitischen Entscheidungsprozesses. Das Parlamentsgremium verfügt über Kompetenzen, die ihm unter den anderen Ausschüssen eine besondere Rolle zuweisen. So kann der EU-Ausschuß unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar, d.h. ohne Befassung des Plenums verbindliche Stellungnahmen gegenüber der Bundesregierung abgeben, außerhalb der Plenarwochen zusammentreten, Änderungsanträge zur Beschlußempfehlung des federführenden Fachausschusses in das Plenum einbringen. Damit die Kontrollbefugnisse des Parlaments auch im oftmals undurchsichtigen Gewirr der EU- Institutionen gewahrt bleiben, ist die Bundesregierung zur umfassenden und frühestmöglichen Information zu allen Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, insbesondere zu den EU-Rechtsetzungsakten verpflichtet. Und damit die parlamentarische Kontrolle nicht auf die Einzelstaaten beschränkt bleibt, pflegt der EU-Ausschuß im Rahmen der Konferenz der Europaausschüsse der nationalen Parlamente (COSAC) die Kontakte zwischen den Volksvertretungen aller EU-Staaten und zum Europäischen Parlament.
Die "großen" Themen der deutschen EU-Präsidentschaft stehen zwar durch die "Agenda 2000" schon fest, aber die Fraktionen des Bundestages setzen ihre eigenen Schwerpunkte.

Schwerpunkte der Fraktionen

So setzt sich die SPD-Fraktion für die Reduzierung des deutschen EU-Beitrags ein und würde auch Einschränkungen bei der Agrar- und Strukturförderung in der bisherigen EU hinnehmen. Doch im Mittelpunkt steht für die SPD die Ergänzung der Wirtschafts- und Währungsunion durch eine Sozialunion. "Die europäische Integration darf sich nicht auf Wirtschaft und Währung beschränken", betont der europapolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Norbert Wieczorek. Als wichtigstes Ziel haben die Sozialdemokraten dabei die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Blick, wofür eine stärkere Koordination in der Wirtschaftspolitik der einzelnen EU-Staaten sowie der mit Frankreich vereinbarte Beschäftigungspakt eingesetzt werden sollen. Die Schaffung europäischer Betriebsräte gehört für die SPD ebenso dazu wie die Harmonisierung der Steuern in der EU. Für die Osterweiterung sieht die SPD gute Perspektiven, doch tritt sie für längere Übergangsfristen zur Überwindung bestehender Anpassungsprobleme ein.
Das sieht die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen ganz ähnlich. Zwar dämpft der Europa-Experte der Grünen, Christian Sterzing, gegenüber "Blickpunkt Bundestag" die Hoffnungen auf eine umfassende Lösung aller anstehenden Probleme, aber in Einzelfragen sieht er sehr wohl Ansatzpunkte für eine "ökologisch-soziale Reformpolitik" und zur Überwindung des "Demokratiedefizits" der EU. So wollen die Grünen den Bemühungen der EU-Kommission zur Einführung europaweiter Ökosteuern neuen Schub verleihen und die Vergabe von Fördermitteln an ökologische Kriterien knüpfen. Und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit solle die EU ihre Möglichkeiten zur Koordination und Unterstützung bestehender Initiativen stärker nutzen. Skeptisch zeigt man sich jedoch gegenüber Forderungen nach einer deutlichen Reduzierung des deutschen Finanzbeitrags.

Deutschland als größter Nettozahler

Die CDU/CSU-Fraktion wendet sich vehement gegen den Kernpunkt rot-grüner Europapolitik, gegen die Schaffung einer europäischen Beschäftigungspolitik. "Wir lehnen kostspielige Strohfeuerprogramme strikt ab", unterstreicht Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble, der die Einzelstaaten nicht aus ihrer Verantwortung für den Arbeitsmarkt entlassen will. Dahinter steht auch die Sorge, daß teure Beschäftigungsprogramme auf EU-Ebene Deutschland als größten Nettozahler besonders belasten würden. Deshalb ist für die Unionsfraktion klar, daß die Neufestlegung des EU-Finanzrahmens zu einer deutlichen Reduzierung des deutschen Beitrags genutzt werden müsse. Eine stärkere Berücksichtigung der deutschen Interessen fordert die Unionsfraktion auch bei der Reform der Agrarpolitik, wo sie die vorgeschlagenen Einkommensverschlechterungen für die Landwirte keinesfalls akzeptieren will.
Die FDP-Fraktion ist sich zwar mit der Union in der Ablehnung einer europäischen Beschäftigungspolitik einig, aber in der Nettozahlerdiskussion schlägt die FDP einen anderen Ton an. "Es entspricht dem Solidaritätsgedanken der EU, daß Deutschland als stärkste Wirtschaftsnation auch den größten Finanzbeitrag leistet", betont der europapolitische Sprecher der FDP-Fraktion und Spitzenkandidat für die Wahl zum Europaparlament, Helmut Haussmann. Dabei verschließen sich die Liberalen aber nicht einer Reform der Agrar- und Strukturförderung, die nach Lage der Dinge nur zu einer Reduzierung der Mittel für Westeuropa führen könne.

Sozialunion im Mittelpunkt

Die PDS-Fraktion stellt
Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9806/9806006
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