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2002
[ Übersicht ]

Transkripte der Online-Konferenz zu den Themen:

"Soll der Präsident der Europäischen Kommission vom Europäischen Parlament gewählt werden
oder
soll ein Präsident Europas von den Staats- und Regierungschefs bestimmt werden? "

und

"Sollen die nationalen Parlamente (z.B. der Deutsche Bundestag) mehr Mitspracherechte in der Europapolitik erhalten?"



Martin Bärenfänger
aus Brüssel fragte:
Was halten Sie von der "Ausstiegs-Klausel" des Hain-Papiers?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Ich stimme dem Gedanken, dass ein Staat, der die künftige Verfassung nicht anerkennt, nicht mehr zur EU gehören kann, ausdrücklich zu.

Henning
aus Bruessel fragte:
Braucht Europa eine Koenigin?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Nein, obwohl mir eine Königin lieber als ein König wäre.

Andy, Basti und Steffen
aus Drei Studenten aus Lüneburg (zur Zeit zu Besuch in Brüssel) fragte:
Die Bestrebungen hin zu einem einheitlichen Europa in jeglicher Hinsicht werden von vielen auch als Abwehrreaktion auf die Aussen-und Wirtschaftspolitik der USA gedeutet. Ist dies eine gute Grundlage auch für die Verfassung (angenommen die Behauptung trifft zu). Müssten nicht zunächst. die Menschen überzeugt werden und ein entsprechendes Selbstverständnis entwickeln ?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Dem Versuch, die Menschen zu überzeugen, dient die Öffentlichkeitsarbeit der Delegierten zusammen mit dem Forum der Zivilgersellschaft und dem Jugendkonvent. Es muss darum gehen, eine politische Union zu erreichen, die nicht auf dem Stand der Wirtschafts- und Währungsunion verharrt. Die Aufnahme der Grundrechtecharta in die Verfassung muss deutlich machen, dass die EU auch eine Wertegemeinschaft ist. Dadurch wird in mancher Hinsicht auch ein Unterschied zu anderen Staaten oder Staatenverbünden deutlich werden. Dieses sollte aber nicht das Motiv für die Erarbeitung einer eigenen Verfassung sein. Positiv geht es darum, der EU mehr eigenständiges politisches Gewicht in der Welt zu geben.

Steffen
aus Hamburg fragte:
Gehen Sie davon aus, dass sich nach evtl. Scheitern des Verfassungskonvents eine sozusagen "rein praktizierte Verfassung"über die Jahre herausbilden wird, oder ist ein Scheitern auf Dauer undenkbar?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Der Konvent wird nicht scheitern. Allen Delegierten ist bewusst, dass in einem solchen Fall das allgemein gewollte Europa mit mehr Demokratie wieder auf die Stufe eines Europa der Technokraten mit mehr Geheimdiplomatie zurückfallen würde.

Martin Bärenfänger
aus Brüssel fragte:
Nochmal zu ihrem Lob für die häufige Einstimmigkeit im EP, Herr Meyer: Glauben Sie, dass die Bürger ein echtes Interesse für die EU-Politik entwickeln können, ohne dass sie innerhalb derjenigen der "beiden Kammern (EP und Rat)", deren Mitglieder sie wählen können (EP also), echte Debatten, beruhend auf unterschiedlichen politischen Meinungen, wahrnehmen können? Die politischen Trennungslinien verlaufen doch bislang eher zwischen Rat und Parlament. Liegt hierin nicht der Grund für die geringe Wahlbeteiligung 1994?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Nach meiner Überzeugung liegt der Grund für die geringe Wahlbeteiligung eher darin, dass die Entscheidungsprozesse in Brüssel zu kompliziert sind und in vielen Organen hinter verschlossenen Türen stattfinden. Wir brauchen klare Strukturen und, wo notwendig, natürlich auch Streit um Grundpositionen. Dann merken die Bürgerinnen und Bürger, dass ihre ureigenen Angelegenheiten in Brüssel verhandelt werden.

Helmut
aus Oggersheim fragte:
Was hat Glotz falsch gemacht?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Nichts!

HvS
aus Bruessel fragte:
Haette die Idee von Wahlleuten = EU-Kongress Aussicht auf Erfolg?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Nein, wegen der unvermeidbaren Konflikte mit den für derartige Entscheidungen zuständigen anderen Organen, insbesondere dem Europäischen Parlament.

Henning
aus Bruessel fragte:
Welcher Verwaltungsunterbau koennte einem "Rats-Praesidenten" untergeordnet sein. Wuerde es auch hier Ausschuesse der nationalen Minister geben, die nach Ratsschluessel abstimmen?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Auch diese Frage ist noch völlig ungeklärt. Auf Antworten seitens der Minderheit der Befürworter eines Superpräsidenten warte ich mit Spannung.

Antje Brehmer
aus Brüssel fragte:
Sie hatten die Frage der Klagemöglichkeit des Ausschusses der Regionen angesprochen. Wie sehen Sie die Chancen im Konvent, den Regionen, denen Rechtsetzungsbefugnisse übertragen wurden, das Recht zur Klageerhebung wegen Missachtung des Subsidiaritätsprinzips einzuräumen? Was ist Ihre Position?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Ich unterstütze den im Sinne des ADR positiven Vorschlag der Arbeitsgruppe des Konvents, den ich mit erarbeitet habe.

Martin Bärenfänger
aus Brüssel fragte:
Nochmal zur Klagemöglichkeit nationaler Parlamente:
Gegenstand der Klagen wäre doch, ob der Rechtsakt dem Subsidiaritätsprinzip substantiell zuwieder erlassen wurde. Den Subsidiaritätsbegriff inhaltlich ausreichend eindeutig zu bestimmen wurde bislang allerdings weder versucht, noch würde es gelingen. Entsprechendes ist von der Argumentation der Kläger zu erwarten. Vermischungen von ideologischen Orientierungen und dem Gefühl, von Brüssel der eigenen Gesetzgebungskompetenz beraubt worden zu sein, sind doch hier vorprogrammiert. Oder?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Das sehe ich anders. Richtig ist allerdings, dass das Subsidiaritätsprinzip kein rein juristisches Prinzaip ist: Die Frage, ob eine Regelung "ausreichend" auf der Ebene der
Mitgliedstaaten getroffen werden kann, muss politisch entschieden werden. Dem dient das Frühwarnsystem und die Einbeziehung der nationalen Parlamente mit ihren Stellungnahmen im Vermittlungsverfahren. Danach sollte nur der kleine Rest offensichtlich unvertretbarer Entscheidungen durch den EUGH überprüft und aufgehoben werden können.

HvS
aus Bruessel fragte:
Also, starke Kommission und starker Präsident. Letztlich loesen sich dann die drei Saeulen aber nicht auf, oder. Wer macht da was und auf welcher vertraglichen Basis?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Eine starke Kommission ist eher die Folge der Auflösung der bisherigen Säulenstruktur. Je mehr Entscheidungen nach der Gemeinschaftsmethode fallen, um so stärker werden auch Kommission und Kommissionspräsident sowie das Europäische Parlament.

HvS
aus Bruessel fragte:
Fuer wie lange koennte Ihrer Meinung nach denn ein EU-Praesident aus dem Rat gewaehlt werden, und von wem?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Ein Vorschlag geht in die Richtung einer Verlängerung der Präsidentschaften von derzeit 6 Monaten auf 2 1/2 oder gar 5 Jahre. Das durchaus begründete Verlangen nach mehr Kontinuität könnte auch durch eine Troika-Präsidentschaft berücksichtigt werden. Diese würde bedeuten, dass die jeweils frühere Präsidentschaft zusammen mit der gegenwärtigen und der künftigen Präsidentschaft gemeinsam agieren würde. Jedes Land wäre dann für 18 Monate an der Präsidentschaft der Troika beteiligt. Es gäbe mehr Kontinuität. Und es müsste nicht jedes Land, wenn es dran ist, mühsam und krampfhaft eine neue Vision erfinden, die nach 6 Monaten rasch in Vergessenheit gerät.

Toomas Karu
aus Tallinn (Estland) fragte:
Wenn da ein Super Präsident der EU sein wird, wie sichert man, dass dieser Person die Positionen aller Staaten der EU (auch kleine) vertreten wird? Wie wird eine Entscheidungsprozess laufen?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Das ist eine der vielen Fragen, die noch völlig ungeklärt sind. Deshalb agibt es vor allem aus den kleineren Staaten, also auch seitens der Mehrheit der im Verfassungskonvent arbeitenden Delegierten, erhebliche Widerstände gegen den Superpräsidenten.

nicht henning
aus nichtbrüssel fragte:
werden auch andere fragen, als die aus brüssel, heute noch beantwortet?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Ja

HvS
aus Bruessel fragte:
Wie ist Ihre Position zu dem Vorschlag eines EU-Kongresses?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Der Kongress ist eine Idee von Präsident Giscard. Meine Meinung dazu hängt von den bisher nur unzureichend formulierten Aufgaben und Befugnissen des Kongresses ab. Wenn er das jährliche Gesetzgebungsprogramm der Kommission diskutieren soll, halte ich das für vernüfntig. Er sollte aber keine Entscheidungsbefugnisse in inhaltlicher oder personeller Hinsicht erhalten, die ihn zwangsläufig in Konflikt mit anderen Organgen bringen und insbesondere das Europäische Parlament schwächen könnten.

Frank
aus Gardelegen fragte:
Würde eine größeres Mitspracherecht der nationalen Parlamente die Integration der Ost-Beitrittsländer (z.B. Litauen) nicht erleichtern? Diese Länder tuen sich noch offensichtlich schwer nationale Kompetenzen nach Brüssel zu verlegen.
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Der in der Frage formulierten Auffassung stimme ich nach vielen Diskussionen mit Abgeordneten der Beitrittsländer ausdrücklich zu.

Martin Bärenfänger
aus Brüssel fragte:
Die bislang von der Kommission in öffentlichen Konsultationen zur Verfügung gestellten Rechtsakt-Vorschläge stießen bislang auf wenig Interesse bei den nationalen Parlamenten. Wie begründet sich vor diesem Hintergrund die Euphorie um den Vorschlag eines "Frühwarnsystems"?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Die Zustimmung zum Frühwarnsystem beruht vor allem darauf, dass die Stellungnahmen der nationalen Parlamente zu Kompetenzfragen wegen des künftig dahinterstehenden Klagerechts mehr Gewicht erhalten. Die nationalen Parlamente wissen also künftig, dass sie "nicht nur für den Papaierkorb arbeiten".

Henning
aus Bruessel fragte:
Sind EU Spitzenpolitiker in den TV-Medien genuegend wahrgenommen bzw. ueberhaupt so darstellbar wie die nationalen Politiker? Auch EU Themen werden nicht vermittelt. Funktioniert eine direktere Demokratie da?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Die Europäische Union sollte in der Tat wesentlich mehr auch durch unterscheidbare Köpfe und Stimmen wahrgenommen werden. Deshalb sollte die Demokratie etwa durch die Aufnahme des Konventsgedanken in die Verfassung und die Stärkung des Europäischen Parlaments überzeugender verwirklicht werden. Eine direkte Demokratie statt der bewährten repräsentativen Demokratie braucht man dazu nach meiner Meinung nicht.

Paul Kariya
aus Anaheim fragte:
Wie beurteilen sie die nationalen Einzel-Verfassungen in Euroland hinsichtlich der Hinführung zu einer einheitlichen europäischen Verfassung. Wo bestehen die grössten Dikrepanzen ihrer Meinung nach und welche Länder kann man als Befürworter und welche als Gegner bezeichnen ?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Die nationalen Einzelverfassungen sind eine außerordentlich wichtige Grundlage für die künftige Verfassung der EU. Der Verfassungskonvent hat nicht zuletzt die Aufgabe, die "gemeinsame Verfassungsüberlieferung der Mitgliedstaaten" heraus zu arbeiten. Die Gemeinsamkeiten etwa zum Thema Gewaltenteilung oder Subsidiarität sind sehr groß. Die Unterschiede ergeben sich vor allem aus mehr zentralistisch angelegten Verfassungen wie z.B. in Frankreich und den eher föderalen Verfassungen anderer Länder. Aus den genannten Gemeinsamkeiten lassen sich aber überzeugende Synthesen entwickeln.

Martin Bärenfänger
aus Brüssel fragte:
Wie sehen Sie die Chancen für das EP in Zukunft mit einem Evokationsrecht ausgestattet zu werden (Art.202 3.Gedankenstrich)?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Das derzeit allein dem Rat zustehende Recht sollte künftig auch dem Europäischen Parlament oder beiden gemeinsam zustehen. In dem aus meiner Sicht anzustrebenden Zweikammersystem von Parlament und Staatenkammer sollten beide Kammern grundsätzlicha gleich stark sein.

Henning
aus Bruessel fragte:
Ist das Europäische Parlament bzw. seine doch sehr heterogenen politischen Gruppierungen der Stuetzung eines Kom-Praesidenten ueber eine Legislaturperiode gewachsen? Drohen staendige Wahlen, Referenden etc.
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Das Europäische Parlament ist wesentlich besser als sein Ruf. Zu wichtigen politischen Fragen äußert es sich regelmäßig mit großen Mehrheiten oder fast einstimmig. Die Befürchtung ständiger Wahlen - wohl nach vorzeitiger Auflösung des Parlaments - ist nach den bisherigen Erfahrungen unbegründet. Sie wird sich auch durch die künftige Verfassung nicht begründen lassen.

HvS
aus Bruessel fragte:
Waere ein "Super-Praesident" aus dem Europaeischen Rat der Einstieg in die variable Geometrie?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Variable Geometrie ist ein vieldeutiger Begriff. Politisch muss es in erster Linie darum gehen, die Machtbalance in der EU klar und nicht variabel festzulegen. Es ist wohl widersprüchlich, einerseits den Kommissionspräsiadenten stärken zu wollen, wofür alle Fraktionen des Deutschen Bundestages eintreten, und ihm andererseits einen Superpräsidenten an die Seite zu stellen oder entgegen zu setzen.

Martin Bärenfänger
aus Brüssel fragte:
Welche Rolle sehen Sie der COSAC innerhalb der Europäischen Verfassung zukommen?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Die in der COSAC zusammenkommenden Parlamentarier aus den 15 Mitglieds- und 13 Kandidatenländern der EU haben sich in der vergangenen Woche in Kopenhagen zusammen mit den Vertretern des Europäischen Parlaments dafür ausgesprochen, den Informationsaustausch im Rahmen von COSAC zu verbessern. Dem könnten ein COSAC-Büro in Brüssel dienen. COSAC darf aber keine Entscheidungsbefugnisse erhalten, weil dadurch das Europäische Parlament geschwächt werden würde.

HvS
aus Bruessel fragte:
Wie sehen Sie die Zukunft der Komitologie in der EU 25?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Das System der Komitologie sollte durch die künftige Verfassung tiefgreifend reformiert werden. Die künftige Struktur der EU sollte transparenter und für die Bürgerinnen und Bürger verständlicher sein. Dem dient eine kleine Zahl von EU-Organen. Wenn es um Gesetze geht, müssen die Beratungen öffentlich sein.

Henning vom Stein (henning.vom-stein@db.com)
aus Bruessel (Belgien) fragte:
Wie passen das Initiativmonopol der Kommission mit einem von der Mehrheit im EP gewaehlten Kom-Praesidenten zusammen?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Darin sehe ich keinen Widerspruch. Durch das Initiativmonopol der Kommission hat auch deren Präsident selbst ein großes politisches Gewicht. Dieses würde durch die künftige Wahl des Präsidenten durch das EP besser als bisher demokratisch legitimiert.

Andy (a.nonnemann@gmx.de)
aus Lüneburg fragte:
Ich sehe einen starken Präsidenten als nicht notwendig, da die deutsche Verfassung uns gezeigt hat, dass es auch ohne geht. Falls ein Präsident kommen sollte, sollte er er wirklich direkt gewählt werden? Ich erinnere nur an die Lehren der Weimarer Verfassung.
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Auch ich teile die Bedenken gegen einen "starken" Präsidenten des Europäischen Rates, also der Regierungschefs. Der Gedanke, in Europa mehr Demokratie zu wagen, lässt sich nach meiner Überzeugung besser durch die Wahl des Kommissionspräsidenten durch das Europäische Parlament verwirklichen.

Alexander
aus Berlin fragte:
Zur Frage, wer den "Präsidenten Europas" wählen soll, geben sie als Alternative vor: Parlament oder Regierungschefs. Wie steht es mit dem Wahlvolk? Wäre doch mal was neues in der bürgerfernen EU.
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Die Wahl eines Präsidenten, wenn man ihn denn trotz starker Bedenken neben dem Kommissionspräsidenten vorsehen wollte, durch das Volk ist eine naheliegende Idee. Diese setzt allerdings voraus, dass es bereits so etwas wie ein europäisches Staatsvolk gibt. So weit sind wir leider noch nicht.

Dr Jürgen Gutknecht (juergen.gutknecht@bactria.de)
aus 67292 Kirchheimbolanden (Rhld-Pfalz) fragte:
Eine Klagemöglichkeit für Länder-oder Regionalparlamente ist zwingend erforderlich! Ist dieser Ansatz jedoch durchsetzbar ? Ich habe als Unternehmer selbst erlebt (Rechtssache T339 in LUX, Chemikalienrecht ), daß die EU-Bürokratie mit der nationalen immer öfter gemeinsame Sache macht und eine politisch begründete Willensbildung bewußt ausgeschaltet wird !
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Hinsichtlich der Klagemöglichkeit, die übrigens auch dem Ausschuss der Regionen eingeräumt werden soll, stimmen wir offenbar überein. Der Konvent wird auch einen entsprechenden Verfassungsentwurf vorlegen. Die Folge wäre eine stärkere Kontrolle der EU-Bürokratie nicht zuletzt dadurch, dass die nationalen Parlamente, in Deutschland also neben dem Bundestag auch der Bundesrat, mit Hilfe des Klagerechts eine stärkere Beachtung ihrer evt. Bedenken erreichen könnten.

Reyhan Vogelmann
aus Berlin fragte:
Sollten die nationalen Parlamente über die Europapolitik mitentscheiden?
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Nein! Die Entscheidung über europapolitische Fragen, insbesondere über Gesetzentwürfe der Kommission, liegt allein beim Europäischen Parlament in Zusammenarbeit mit dem Rat als Vertretung der
Mitgliedstaaten. Die nationalen Parlamente sollten aber am Beginn und am Ende von Gesetzgebungsverfahren ihre Bedenken gegen evt. Verletzungen ihrer Zuständigkeit geltend machen können. Der derzeitig tagende Verfassungskonvent will den nationalen Parlamenten bei Nichtberücksichtigung ihrer Bedenken ein Klagerecht zum EUGH geben.

Regina
aus Berlin fragte:
Bedeutet Joschka Fischers Konventsteilnahme eine weitere Stärkung der angeblich kürzlich zwischen Schröder und Prodi diskutierten Präsidenten-Idee (als Vertreter der Regierungschefs?)
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Diue Teilnahme des Außenministers an den Konventsberatungen ist eine bedeutende Stärkung der deutschen Vertretung im Konvent. Sie ist aber keineswegs eine Stärkung der von Tony Blair ins Gespräch gebrachten Präsidentenidee, die sich Gerhard Schröder bislang nicht zu eigen gemacht hat.

Europäisches Kolpingwerk, Gregor Federhen (ikw@kolping.de)
aus Köln (Deutschland) fragte:
Das Europäische Kolpingwerk hat sich am 6. Oktober in Kaunas /Litauen,dafür ausgesprochen, dass eine Volksabstimmung über eine zukünftige europäische Verfassung durchgeführt werden soll.Das Kolpingwerk Europa fordert daher eine breite Debatte über den Verfassungsentwurf und eine Annahme durch die Bürger in einer Volksabstimmung. Nur eine Volksabstimmung innerhalb der Europäischen Union kann die notwendige demokratische Legitimierung für diese neue Stufe im europäischen Integrationsprozess bieten und die Bürger auch zu einer inneren Annahme ihrer neu definierten Unionsbürgerschaft führen.
Prof. Dr. Jürgen Meyer antwortet: Die Forderung nach einer Volksabstimmung über die zukünftige EU-Verfassung wird von mir grundsätzlich unterstützt. Ein derartiges Referendum setzt allerdings entweder die Änderuang zahlreicher nationaler Verfassungen z.B. auch der Bundesrepublik Deutschland oder eine entsprechende Änderuang der Europäischen Verträge voraus. Die aus meiner Sicht wümschenswerte Verbindung der nächsten Europawahl im Sommer 2004 mit einem Referendum könnte man evt. durch ein konsultatives Referendum erreichen. Dieses würde eine politische Bindung der jeweiligen Parlamente und Regierungen zur Folge haben.
Quelle: http://www.bundestag.de/dialog/Konferenzen/2002/eu_trans1
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