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Dezember 06/1998
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Steuerreform-Vorschläge finden ein überwiegend negatives Echo

(fi) Auf ein überwiegend negatives Echo sind die im Entwurf für ein Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (14/23) vorgelegten Vorschläge von SPD und Bündnis 90/Die Grünen in einer öffentlichen Anhörung des   Finanzausschusses gestoßen. Am 7. und 8. Dezember  befragten die Abgeordneten Experten aus Wirtschaft  und Wissenschaft zu dem Reformprojekt. Ein dritter  Anhörungstag soll am 19. Januar folgen. Ein wesentlicher Vorwurf, den vor allem der Bonner Professor Wolfgang Schön äußerte, lautete, daß zunehmend zwischen "guten" und "bösen", förderungswürdigen und nicht förderungswürdigen Einkunftsarten unterschieden werde. Sein Tübinger Kollege Dieter Pohmer sprach von investitionsfeindlichen Regelungen wie der geplanten Abschaffung von Verlustrücktrag und Teilwertabschreibung. Das Institut Finanzen und Steuern bemängelte, das Ziel, Wachstum und Beschäftigung zu fördern, werde nicht erreicht. Das mittelstandsfeindliche Konzept sollte "in aller Ruhe überdacht werden".

Vorhaben verschieben

Als "Arbeitsplatzmaßnahme" für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bezeichnete das Institut der Wirtschaftsprüfer den Entwurf. Psychologisch sei er für die Wirtschaft eine Katastrophe. Die Rahmenbedingungen würden zum Nachteil verändert. Der Mittelstand werde seine Investitionen ins Ausland verlagern, so das Institut. Karl-Heinz Däke vom Bund der Steuerzahler sprach von schweren handwerklichen Mängeln und empfahl, die Reform um ein Jahr zu verschieben.
Dem Eindruck, Deutschland sei ein Hochsteuerland, trat Professor Rudolf Hickel aus Bremen entgegen. Zwar sei es ein "Hochsteuersatzland", für eine Investition könne aber nicht allein der Grenzsteuersatz entscheidend sein. Hickel zeigte sich skeptisch, ob durch eine Tarifsenkung bei gleichzeitiger Gegenfinanzierung durch eine breitere Bemessungsgrundlage das Tempo der Rationalisierung beeinflußt werden kann.
Die Erhöhung des Kindergeldes begrüßte die Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen. Sie trat auch dafür ein, mit der "verstaubten" Ehegattenbesteuerung Schluß zu machen und andere Entlastungsmöglichkeiten für Partnerschaften, aber auch für lebenslang behinderte Kinder und Pflegebedürftige zu finden. Heftigen Widerspruch bei vielen Experten lösten zwei Änderungen aus, die Auswirkungen auf die Auslandstätigkeit deutscher Unternehmen haben.
Zum einen mißfiel ihnen die Streichung der Abzugsfähigkeit von Verlusten aus Betriebsstätten deutscher Unternehmen, die sich in einem Staat befinden, mit denen die Bundesregierung ein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen hat. Zum anderen geht es um die Streichung des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen, vor allem beim Erwerb von Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften, deren Erträge zu steuerfreien Schachteldividenden führen. Beide Punkte sind Teil des Maßnahmenkatalogs der Koalition, um die steuerliche Bemessungsgrundlage zu verbreitern. In beiden Fällen räumten Sachverständige ein, daß die jetzigen Regelungen auch zu mißbräuchlichen Gestaltungen geführt haben.

Mittelstand betroffen

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) rief die Koalition auf, den Verlustabzug nicht zu streichen. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie erklärte, für ihn hätte die Abschaffung "verheerende Folgen". Die Bauindustrie sei dringend auf die Möglichkeit des Verlustabzugs angewiesen. Der Deutsche Industrie- und Handelstag machte darauf aufmerksam, daß von der Neuregelung gerade kleine und mittlere Unternehmen betroffen wären, die keine eigene Tochtergesellschaft im Ausland führen könnten. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft hielt die Streichung demgegenüber für steuersystematisch richtig. Allerdings müßten die Steuersätze entsprechend gesenkt werden.
Im Falle der Streichung des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs befürchtet der BDI "besorgniserregende Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft im Ausland". Deshalb sollte darüber noch einmal nachgedacht werden. Nach Angaben von Professor Schön geht es dabei um Betriebsausgaben, die im Ausland steuerlich nicht akzeptiert würden und die nun auch das Inland nicht mehr anerkennen wolle. Daher müßten beide betroffenen Länder über dieses Problem eine Verständigung erzielen. Professor Stefan Homburg wies darauf hin, daß die Betriebsausgaben nirgends mehr abziehbar wären, wenn sie in Deutschland nicht anerkannt würden. Homburg hielt die Streichung für vertretbar.

Klagen der Wirtschaft

Auf massive Ablehnung durch die Wirtschaftsverbände stieß die geplante Abschaffung der Teilwertabschreibung. Der BDI beklagte, der Staat wolle sich an nicht realisierten Gewinnen bereichern, an realisierten Verlusten aber nicht beteiligen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels sieht eine "künstliche Aufblähung der Gewinne", wenn die Teilwertabschreibung nicht mehr zulässig wäre. Der Bundesverband des Deutschen Groß- und Einzelhandels forderte, der Fiskus müsse Wertminderungen berücksichtigen. Von einer "Literaturvernichtung" zum Schaden der Leser sprach der Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Ohne die Teilwertabschreibung würden die Verlage keine Vorauszahlungen an Autoren mehr leisten können.
Nach Angaben des Zentralen Kreditausschusses des deutschen Bankgewerbes sind die Kreditinstitute von der geplanten Regelung besonders betroffen. Eine solche Gesetzesänderung hätte Auswirkungen auf die Kreditvergabepolitik der Zukunft. Die Neuregelung würde zu einer Besteuerung von Scheingewinnen führen. Auch die Versicherungswirtschaft wandte sich gegen die Abschaffung. Der Deutsche Steuerberaterverband wies auf die enge Liquiditätssituation im Mittelstand hin, der zusätzlich belastet würde. Im geltenden System der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich sei ein Verbot der Teilwertabschreibung verfassungswidrig, urteilte das Institut Finanzen und Steuern. Das Institut der Wirtschaftsprüfer nannte das Vorhaben gar den gravierendsten Punkt der Steuerreform.
Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9806/9806026
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