Deutscher Bundestag
English    | Français   
 |  Sitemap  |  Kontakt  |  Fragen/FAQ
Druckversion  |       
Startseite > Blickpunkt Bundestag > Blickpunkt Bundestag - Jahresübersicht 1998 > Blickpunkt Bundestag - Dezember 1998, Nr. 6/98, Inhalt >
Dezember 06/1998
[ zurück ]   [ Übersicht ]   [ weiter ]

Im Streit um die EU-Finanzen "populistisches Gerede" moniert

(eu) Die Menschen in Deutschland sind nach Überzeugung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nur dann für die  europäische Integration zu gewinnen, wenn die Lasten in Europa fair verteilt werden. Dies erklärte Schröder am 10. Dezember in seiner Regierungserklärung, die einer Vorschau auf das Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Wien und einem Ausblick auf die deutsche EU-Präsidentschaft in der ersten Jahreshälfte 1999 galt.
Deutschland, so der Kanzler weiter, werde überfordert, wenn man Beitragsgerechtigkeit verwehre. Die Bundesrepublik habe 1997 etwa 22 Milliarden DM mehr an die EU überwiesen, als es an Leistungen aus der Gemeinschaftskasse erhalten habe.
Zwar hat sich Deutschland Schröder zufolge in den EU-Verträgen zur Solidarität mit den schwächeren Mitgliedstaaten verpflichtet. Doch wenn Länder mit einem höheren Pro-Kopf-Wohlstand als die Bundesrepublik Nettoempfänger seien, dann sei "etwas in Unordnung geraten, was in Ordnung gebracht werden muß". Schröder: "Wir können und wir wollen in Europa nicht eine Politik fortsetzen, die sich das Wohlwollen unserer Nachbarn mit Nettozahlungen gleichsam erkaufen will - Nettozahlungen, die dann im eigenen Land zu unerträglichen Haushaltsbelastungen werden."
Für die CDU/CSU entgegnete deren Fraktionsvorsitzender Wolfgang Schäuble, es sei "unglaublich", wie Schröder mit dem 1992 in Edinburgh zum EU-Finanzsystem erreichten Kompromiß umgehe. Der Bundeskanzler rede so, als hätten sein Vorgänger und die frühere Regierung seinerzeit nicht im deutschen Interesse in Europa gehandelt. Dabei hätten diese eine ihrer größten Leistungen vollbracht, die Zustimmung Europas zur deutschen Einheit zu erreichen. Auch sei es damals gelungen, die ostdeutschen Länder in die EU-Förderung einzubeziehen. Der Unionspolitiker warf dem Bundeskanzler im übrigen vor, wenn er behaupte, die Zeiten seien vorbei, in denen jede Krise in Europa durch den Griff in die Kasse des deutschen Steuerzahlers gelöst werden  könne, so sei dies "unverantwortliches populistisches Gerede", mit dem er den deutschen Interessen schade.
Dies sah Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) anders: Die Finanzspielräume, die es in der Vergangenheit gegeben habe, werde es nicht mehr geben. Die Bundesregierung werde alle ihre Kräfte für einen Erfolg einsetzen, aber es könne keinen Kompromiß "um jeden Preis" mehr geben, weil die Regierung nicht jeden Preis zu zahlen bereit sei. Fischer: "Wir werden nicht 10 Milliarden ECU zusätzlich auf den Tisch legen können, nur um einen Kompromiß bei der Agenda 2000 hinzubekommen."
Man stehe vor der Situation, daß jeder etwas abgeben müsse. Dies werde sehr schwierig werden, da es einmalig in der
EU sei. In der Regel seien Kompromisse im Wege der Zusatzfinanzierung erwirtschaftet worden. Das sei diesmal aber nicht mehr drin.
Für die F.D.P. kritisierte deren Redner, Helmut Haussmann, wiederum, wenn Bundeskanzler Schröder der Vorgängerregierung "Scheckbuchdiplomatie" vorwerfe und davon spreche, daß in der Europäischen Kommission Milliardenbeträge "verbraten" würden, so zeige er damit, nicht in der Lage zu sein, die europäische Integration voranzubringen.
Auch Gregor Gysi kritisierte für die PDS, wer wie Schröder so ausführlich über das Thema der finanziellen Belastungen Deutschlands in der EU spreche, der bestätige damit existierende Vorbehalte und schüre sie zum Teil noch. Das sei nicht ungefährlich. Im übrigen, so Gysi, sei das Wichtigste, um die Nettlobelastung Deutschlands herunterzufahren, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Dazu sei eine "vernünftige" europäische Beschäftigungspolitik nötig.
Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9806/9806017
Seitenanfang [TOP]
Druckversion Druckversion