173. Sitzung
Berlin, Freitag, den 22. April 2005
Beginn: 9.00 Uhr
* * * * * * * * V O R A B - V E R Ö F F E N T L I C H U N G * * * * * * * *
* * * * * DER NACH § 117 GOBT AUTORISIERTEN FASSUNG * * * * *
* * * * * * * * VOR DER ENDGÜLTIGEN DRUCKLEGUNG * * * * * * * *
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Die Sitzung ist eröffnet. Ich wünsche Ihnen allen einen guten Morgen und uns einen erfolgreichen Tag.
Interfraktionell ist vereinbart worden, die heutige Tagesordnung um die Beratung eines Antrags zu erweitern, nämlich um die Beratung des Antrags der FDP-Fraktion „Keine deutsche Beteiligung an MEADS“ auf der Drucksache 15/5336. Dafür soll der Tagesordnungspunkt 23 in Verbindung mit Zusatzpunkt 12 abgesetzt werden.
Außerdem sollen die Anträge betreffend die Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide auf den Drucksachen 15/4792, 15/4956 und 15/5047 nachträglich dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit sowie dem Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zur Mitberatung überwiesen werden.
Darf ich Ihr Einverständnis mit den gerade vorgetragenen Veränderungen feststellen? – Das sieht so aus. Dann bedanke ich mich dafür herzlich. Es fängt gut an.
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 17 auf:
a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag der Bundesregierung
Beteiligung deutscher Streitkräfte an der Friedensmission der Vereinten Nationen in Sudan UNMIS (United Nations Mission in Sudan) auf Grundlage der Resolution 1590 (2005) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 24. März 2005
– Drucksachen 15/5265, 15/5343 –
Berichterstattung:Abgeordnete Gert Weisskirchen (Wiesloch)Dr. Andreas Schockenhoff Fritz Kuhn Dr. Werner Hoyer
b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) gemäߧ 96 der Geschäftsordnung
– Drucksache 15/5367 –
Berichterstattung:Abgeordnete Alexander Bonde Lothar Mark Herbert Frankenhauser Dietrich Austermann Jürgen Koppelin
Über die Beschlussempfehlung zu diesem Antrag werden wir später namentlich abstimmen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Auch dazu erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst der Kollegin Brigitte Wimmer für die SPD-Fraktion das Wort.
Brigitte Wimmer (Karlsruhe) (SPD):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach jahrelangen Vermittlungsversuchen der internationalen Gemeinschaft unterzeichneten die sudanesische Regierung und die Südsudanesische Volksbefreiungsbewegung, SPLM/A, am 9. Januar 2005 in Nairobi einen Friedensvertrag. Mit diesem Friedensvertrag wurde der jahrzehntelange schreckliche Bürgerkrieg zwischen der sudanesischen Regierung und den Rebellen formell beendet. Dieser mehr als 20-jährige Krieg hat circa 2 Millionen Menschen das Leben gekostet und 4 Millionen Menschen zu Binnenvertriebenen bzw. Flüchtlingen gemacht.
Das Friedensabkommen zwischen sudanesischer Regierung und SPLM/A sieht vor, dass die sudanesischen Streitkräfte innerhalb von zweieinhalb Jahren aus dem Gebiet des Südsudans abziehen. Die SPLM/A hat sich verpflichtet, innerhalb eines Jahres aus den Gebieten der Nubaberge und des Südlichen Blauen Nils abzuziehen. Außerdem müssen die zahlreichen Milizenverbände innerhalb eines Jahres entweder entwaffnet oder in die sudanesische Armee oder in die SPLM/A eingegliedert werden. Nach einer sechsjährigen Übergangsperiode, die im Juli 2005 beginnen soll, ist für 2011 ein Referendum der Bevölkerung des Südsudans über den Verbleib in einem Gesamtsudan vorgesehen.
Durch den Friedensschluss, für dessen Zustandekommen wir von Bundestag und Bundesregierung uns immer eingesetzt haben, besteht ein Ansatz für eine friedliche Entwicklung im gesamten Sudan und – was auch wichtig ist – für die Rückkehr der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen.
Die Umsetzung des Friedensabkommens wird in hohem Maße davon abhängen, wie die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft gelingt. Von der Präsenz einer internationalen Friedenstruppe erhoffen wir uns insbesondere eine positive Wirkung auf die im Sudan bestehenden anderen Konflikte.
Wir diskutieren heute über die Entsendung deutscher Soldatinnen und Soldaten in den Südsudan, nicht aber – das unterstreiche ich ausdrücklich – nach Darfur. Allerdings vergessen wir auch die Menschen in Darfur, die unter einer schrecklichen Situation, einer schrecklichen Bedrohung und schrecklicher Gewalt leiden müssen, heute Morgen nicht.
Von einem erfolgreichen Friedensprozess im Südsudan kann eine positive Wirkung auf den Konflikt in Darfur ausgehen. Ich erinnere daran, dass die Bundesregierung ihr Engagement im Sudan angesichts der dramatischen Situation in Darfur erheblich ausgeweitet hat und sich immer wieder für eine Beendigung des Darfurkonflikts und anderer schwelender Konflikte einsetzt.
Insbesondere hat sie die in Darfur tätige Überwachungsmission der Afrikanischen Union, AMIS, finanziell, politisch und materiell sowie im Dezember 2004 durch einen von der Bundeswehr durchgeführten Transport gambischer Soldaten nach Darfur unterstützt.
Auch die Aufgabe von UNMIS ist es, Beratungs- und Unterstützungsleistungen für AMIS zu erbringen, um die Koordinierung zwischen beiden Missionen zu erleichtern. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen wird mit der Resolution aufgefordert, bis zum 23. April dieses Jahres zu berichten, auf welche Weise dies geschehen kann. Operative Einsätze von UNMIS in Darfur sind nicht vorgesehen. Ich halte es für ausgesprochen klug, dass diese Verbindung durch die Resolution der Vereinten Nationen und den Antrag der Bundesregierung hergestellt wird. Das macht einerseits deutlich, dass wir den Friedensvertrag für den Südsudan unterstützen und zum Erfolg führen wollen, und andererseits, dass wir im Rahmen von AMIS die Anstrengungen der Afrikanischen Union unterstützen, im Darfurkonflikt selbst Verantwortung zu übernehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist noch ein weiter Weg, bis im Sudan tatsächlich Frieden herrscht. Dort gibt es fast nichts. Der Süden ist noch nie entwickelt worden. Das wenige, das vorhanden war, ist zerstört, die Siedlungen ebenso wie Brunnen und Brücken. Es gibt kaum sauberes Trinkwasser, keine Schulen und keine Kliniken. Arbeitsgeräte für die Landwirtschaft fehlen. Was es allerdings überreichlich gibt, sind Minen. Niemand weiß ganz genau, wo sie liegen. Daher drängt das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge darauf, dass die Flüchtlinge langsam zurückkehren. Außerdem hat der UNO-Generalsekretär darauf hingewiesen, dass innerhalb der nächsten zwei Wochen 2 Millionen Menschen im Südsudan auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind.
Es ist gut, dass auf der Geberkonferenz in Oslo mehr als 2 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe zugesagt wurden. Auch wir beteiligen uns an dieser Hilfe. Ich unterstütze aber ausdrücklich die Aussagen von Frau Staatsministerin Müller und von Frau Wieczorek-Zeul, dass wir diese Mittel nicht der Regierung in Khartoum, sondern Hilfsorganisationen zukommen lassen.
Solange in Khartoum eine solche Politik betrieben wird, wie es gegenwärtig der Fall ist, können wir dorthin keine finanziellen Mittel schicken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit unserem heutigen Beschluss senden wir bis zu 75 Soldatinnen und Soldaten, vor allem als Militärbeobachter, in den Einsatz im Sudan. Das tun wir in der Hoffnung, dadurch einen Beitrag zu leisten, den Friedensvertrag abzusichern und mitzuhelfen, dass für die Menschen im Sudan nach 20 Jahren des Bürgerkriegs eine erfahrbare friedliche Entwicklung möglich wird. Wir wissen, dass diese Entscheidung trotz aller Unterstützung auf dem Prinzip Hoffnung beruht und nicht ohne Risiko ist.
Ich schließe mit dem herzlichen Wunsch, dass alle zu entsendenden Soldatinnen und Soldaten ihre Arbeit so leisten können, wie es notwendig ist, und dass sie vor allem wohlbehalten und gesund wieder zu uns zurückkehren.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Andreas Schockenhoff für die CDU/CSU-Fraktion.
Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Friedensabkommen von Nairobi vom 9. Januar dieses Jahres wurde der älteste und einer der blutigsten Bürgerkriege in Afrika beendet. Der Vertrag zwischen der sudanesischen Regierung und der südsudanesischen SPLM/A, der Befreiungsarmee, sieht verschiedene Stufen vor: Wir haben jetzt einen Waffenstillstand; der Friedensprozess kann damit erst beginnen. In der ersten Phase, die bis Juli geht, sollen die Truppen entflochten werden; die Milizen werden entwaffnet und teilweise in reguläre Armeeverbände überführt. Wir haben bis jetzt sehr wenig Überblick darüber, wie weit das geschehen ist. Es ist aber Voraussetzung, dass dies bis zum Juli durchgeführt wird, damit in der sechsjährigen Übergangsphase, die Anfang Juli beginnen soll, eine Regierung der nationalen Einheit gebildet werden kann. Die SPLM/A-Vertreter gehen in die Zentralregierung in Khartoum. Nach drei Jahren, also nach der Hälfte der Übergangszeit, sind Wahlen vorgesehen. Es ist erforderlich, sofort mit der Vorbereitung dieser Wahlen zu beginnen; denn es wäre ein verheerendes Signal, wenn unter den Augen einer UN-Mission im Sudan in drei Jahren Wahlen stattfänden, deren Legitimität ähnlich zweifelhaft wäre, wie wir es zuletzt in Simbabwe und leider auch in anderen afrikanischen Staaten erlebt haben. 2011, am Ende der Übergangsfrist – Frau Kollegin Wimmer hat es gesagt –, soll im Süden darüber abgestimmt werden, ob er im Sudan verbleibt oder einen eigenen Staat bildet.
Die Vertragspartner des Nairobier Abkommens haben heute völlig unterschiedliche politische Vorstellungen darüber, was nach 2011 geschehen soll. Der Chef der Rebellenorganisation, John Garang, wird Mitglied der Regierung in Khartoum. Er wird voraussichtlich auch bei den Wahlen in drei Jahren antreten und könnte sich vorstellen, Staatspräsident eines integren Gesamtsudans zu werden. Seine Stellvertreter und die übrige Führungsschicht der SPLM/A erklären aber bis zum heutigen Tage, dass es das ausschließliche Ziel dieser Übergangsfrist sein kann, am Ende einen unabhängigen Staat zu haben. Deswegen wird es ganz erheblich darauf ankommen, wie dieser Prozess in den nächsten Jahren gestaltet wird. Es ist ein Präzedenzfall für Gesamtafrika. In dem Friedensabkommen steht nämlich, dass in dieser Übergangszeit die Rebellen im Süden dort die Verantwortung für die Verwaltung übernehmen. Es kommt jetzt darauf an, dass diese Zeit genutzt wird, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern.
Das Friedensabkommen ist unter dem Druck der internationalen Gemeinschaft zustande gekommen. Jetzt muss die internationale Gemeinschaft auch helfen, dass sich die Standards wesentlich verbessern, dass eine funktionierende Verwaltung aufgebaut wird, dass eine funktionierende Justiz entsteht, dass die Infrastruktur verbessert wird, dass die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung ohne permanente Nothilfe gewährleistet werden kann. Bei der Geberkonferenz, die kürzlich in Oslo stattgefunden hat, hat sich die internationale Gemeinschaft auf die Instrumente der hergebrachten Finanzhilfe beschränkt. Das wird nicht ausreichen, um den politischen Prozess in den nächsten Jahren erfolgreich zu begleiten.
Da die neue Regierung für das gesamte Land zuständig ist, ist es logischerweise konsequent, dass sich auch das Mandat der Vereinten Nationen, mit dem die Umsetzung des Friedensabkommens unterstützt werden soll, auf das ganze Land erstreckt. Die neue Regierung der nationalen Einheit muss auch das Problem in Darfur bewältigen. Deswegen ist es richtig, dass in dem Mandat der Vereinten Nationen und in dem Antrag der Bundesregierung auch eine Unterstützung für die AMIS-Mission in Darfur explizit genannt wird. Die Bundesregierung hat gesagt, das mandatierte Gebiet sei der gesamte Sudan und das Einsatzgebiet sei das durch den Nord-Süd-Konflikt betroffene Territorium. Sie hat uns noch einmal versichert, die Obleute des Auswärtigen und des Verteidigungsausschusses vorab zu unterrichten, wenn Soldaten außerhalb des Schwerpunktgebietes des UNMIS-Einsatzes tätig werden sollen. Gleichzeitig sichert sie uns zu, dass sie einem solchen Einsatz nicht zustimmen werde, wenn es erhebliche Bedenken im Kreise der Obleute und der Vorsitzenden der Ausschüsse gebe. Wir halten das ausdrücklich für richtig und begrüßen diese Protokollnotiz.
Die AMIS-Mission, die wir mandatiert haben, hat bisher sehr schwache Ergebnisse gezeigt. Wir haben uns alle gewünscht, dass die Afrikanische Union nicht das gleiche Schicksal erleidet wie vorher die OAU und dass sie bei Menschenrechtsverletzungen und schweren humanitären Katastrophen eingreift. Sie ist dazu bisher nur sehr unzulänglich in der Lage. Im Rahmen des von uns erteilten Mandates hat die Bundeswehr bisher einen Transportflug durchgeführt und dabei 196 gambische Soldaten transportiert. Es wird in den nächsten Jahren auch darauf ankommen, ob die Gemeinschaft der afrikanischen Staaten in der Lage ist, Konflikte auf ihrem Kontinent mit regionalen Mitteln zu lösen. Auch dabei müssen wir sie unterstützen.
Wir haben ein humanitäres Interesse daran, dass der Friedensprozess im Sudan friedlich verläuft. Wir haben aber auch ein Sicherheitsinteresse. Der Sudan liegt am Seeweg zwischen Europa und dem südlichen und östlichen Asien, also an einer strategisch ganz entscheidenden Verkehrsverbindung. Wenn dort ein zerfallener Staat entstünde – ähnlich wie in Somalia –, dann hätte das auf unsere Versorgungssicherheit, angesichts des Terrorismusproblems aber auch auf die Gesamtsicherheit der Europäer erhebliche Auswirkungen. Wir wünschen uns deshalb, dass es im Sudan künftig nicht nur eine bilaterale Entwicklungszusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten und der neuen Regierung im Sudan gibt, sondern dass auch die Europäische Union dort stärker sichtbar wird. Der jetzt entstehende europäische diplomatische Dienst muss gerade in den Regionen der Welt, in denen es gesamteuropäische Interessen gibt, stärker operativ tätig und sichtbar werden.
Angesichts der Laufzeit des Friedensvertrages ist dort mit einem sehr langen Einsatz zu rechnen. Wir stimmen der Mandatierung des Einsatzes auf zunächst sechs Monate zu und unterstützen die Bundesregierung auch bei der politischen Begleitung dieser militärischen Mission.
Vielen Dank.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort hat nun die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Kerstin Müller.
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen Amt:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute über das Mandat zur Entsendung von Bundeswehrsoldaten im Rahmen der Mission der Vereinten Nationen UNMIS zu entscheiden.
Durch UNMIS soll die Einhaltung des am 9. Januar dieses Jahres in Nairobi beschlossenen Friedensvertrages zwischen Nord- und Südsudan überwacht werden. Dieser Friedensvertrag ist in der Tat ein historischer Schritt. Durch ihn wird einer der längsten und blutigsten Bürgerkriege Afrikas beendet. Ich bin im Februar im Südsudan gewesen. Man kann nur sagen, dass die Menschen dort nach Jahrzehnten des Bürgerkrieges wirklich bei null anfangen. Es fehlt an allem: Infrastruktur, Schulen und Gesundheitsversorgung. Die Menschen hoffen, dass es gelingt, den Frieden zu sichern. Sie erwarten nach einem so langen Krieg, den sie durchlitten haben, die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft.
Wir haben ein Interesse und eine Verantwortung, diesen Frieden zu stabilisieren. Dazu ist eben nicht nur der Wiederaufbau nötig, sondern auch die Überwachung des Friedensvertrages durch die Vereinten Nationen. Eine Sicherung des Friedens im Südsudan ist nicht nur wegen der Menschen im Süden wichtig, die einen der schlimmsten Bürgerkriege durchlitten haben, sondern sie ist auch im Hinblick auf die anderen Krisen im Sudan entscheidend, vor allem in Darfur.
Ich will das einmal erläutern: Dieses umfassende Friedensabkommen, das viele Bereiche regelt, ist wirklich eine gute Grundlage für eine politische Lösung auch anderer Krisen im Sudan, vor allen Dingen in Darfur. Wenn es also gelingt, diesen Frieden zu sichern, wird dies mit Sicherheit eine Signalwirkung auf die anderen Krisen im Sudan haben. Das heißt, die Mission der Vereinten Nationen spielt damit für die Zukunft dieses Landes insgesamt eine wichtige Rolle.
Trotz dieses wichtigen Schritts wird es einen Frieden im gesamten Sudan erst dann geben, wenn auch die anderen Krisen gelöst sind, allen voran die in Darfur. Dort wird immer noch gemordet und vertrieben, Frauen und Mädchen werden vergewaltigt. Die Bundesregierung setzt sich seit langem auf allen Ebenen der internationalen Politik für ein Ende der Gewalt in Darfur ein.
Während unserer Präsidentschaft im Sicherheitsrat haben wir das Thema Darfur auf die Tagesordnung gesetzt. Wir haben seit langem die Verhängung von Sanktionen gegen Kriegsverbrecher und ein Ende der Straflosigkeit durch die Überweisung der Verbrecher an den Internationalen Strafgerichtshof gefordert. Ende März hat nun der Sicherheitsrat drei Resolutionen verabschiedet, die unsere Forderungen aufnehmen. Damit hat sich der Sicherheitsrat handlungsfähig gezeigt. Ich hoffe wirklich, dass es so gelingt, dem Frieden in Darfur näher zu kommen. Auch dort muss die Gewalt beendet werden. Auch dort brauchen wir eine politische Lösung.
Ich versichere Ihnen noch einmal: Die Bundesregierung wird weiterhin alles dafür tun, damit der internationale Druck auf die Konfliktparteien nicht nachlässt.
Die UN-Mission UNMIS soll, wie gesagt, das Nairobi-Friedensabkommen zwischen Nord- und Südsudan überwachen und ist daher eine klassische Beobachtermission. Die VN-Beobachter werden durch eine Schutztruppe mit Zwangsbefugnissen geschützt. Darüber hinaus soll die Schutztruppe den Schutz des UN-Personals, der vor Ort tätigen Hilfsorganisationen sowie der direkt von Gewalt bedrohten Zivilbevölkerung sicherstellen. Die militärische Komponente von UNMIS umfasst circa 10 000 Soldaten, einschließlich 750 Militärbeobachtern. Daneben sollen auch zivile Anteile, einschließlich 700 Polizisten, beim Aufbau demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen zum Einsatz kommen.
Der Kabinettsbeschluss vom 13. April dieses Jahres sieht eine Entsendung von bis zu 75 deutschen Soldaten in die UN-Mission vor. Die deutschen Soldaten sind im Wesentlichen für die Wahrnehmung von Militärbeobachteraufgaben und die Verwendung in UNMIS-Stäben und Hauptquartieren vorgesehen. Das operative Einsatzgebiet umfasst den Süden des Sudans, die Hauptstadt Khartoum sowie die Region um Kassala im Osten. Das Mandat ist zunächst bis zum 24. September 2005 befristet.
Ich will sehr deutlich sagen – wir haben das in den Ausschüssen ausführlich diskutiert –: UNMIS hat keine operativen Befugnisse in Darfur, da diese Region nicht Bestandteil des Nord-Süd-Friedensabkommens ist. Mit der Beobachtung der Lage in Darfur wurde die Afrikanische Union durch die Resolution 1556 des Sicherheitsrates beauftragt. Im Einzelfall können VN-Experten von UNMIS zum Zwecke von Beratungs- und Verbindungsaufgaben bei der Darfur-Mission der AU eingesetzt werden. Das kann auch deutsche Soldaten betreffen. Deshalb hat die Bundesregierung in den Ausschüssen zugesichert: Sollten deutsche Soldaten außerhalb des Schwerpunktgebietes des UNMIS-Einsatzes tätig werden, so wird die Bundesregierung die Obleute des Verteidigungs- und Auswärtigen Ausschusses dieses Hauses vorab unterrichten. Sie wird einem solchen Einsatz nicht zustimmen, wenn es im Kreise der Obleute und der Vorsitzenden dieser Ausschüsse erhebliche Bedenken gibt.
Die internationale Gemeinschaft muss jetzt mithelfen, die durch das Friedensabkommen errungenen Fortschritte abzusichern. Die Präsenz von UNMIS als neutralem Stabilitätsfaktor ist dabei ein unverzichtbares Element. Ich würde mich sehr freuen, wenn der Antrag der Bundesregierung zur Entsendung deutscher Soldaten im Rahmen von UNMIS die breite Unterstützung dieses Hauses finden würde und wir damit unseren Beitrag zu diesem historischen Prozess leisten könnten.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich erteile das Wort dem Kollegen Ulrich Heinrich für die FDP-Fraktion.
Ulrich Heinrich (FDP):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach über 20-jähriger kriegerischer Auseinandersetzung mit über 2 Millionen Todesopfern und ebenso vielen Flüchtlingen wurde am 9. Januar 2005 ein Friedensvertrag zwischen den Rebellen im Süden des Sudans und der Regierung in Khartoum unterzeichnet.
In unserer heutigen Debatte geht es darum, die Voraussetzungen zu schaffen, diesen Friedensvertrag zu sichern, unterstützen und umsetzen zu helfen. Die Resolution 1590 des UN-Sicherheitsrats vom 24. März dieses Jahres ist die Grundlage dafür. Dabei wird der Entflechtung der sudanesischen Regierungstruppen und der südsudanesischen Befreiungsbewegung eine besondere Bedeutung zukommen. Aber vor allem soll die vollständige Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration ehemaliger Kämpfer erreicht werden, weil dies die Voraussetzung dafür ist, dass es überhaupt zu der Einhaltung des Friedensvertrags kommt. Ebenso wird der Aufbau einer Zivilpolizei eine der Aufgaben der UNMIS sein.
Die Mission soll insgesamt 10 000 Soldaten umfassen. Dabei handelt es sich um einen kombinierten Einsatz mit einem Mandat nach Kapitel 6 und Kapitel 7 mit integrierten Kommandostrukturen aus Beobachter- und Schutztruppe. In diese Truppe sollen bis zu 75 deutsche Soldaten als Beobachter integriert werden. Leider umfasst das Mandat auch die Möglichkeit – verschiedene Redner sind schon darauf eingegangen –, UNMIS-Soldaten als Beobachter in die Krisenregion Darfur in den Westen des Sudans zu entsenden, die derzeit unter der von der Afrikanischen Union geleiteten Mission AMIS steht. Genau dies kritisieren wir. Dies haben wir auch in den Ausschüssen kritisiert. Dass es zu dieser Protokollerklärung gekommen ist, Frau Staatsministerin Müller, ist ganz sicherlich diesem Parlament zu verdanken.
Mir ist sehr wohl bewusst, dass die Bundesregierung keinen Spielraum hat, das Mandat des UN-Sicherheitsrates unterschiedlich auszulegen. Aus diesem Grund war für uns, für die FDP-Fraktion, die Protokollnotiz die Grundlage und Voraussetzung für eine Zustimmung zu diesem Einsatz. Die FDP unterstützt generell den Antrag zur Entsendung von Bundeswehrsoldaten als Beobachter, spricht sich aber energisch gegen einen Automatismus aus, der, wie von Ihnen, Herr Bundesverteidigungsminister Struck, bereits mehrmals angedeutet wurde, in einen Kampfeinsatz in Darfur münden könnte. AMIS ist eine Mission der Afrikanischen Union. Wir sollten nicht über diese Hintertür versuchen, mit einer entsprechenden Beteiligung eine UN-Mission daraus zu machen.
Die AMIS-Mission ist die erste derartige Operation, die die AU eigenständig mit 3 000 afrikanischen Soldaten durchführt. Wir sollten der AU die Verantwortung lassen. Sie muss diese Mission auch in Zukunft selbstständig durchführen.
Wir in Deutschland und wir in der Europäischen Union sollten aber bereit sein, auf ausdrückliches Ersuchen der AU Hilfe in logistischer, beratender und beobachtender Funktion zu gewähren und so unseren Anteil beizutragen.
Ich habe bereits früher immer wieder die Bemühungen der AU unterstützt,
die Probleme Afrikas eigenständig aufzugreifen und zu lösen, und die Meinung vertreten, dass nur dann Hilfe von außen gewährt werden sollte, wenn direkte logistische oder beratende Unterstützung benötigt wird,
nach dem Motto: Afrika den Afrikanern. An diesen Grundsatz müssen wir uns hier ganz klar halten.
Deshalb möchte ich noch einmal ausdrücklich betonen, dass ein Kampfeinsatz deutscher Soldaten in Darfur nicht infrage kommt.
Dies gilt sowohl für den vorliegenden Beschluss 1590 des Sicherheitsrates als auch für einen eventuellen zukünftigen Beschluss, der im Sicherheitsrat gefasst werden könnte. Auch dann sind wir gegen einen Kampfeinsatz deutscher Soldaten. Das möchte ich hier ganz klar und deutlich unterstreichen.
Herzlichen Dank.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Für die Bundesregierung hat nun der Bundesminister der Verteidigung, Peter Struck, das Wort.
Dr. Peter Struck, Bundesminister der Verteidigung:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zunächst zu einem völlig anderen Thema etwas zu sagen. Ich war gestern auf einem der beiden größten Schiffe der Bundeswehr, dem Einsatzgruppenversorger „Berlin“, der auf der Fahrt in seinen Heimathafen Wilhelmshaven ist und heute um 10 Uhr dort anlegen wird. Dieses Schiff war fünf Monate im Einsatz, davon zwei am Horn von Afrika und drei vor Banda Aceh. Ich denke, dass ich auch in Ihrem Namen gesprochen habe, als ich gestern den Soldaten auf dem Schiff für ihren Einsatz gedankt habe, den sie für die Bevölkerung in Indonesien geleistet hat. Wir können stolz sein auf das, was unsere Soldatinnen und Soldaten leisten.
Herr Kollege Heinrich, Sie haben eben davon gesprochen, ich hätte Kampfeinsätze in Afrika geplant. Ich wüsste nicht, wo ich das gesagt hätte. Das ist ja auch Unsinn; darüber reden wir überhaupt nicht. Wir reden jetzt über den UN-Sicherheitsratsbeschluss und den Kabinettsbeschluss. Das Kabinett hat beschlossen, bis zu 75 Soldaten für diese Beobachtermission zur Verfügung zu stellen. Wir gehen davon aus, dass es im Wesentlichen bis zu 50 sein werden. Aber mit Blick auf Wechsel müssen wir natürlich eine gewisse Flexibilität haben; deshalb liegt die Obergrenze bei 75.
Diese Soldaten können bei Bedarf auch als Einzelexperten für Beratungs- und Verbindungsaufgaben, Herr Heinrich, im Rahmen der Darfur-Mission der Afrikanischen Union eingesetzt werden. Wir werden das auch tun. Eine derartige Unterstützung ist natürlich auch im Mandat der Vereinten Nationen vorgesehen. Sollte dieser Einsatz deutscher Soldaten erforderlich werden, das heißt, sollten wir in die Region Darfur, zum Beispiel nach al-Faschir, gehen, um Verbindungsaufgaben mit zu erfüllen, dann werden wir das nicht tun, bevor wir nicht die Obleute des Verteidigungsausschusses und des Auswärtigen Ausschusses informiert haben oder wenn es von Ihrer Seite erhebliche Bedenken gibt. Ich werde das nicht gegen Ihren Willen tun; das will ich hier deutlich festhalten.
Meine Damen und Herren, das UNMIS-Operationskonzept entspricht guten Erfahrungen aus anderen Einsätzen der Vereinten Nationen. Die Militärbeobachter sind unbewaffnet. Das war auch im Verteidigungsausschuss gerade ein Thema. Ihr Schutz wird durch die mit einem robusten Mandat versehenen Kräfte der Schutztruppe der 10 000 Soldaten aus den anderen Nationen gewährleistet. Die deutschen Soldaten in den Stäben, Hauptquartieren oder im Experteneinsatz werden natürlich – das ist üblich – auch mit entsprechender Selbstschutzausrüstung ausgestattet.
Wir haben schon über Darfur gesprochen. Die Vorrednerinnen und Vorredner haben es angesprochen: Die Lage bleibt dort weiterhin dramatisch. Von daher ist es richtig, dass die Vereinten Nationen die Koordinierung beider Operationen unterstützen wollen.
Das Bundestagsmandat zur Unterstützung von AMIS – bei uns stand es bisher konkret für Lufttransportunterstützung für Truppenverlegung afrikanischer Truppen nach Darfur – endet am 2. Juni. Wir haben im Dezember 2004 196 gambische Soldaten transportiert. Andere Staaten der EU haben ebenfalls Transportleistungen erbracht. Gegenwärtig gibt es keine weiteren Transportersuche. Durch einen Ausbau von AMIS durch die Afrikanische Union kann sich das jedoch deutlich ändern. Die Situation in Darfur – Kollegin Wimmer hat das ausgeführt – gibt Anlass zur Sorge. Die Truppe der Afrikanischen Union bedarf afrikanischer Verstärkung. Wir appellieren an alle afrikanischen Staaten, das angestrebte Ziel, über 3 000 Soldaten in Darfur zu stationieren, auch zu erreichen.
Wir hoffen, dass sich die Situation im Sommer ändern wird, dass es also mehr Transportersuche geben wird. Im Mai werde ich daher eine Verlängerung des Mandats für AMIS, also Lufttransportunterstützung, vorschlagen. Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir nicht wegsehen dürfen, wenn auf diesem ohnehin benachteiligten und geschundenen Kontinent Menschen verfolgt und ermordet werden.
Das Mandat, das der Bundestag heute beschließen soll, wird für uns, für meine Bundeswehr nicht einfach werden. Mit sechseinhalb Jahren ist ein langer Zeitraum ins Auge gefasst worden. Außerdem ist die Entwicklung im Sudan überhaupt nicht vorhersehbar. Der Friedensvertrag kann sich als brüchig erweisen. Dem müssen wir im Rahmen der Vereinten Nationen entgegenwirken. Die internationale Gemeinschaft muss jetzt die Chance nutzen, die dieser Friedensvertrag bietet. Ich appelliere deshalb an viele andere europäische Länder, sich noch stärker an UNMIS zu beteiligen, als das bisher geplant ist.
Mit bis zu 75 Militärbeobachtern stellen wir von allen europäischen Staaten das größte Kontingent. Andere, auch große Nationen jenseits des Atlantiks beteiligen sich an diesem Mandat überhaupt nicht. Es ist erforderlich, dass andere Länder ihre Bereitschaft erklären, in dem Maße zu helfen, wie wir es tun. Dieses Land, dieser Kontinent hat das verdient.
Zum Schluss bedanke ich mich bei allen Fraktionen des Deutschen Bundestages für die übereinstimmende Genehmigung dieses Mandats. Die Soldatinnen und Soldaten, die wir schicken werden – im Wesentlichen werden es wohl Soldaten sein –, haben einen Anspruch darauf, zu wissen, dass der Deutsche Bundestag diese Aufgabe unterstützt. Ich will noch einmal das sagen, was ich zu jedem Auslandseinsatz sagen muss: Niemand weiß, ob alle gesund nach Hause kommen. Wir haben eine große Verantwortung, wenn wir einen solchen Beschluss fassen. Deshalb herzlichen Dank an Sie alle, dass Sie diesen Beschluss mittragen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Nächster Redner ist der Kollege Helmut Rauber, CDU/CSU-Fraktion.
Helmut Rauber (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Struck, der Beifall von unserer Seite hat gezeigt, dass auch wir uns bei den Soldaten bedanken, die nicht nur im Indischen Ozean, sondern in allen Krisenherden der Welt wesentlich auch zu unserer Sicherheit beitragen.
In den letzten Tagen hörte ich oft die Frage: Was sollen unsere Soldaten denn im Sudan? Anders ausgedrückt: Was geht uns Afrika an, ein Kontinent, auf dem laut einer Studie der Boston University nur 14 der 53 Länder als demokratisch einzustufen sind, der in Bürgerkrieg und Elend zu versinken droht und wo Korruption und die organisierte Kriminalität blühen.
Das Schicksal Afrikas ist in weiten Teilen auch unser Schicksal. Zonen der Instabilität und der Ordnungslosigkeit sind der Nährboden für den internationalen Terrorismus und die Gewalt an sich. In Afrika entspringende Migrationsströme reichen bis tief nach Europa. Deshalb lautet nicht von ungefähr der Kerngedanke der neuen NATO-Strategie, Konflikte auf Distanz zu halten.
Genau um dies geht es auch bei dieser UN-Mission, aber es geht um mehr. Nur ein wirtschaftlich stärkeres Afrika schafft attraktive Absatzmöglichkeiten für unsere Güter und Dienstleistungen. Nur stabile, auf demokratischen Grundsätzen beruhende Regierungen erlauben uns eine vernünftige und auch faire Nutzung der Rohstoffe. Im Sudan geht es auch um das Öl, mit allen innerstaatlichen und außerstaatlichen Implikationen. Auch der für uns so überlebensnotwendige Schutz der Ökosysteme und der Artenvielfalt lässt sich nur mit politisch und wirtschaftlich stabilen Nationen erreichen.
Trotz all dieser Gründe hat der Westen in den letzten Jahren weggeschaut, wenn sich grausame Völkermorde ereigneten. Der Sudan – das haben mehrere Vorredner schon betont – ist kein neuer Konfliktherd. Seit 1983 herrscht in diesem Land ein Bürgerkrieg, der 2 Millionen Menschen das Leben kostete und 4 Millionen Menschen zu Flüchtlingen machte. Ausgehandelte Waffenstillstandsabkommen wurden immer wieder als Durchbruch gefeiert und ebenso oft, wie sie geschlossen wurden, auch gebrochen. Die Trennungslinie verläuft zwischen dem christlichen Süden und dem muslimischen Norden bzw. – was Darfur anbelangt – zwischen schwarzafrikanischen und arabischen Bevölkerungsgruppen.
Als der Bürgerkrieg in Somalia 1993 18 amerikanische Soldaten das Leben kostete, hat der damalige amerikanische Präsident Bill Clinton der UNO geraten, zu lernen, Nein zu sagen. Es war diese Kultur der Zurückhaltung der Weltgemeinschaft, die Millionen von Menschen Tod und Elend brachte.
Die Hamburger Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung hat für das letzte Jahr, also für 2004, 42 Kriege und bewaffnete Konflikte aufgelistet. Wir als Deutsche können weder den Weltpolizisten spielen noch können wir den Hunger in der Welt, der 850 Millionen Menschen quält, alleine besiegen. Wir dürfen aber auch nicht wegschauen. Bei AMIS und auch bei dieser Mission leisten wir Hilfe zur Selbsthilfe. Wir brauchen unter dem Dach der UNO regionale Sicherungssysteme unter jeweils regionaler Beteiligung.
Wir stellen – das ist auch schon gesagt worden – bei dieser Mission keine Kampfsoldaten, sondern bis zu 75 Beobachtungssoldaten, die in erster Linie die Aufgabe haben, die Konfliktparteien zu trennen. Die Hauptlast, wie auch bei der vorangegangenen und parallel laufenden UN-Mission AMIS, trägt nicht der Westen, sondern – trotz aller Unzulänglichkeiten – Afrika. Es sind keine Hurra-Gefühle, mit denen wir diesem Einsatz zustimmen.
Die CDU/CSU hatte sich mit insgesamt 10 Fragen an die Bundesregierung gewandt, wobei der Schutz unserer Soldaten und die mögliche medizinische Versorgung in Notfällen im Vordergrund standen. Es gibt keinen Einsatz, der ungefährlich ist. Der Einsatz aller UN-Soldaten – das können wir bedauern oder auch nicht – erfolgt unbewaffnet. Deshalb müssen wir auf den Schutz der UNMIS vertrauen.
Dass unsere Soldaten von militärischen Kräften beider ehemaliger Konfliktparteien begleitet werden, erhöht ihre Sicherheit, wiewohl die Bundesregierung selbst eingesteht, dass unsere Beobachter durchaus zwischen die Fronten rivalisierender Gruppen geraten können. Wir gehen aber davon aus – darauf vertrauen wir –, dass sowohl die militärische wie auch die politische Führung alles tun, die Risiken zu minimieren und notfalls – wenn die Gefahr eskaliert – unsere Soldaten bzw. Beobachter abzuziehen.
Zur Sicherheit zählt auch ein System von flächendeckenden Sanitätseinrichtungen und flächendeckenden Regelungen zur Verwundetenevakuierung. Zudem können unsere Beobachter auf minengeschützte Fahrzeuge zurückgreifen. Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte halten wir diesen Einsatz nicht für ungefährlich, aber unter dem Schutzaspekt für vertretbar.
Ich komme zu meiner Ausgangsfrage zurück: Was geht uns Afrika an? Bei Völkermorden mit all ihren schrecklichen Begleiterscheinungen wegzuschauen heißt, Partei für die Willkür des Starken zulasten der Hilflosen zu ergreifen. Dies ist weder eine christliche noch eine humanistische Grundhaltung. Weil wir nicht wegschauen, sondern vermutlich 50 Militärbeobachter in den Sudan senden – wir hoffen, dass sie alle heil zurückkehren –, stimmen wir dem vorliegenden Antrag zu.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich erteile das Wort der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.
Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin Abgeordnete der PDS. Der Friedensvertrag vom 9. Januar 2005 zwischen der sudanesischen Regierung und der südsudanesischen Volksbefreiungsbewegung ist ein kleiner Schritt zum Frieden. Nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg, der 2 Millionen Menschen das Leben gekostet und 4 Millionen zu Binnenvertriebenen bzw. Flüchtlingen gemacht hat, scheint ein Friede in Sicht.
Die UNO hat die Bundesregierung gebeten, sich an der UN-Mission im Sudan durch die Entsendung von Stabspersonal und Militärbeobachtern zu beteiligen. Die Bundesregierung will nach Kap. VI der UN-Charta bis zu 75 deutsche Soldaten im Rahmen der Mission UNMIS als Beobachter in den Sudan entsenden. Kernaufgabe von UNMIS ist es, für zunächst sechs Monate die Implementierung der Friedensvereinbarung von Nairobi zu überwachen und das Programm zur Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration ehemaliger Kämpfer sowie UN-Programme in dieser Region zu unterstützen.
Wir als PDS haben uns schon im Jahre 2000 auf unserem Parteitag in Münster dafür ausgesprochen, friedliche Missionen der UNO nach Kap. VI zu unterstützen.
Wir haben uns immer gegen UN-mandatierte Militärinterventionen unter Berufung auf Kap. VII der UN-Charta ausgesprochen. Die Menschen im Sudan sehnen sich nach Frieden und wünschen sich nichts dringlicher als das Ende des Mordens, Plünderns und Vergewaltigens. Die PDS teilt diesen Wunsch; allerdings sehen wir auch, dass es ganz klare wirtschaftliche Interessen einiger Länder und Unternehmen gibt, die den Frieden nur als Zwischenstation sehen, um dann – um einmal ein Wort von Herrn Müntefering zu gebrauchen – wie „Heuschrecken“ über das Land herzufallen.
Wir sehen die Auswirkungen des Krieges und wir sehen die Auswirkungen dieser Heuschreckenschwärme und würden uns gern für das kleinere Übel entscheiden. Doch die Bundesregierung macht eine Zustimmung zu dem Mandat für uns unmöglich. Die Bundesregierung ist in ihrer Beschreibung der Aufgaben der Soldaten zu ungenau.
Die Bundesregierung macht es uns unmöglich, diese Mission zu kontrollieren.
Die Regierung erklärt zum Beispiel, dass sie, wenn Soldaten außerhalb des Schwerpunktgebietes des UNMIS-Einsatzes tätig werden sollen, vorab die Obleute des Auswärtigen Ausschusses und des Verteidigungsausschusses unterrichten will. Das klingt nach Geheimniskrämerei. Die PDS wäre nach diesem Verfahren von jeder Kontrolle ausgeschlossen. Das können wir nicht akzeptieren. Die PDS wird sich aus den genannten Gründen der Stimme enthalten.
Vielen Dank.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Dr. Egon Jüttner. Danach stimmen wir namentlich ab. Ich bitte bis dahin noch um ein bisschen Konzentration.
Bitte schön, Herr Kollege.
Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jahrzehntelang hat die Bevölkerung des Sudan unter dem längsten und wohl blutigsten Bürgerkrieg Afrikas gelitten. Noch vor einigen Monaten kam es zu Massenvertreibungen und Massentötungen im Westen des Sudan. Noch immer gibt es Morde und Vergewaltigungen. Die Überwachungsmission der Afrikanischen Union hat dennoch zu einer leichten Beruhigung der Situation geführt. Deutschland hat mit der Durchführung von Truppentransporten einen wichtigen Beitrag dazu geleistet. Dafür danken wir den Soldaten der Bundeswehr.
Ein Lichtblick für die Menschen im Sudan ist der am 9. Januar dieses Jahres unterzeichnete Friedensvertrag zwischen der sudanesischen Regierung und der südsudanesischen Volksbefreiungsbewegung. Vertreter der Menschenrechts- und Hilfsorganisation „Hoffnungszeichen“, die erst kürzlich im Südsudan waren, berichten, wie jetzt die Menschen im Süden des Sudan aufatmen und hoffen, dass sich durch das Friedensabkommen ihre Lebenslage verbessert.
22 Jahre Bürgerkrieg haben tiefe Spuren hinterlassen. Schulen und Krankenhäuser sind zerstört, sofern sie überhaupt vorhanden waren. Es gibt kaum staatliche Strukturen und nahezu keine Infrastruktur. Gerade jetzt, zu Beginn der Regenzeit, werden befahrbare Pisten zu unpassierbaren Schlammrinnen. Es gibt kein Eisenbahnnetz und kein Gesundheitssystem, das diesen Namen verdient. Blutiger Durchfall ist die Haupttodesursache bei Kleinkindern. Frisches Trinkwasser ist Mangelware. Es gibt keine systematische Schulbildung. Nach Angaben des katholischen Bischofs der Diözese Rumbek, Caesar Mazzolari, liegt im Südsudan die Analphabetenrate der Frauen bei 97 Prozent, die der Männer bei 84 Prozent. Mit Recht haben bereits im vergangenen Jahr sudanesische Bischöfe bei ihrem Besuch in Berlin Bundestag und Bundesregierung aufgefordert, dringend zu helfen.
Die Menschenrechtslage im Sudan ist weiterhin desolat. Im Norden weigert sich Präsident Baschir, Menschenrechtsverletzer an den Internationalen Strafgerichtshof auszuliefern. Im Südsudan agieren sich streitende, von Khartoum mit Waffen versorgte Milizen, die zum Zwecke persönlicher Bereicherung die Bewegungsfreiheit der Zivilbevölkerung einschränken. Sie erpressen Wegezölle und erheben unrechtmäßig Steuern. Sie gefährden die Sicherheitslage der Zivilbevölkerung ebenso wie deren Nahrungsmittelselbstversorgung.
Ich fordere deshalb die sudanesische Regierung in Khartoum auf, nicht erst Anfang 2006, wie im Friedensabkommen vorgesehen, sondern schon jetzt die ihr unterstehenden Milizen zu entwaffnen und in die regulären sudanesischen Streitkräfte zu integrieren. Es kann nicht sein, dass Schusswaffen zur lukrativen Einnahmequelle werden.
Die Menschen im Sudan wollen und brauchen Frieden. Sie schöpfen erst wieder Hoffnung, wenn sie sichtbar und greifbar erleben und erfahren, wie sich ihre Lebensbedingungen verbessern. Deshalb muss gleichzeitig die humanitäre Lage der Flüchtlinge und der Binnenflüchtlinge sowohl im Norden als auch im Süden des Landes verbessert werden. Im Süden muss mit dem Aufbau und Wiederaufbau infrastruktureller und administrativer Bereiche begonnen werden. Auch die Defizite bei der Basisgesundheitsversorgung und im Bildungssektor müssen abgebaut werden. Deshalb begrüßen wir die an Bedingungen geknüpften Zusagen, die kürzlich bei der Geberkonferenz in Oslo gegeben wurden.
Auf keinen Fall darf die internationale Gemeinschaft die Versuche der sudanesischen Regierung tolerieren, die Stabilisierung und den Wiederaufbau des Südsudans zu verzögern oder gar zu hintertreiben.
Nicht nachvollziehbar ist, dass die Regierungspartei im Norden die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen geforderte Ahndung der Menschenrechtsverbrechen in Darfur als einen Angriff auf den Islam bezeichnet.
Wir begrüßen, dass gestern die UN-Menschenrechtskommission beschlossen hat, einen Sonderberichterstatter für den Sudan einzusetzen, und die schweren Menschenrechtsverletzungen in Darfur, im Westsudan verurteilt hat. Wir begrüßen die Mission der Vereinten Nationen und wir stimmen zu, dass zur Erfüllung dieses Auftrags bis zu 75 deutsche Soldaten eingesetzt werden. Die Menschen im Sudan brauchen die Hilfe der internationalen Gemeinschaft.
Ich danke Ihnen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf Drucksache 15/5343 zu dem Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung deutscher Streitkräfte an der Friedensmission der Vereinten Nationen in Sudan. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/5265 anzunehmen. Hierzu ist namentliche Abstimmung verlangt.
Ich bitte um ein Signal, ob alle Plätze an den Urnen besetzt sind. Das sieht so aus. Dann eröffne ich hiermit die namentliche Abstimmung.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird später bekannt gegeben.
Ich darf noch darauf hinweisen, dass dem Präsidium Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 unserer Geschäftsordnung der Kollegen Jürgen Koppelin und Wolfgang Börnsen sowie der Kollegin Verena Wohlleben vorliegen.
Wir setzen die Beratungen fort.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich Merz, Dr. Michael Meister, Heinz Seiffert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Ein modernes Steuerrecht für Deutschland – Konzept 21
– Drucksachen 15/2745, 15/5176 –
Berichterstattung:Abgeordnete Gabriele Frechen Peter Rzepka
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich bitte diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die die Debatte über diesen Tagesordnungspunkt nicht mitverfolgen können oder wollen, ihre dringenden Staatsgespräche außerhalb des Plenarsaals fortzusetzen, damit wir für die an der Debatte beteiligten Kolleginnen und Kollegen die nötige Aufmerksamkeit sicherstellen können.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst der Kollege Dr. Michael Meister für die CDU/CSU-Fraktion.
Dr. Michael Meister (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir führen diese Debatte über die steuerpolitischen Grundsätze in unserem Land im Einsteinjahr. Ich darf mit einem Zitat von Albert Einstein beginnen:
Um eine Einkommensteuererklärung abzugeben, muss man Philosoph sein;
es ist zu schwierig für einen Mathematiker.
Ich bin Mathematiker. Auch wenn wir einige Jahrzehnte später leben, kann ich feststellen: Der Schwierigkeitsgrad des Steuerrechts ist leider nicht geringer geworden. Deshalb geht es vielen Menschen in unserem Land wie Albert Einstein: Sie plagen sich wegen Aufwand und Schwierigkeit mir ihrer Steuererklärung herum.
Die Steuerzahler sind die Hauptbetroffenen. Sie sind kaum noch in der Lage, ihre Einkommensteuererklärung in angemessener Zeit selbst anzufertigen. Sie verstehen kaum noch den Sinn der sich zum Teil widersprechenden Vorschriften. Durch den Vollzug wird die Komplexität weiter gesteigert. Es gibt eine Vielzahl von Aufzeichnungspflichten. Die Belegsammlungen, die gefordert werden, werden immer dicker. Deshalb muss ein Steuerberater herangezogen werden. Leider sind auch die Steuerberater wegen der ständigen Rechtsänderungen in unserem Land kaum noch in der Lage, steuerrechtlich korrekte Aussagen zu machen.
Die Vielzahl der Änderungen führt zu einer weiteren Verkomplizierung und zu weiterer Unsicherheit. Damit werden Leistung und Motivation in unserem Land letztendlich massiv behindert. Ich glaube, wir müssen einen Kurswechsel einleiten. Wir müssen den Menschen ihre Freiheit zurückgeben. Wir müssen Leistung honorieren. Wir müssen Vertrauen, Verlässlichkeit und Berechenbarkeit in der Steuerpolitik schaffen.
Schauen wir uns den Kurs der Regierungskoalition der vergangenen Jahre an; ich will auf einige Gesetzgebungsmaßnahmen hinweisen.
Die so genannte Gesellschafterfremdfinanzierung ist ein erstes treffendes Beispiel dafür, wie man Tatbestände unzulänglich regelt.
Ein zweites Stichwort: Man spricht von mehr Investitionen und von mehr Leistung in unserem Land, aber die Vorschläge zur Mindestbesteuerung und zur Verschärfung der Abschreibungsregeln sind wahrlich keinerlei Anreiz für mehr Investitionen am Standort Deutschland.
Ein drittes Beispiel: Durch das Kleinunternehmerförderungsgesetz sollte die Unternehmensgründung erleichtert werden und sollte es einfacher werden, die Startphase zu überwinden. Was ist gekommen? – Ein Formular „Einnahmenüberschussrechnung“, das heißt mehr bürokratischer Aufwand, mehr Formalismus.
Ein weiterer Punkt ist die Umsatzsteuer. Wir haben die Wirtschaft und die am Wirtschaftskreislauf Tätigen mit umsatzsteuerlichen Pflichten gesegnet, deren Wirkung zweifelhaft ist und die die Finanzverwaltung gar nicht alle kontrollieren kann. Durch Regulierung und Bürokratie bringen wir den Standort Deutschland nicht voran.
Oder nehmen wir Ihren Vorschlag einer Steueramnestie: Sie sollte Menschen dazu bewegen, in die Legalität zurückzukehren, und Ihrer Erwartung nach 5 Milliarden Euro einspielen. Im Ergebnis hat sie nur etwa 20 Prozent davon eingebracht. Das heißt, diese Maßnahme war erfolglos. Aber es wurden erhebliche Zweifel geschaffen, dass der Gesetzgeber tatsächlich dem Legalitätsprinzip folgt und dass der Ehrliche am Ende nicht der Dumme ist. Wir müssen darüber nachdenken, ob eine solche Steuerpolitik sinnvoll ist.
Ein letztes Beispiel: die neu konzipierte Entfernungspauschale. An diese Pauschale haben Sie im Jahr 2001 einen Verwaltungserlass geknüpft, der siebeneinhalb DIN-A5-Seiten umfasst. Ich frage mich schon, ob ein normaler Mensch solch umfangreiche Verwaltungsanweisungen zu einer einzelnen Bestimmung überhaupt zur Kenntnis nehmen und verstehen kann. Ich glaube, das geht in die falsche Richtung. Deshalb müssen wir dringend eine Umkehr zu einem einfacheren und dann auch als gerechter empfundenen Steuersystem finden.
Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, haben das Steuerrecht in Deutschland komplizierter, unüberschaubarer, unsystematischer und ungerechter gemacht.
Die Menschen in unserem Land verstehen Ihre Gesetze nicht mehr. Sie akzeptieren Ihre Gesetze nicht mehr. Deshalb ist auch das Vertrauen in Ihre Steuerpolitik verloren gegangen. Ständig wird von Ihnen als Gesetzgeber – wir erleben das aktuell wieder bei der Frage der Fonds – in Dispositionen, die bereits getroffen sind, im Nachgang eingegriffen. Das muss ein Ende haben. Deutschland braucht eine Politik, die verlässlich ist und Vertrauen schafft. Vertrauen ist die Basis von Investitionen, von Leistungsbereitschaft, von Wachstum und neuen Arbeitsplätzen.
Vertrauen können wir nur gewinnen, wenn wir in der Steuerpolitik wieder einem klaren Fahrplan folgen. Der Weg, den Sie eingeschlagen haben – der Weg der ständigen Reparaturen, des kleinen Karos ohne konzeptionellen Entwurf –, führt in die Irre. Man muss einen Neubeginn machen. Wir müssen uns entscheiden, endlich einmal mit den Reparaturen am alten Auto, das schrottreif ist, aufzuhören, dieses alte, schrottreife Auto auf den Abstellplatz zu bringen und uns einen Neuwagen zu beschaffen. Wir brauchen in der Steuerpolitik in Deutschland einen neuen Start.
Das ist unser Ansatz, das ist unser Vorschlag.
– Lieber Herr Kollege Poß, wir sind uns darüber einig, dass wir den Menschen zu einfacheren Steuererklärungen verhelfen wollen; aber wir sind uns leider nicht über den Weg, auf dem das geschehen soll, einig.
Wir sind der Meinung, einfachere Steuererklärungen werden wir nur erreichen, wenn wir auch die zugrunde liegenden Gesetze vereinfachen. Es ist ein absoluter Irrglaube, dem Sie anhängen, wenn Sie behaupten, man könne mit einfacheren Steuererklärungen arbeiten, solange die Gesetze kompliziert sind. Nein, wir müssen tiefer gehen: Wir müssen das Recht deutlich vereinfachen. Herr Poß, Ihnen fehlen der Mut und die Kraft dazu, die Grundlagen zu reformieren.
Wir wollen die Einkunftsarten zusammenlegen. Das ist kein Selbstzweck; denn an die Frage der Einteilung in sieben Einkunftsarten knüpft sich eine Menge von Rechtsstreitigkeiten. Ich möchte das an einem Beispiel deutlich machen: Nehmen Sie einen EDV-Berater und die Frage, ob er nun Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit hat oder ob er der Gewerbesteuer unterliegt. An dieser Frage hängt sich eine Menge von Gerichtsverfahren auf. Wir sind der Auffassung: Wenn wir die Einkunftsarten zusammenführen, werden solche Gerichtsprozesse überflüssig. Wir wollen weniger Gerichtsentscheidungen; wir wollen mehr Klarheit. Deshalb sagen wir: weniger Einkunftsarten, weniger Gerichtsverfahren, weniger Bürokratie!
Wir sind der Auffassung, dass die Abzugsmöglichkeiten durch Einschränkung und Pauschalierung auf das notwendige Maß zurückgeführt werden sollen. Diese Rücknahme der Abzugsmöglichkeiten, die das Steuerrecht deutlich vereinfacht, wollen wir im Gegensatz zu Ihnen erreichen. Ich nenne das Beispiel Steuervergünstigungsabbaugesetz: Sie wollten Ausnahmen streichen und die Einsparungen einfach als Mehreinnahmen im Haushalt verbuchen, sprich: Steuern erhöhen. Wir sind der Meinung, dass wir die Ausnahmeregelungen zurückführen und die Einsparungen über den Tarif an die Menschen zurückgeben sollten, um damit zu einem einfacheren Recht mit einer niedrigeren Belastung zu kommen.
Unser Steuerkonzept ist familienfreundlich. Wir schlagen vor, für jeden Menschen in diesem Land einen Grundfreibetrag, ein Existenzminimum, von 8 000 Euro einzuführen. Das heißt, wir wollten nicht in die Lebensdisposition der Menschen eingreifen. Eine vierköpfige Familie soll 32 000 Euro im Jahr steuerfrei vereinnahmen können. Das ist ein Beitrag zu einer familienfreundlichen Steuerpolitik.
– Lieber Herr Poß, es geht hier nicht um unsystematische Einzelmaßnahmen, sondern es geht darum, dass wir tatsächlich die Basis finden, mit einem einfacheren Recht etwas für die Familienförderung zu tun. Wir sagen deshalb: im Bereich der Kinderbetreuung Abzugsmöglichkeiten in vollem Umfang zulassen!
Das ist ein riesiger Schritt voran für die Familien in Deutschland. Das schlägt die Union Ihnen hier und heute vor. Stimmen Sie doch einfach zu, anstatt zu schreien! Dann tun wir gemeinsam etwas für die Familien in Deutschland. Das wäre doch einmal eine Leistung am heutigen Vormittag.
Aktuell führen wir eine Diskussion über die Frage der Senkung des Körperschaftsteuersatzes. Ich halte die Tatsache, dass wir diese Frage der Senkung des Körperschaftsteuersatzes mit dem Begriff „Unternehmensteuerreform“ etikettieren, für hochgradig anspruchsvoll. Die Veränderung eines Steuertarifs ist noch keine Reform. An dieser Stelle springen wir zu kurz. Wir müssen uns dringend fragen: Wie kommen wir auch im Bereich der Unternehmensteuer zu einem einfacheren Recht?
Sie brauchen die Kraft und den Mut, Frau Scheel, um zu sagen: Wir wollen die Gewerbesteuer in die Einkommen- und Körperschaftsteuer integrieren und damit auf Substanzbesteuerung verzichten.
Nur so können wir Investitionen begünstigen und Bürokratie abbauen. Der Unsinn, dass wir die Einnahmen aus der einen Steuer mit denen einer anderen Steuer, nämlich der Einkommensteuer, verrechnen, muss ein Ende haben. Das, was wir da treiben, ist doch hochgradig unsinnig. Solange Sie nicht die Einsicht haben, von diesem Unsinn Abstand zu nehmen, werden wir es auch nicht schaffen, zu einem einfachen Steuerrecht in Deutschland zu kommen. Von diesen Vorschlägen findet sich bei Ihnen nichts.
Ich hoffe, dass die Pressemeldungen vom heutigen Vormittag zutreffen, wonach die Bundesregierung auf den unanständigen Griff in die kommunalen Kassen durch eine Anhebung der Gewerbesteuerumlage verzichtet. Herr Bundesfinanzminister, ich würde mich sehr freuen, wenn Sie dies heute früh klarstellten, und in diese Richtung an Sie appellieren. Es kann nicht sein, dass den Kommunen virtuelle Einnahmen zugerechnet werden, obwohl ihnen real etwas entzogen wird. Das wäre unanständig. Ich würde mich freuen, wenn wir das in der Debatte heute Morgen abräumen könnten und die Debatte darüber dann beendet wäre.
Wenn wir über die Unternehmensteuerreform diskutieren, dann müssen wir uns endlich auch einmal fragen: Wie gehen wir mit dem Europarecht um? Wir können doch nicht immer defensiv bleiben und warten, was der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entscheidet, um dann kleinere Nachbesserungsmaßnahmen vorzunehmen.
Wir brauchen endlich Anstrengungen unter Federführung unserer Bundesregierung, um zu einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage in Europa zu kommen und damit eine strategische, offensive Antwort auf die Herausforderungen des europäischen Binnenmarktes zu finden. An dieser Stelle haben Sie uns als Partner.
Aber wir müssen vorangehen. Wir müssen die Diskussion vorantreiben, um den Standort Deutschland zu stärken.
Ein weiterer Punkt betrifft die Frage der Rechtsformneutralität. Ich möchte auf die aktuelle Debatte dazu eingehen. Ich frage mich: Inwiefern berücksichtigen Sie in Ihrem aktuellen Vorschlag, den Körperschaftsteuersatz zu senken, eigentlich die Personengesellschaften? Selbstverständlich – das erkennen wir an – soll die Gewerbesteuer zu einem höheren Grad mit der Einkommensteuer verrechnet werden können. Dem widerspreche ich nicht, auch wenn, wie ich vorhin gesagt habe, das eigentliche Übel Gewerbesteuer mit dem Vorschlag nicht angegangen wird. Ich will aber gleich dazusagen: Das ist doch angesichts von 20 Prozent Kapital- und 80 Prozent Personengesellschaften kein adäquater Ausgleich, zumal Sie daran denken müssen, dass es vom Hebesatz in der einzelnen Kommune abhängt, ob das Unternehmen überhaupt einen Vorteil von dieser Maßnahme hat.
Deshalb verlangen wir nach diesem einen Schritt in die richtige Richtung – das war ja unsere Anregung; wir haben die Jobgipfel gefordert – noch in dieser Wahlperiode weitere Maßnahmen, um unseren Standort besser zu positionieren.
– Herr Poß, es ist doch aber wichtig, dass wir nicht nur einseitig die Kapitalgesellschaften im Blick haben.
– Ich weiß nicht, ob Sie sich einmal mit Ihrem Fraktionsvorsitzenden abgesprochen haben, der scheint – nach dem, was ich den letzten Tagen gehört habe – eine ganz andere Auffassung zu vertreten. Der eine spricht von Heuschrecken, der andere will die Heuschrecken füttern. Das irritiert mich etwas und ich kann es nicht ganz zuordnen.
Aber ich will einmal sagen: Unsere Forderung ist, dass wir zu einer Gleichbehandlung der Personen- und Kapitalgesellschaften kommen. Deshalb fordern wir in unserem Reformentwurf die Rechtsformneutralität des Steuerrechts. Zur aktuellen Frage sagen wir: Wenn wir eine Entlastung der Kapitalgesellschaften durchführen, dann muss es eine entsprechende Leistung für die Personengesellschaften geben.
Wir wollen auch eine entsprechende Regelung im Erbschaftsteuerrecht. Wir sagen: Wenn Familienunternehmen ihr Unternehmen in der nächsten Generation weiterführen, dann soll die Erbschaftsteuerschuld zunächst einmal gestundet werden. Im Falle der Fortführung des Unternehmens, des Erhalts der Arbeitsplätze und der Weiterführung der wirtschaftlichen Aktivitäten soll die Erbschaftsteuerschuld abgearbeitet werden können und letztendlich nach zehn Jahren ganz entfallen. Wenn wir dies gemeinsam vereinbaren können, dann sind wir dazu bereit. Herr Poß, ergreifen Sie unsere Hand. Machen wir das gemeinsam! Dann tun wir tatsächlich etwas für den Standort Deutschland, für mehr Beschäftigung und für mehr Wachstum.
Ich möchte mich am Ende meiner Rede noch kurz mit zwei weiteren Argumenten auseinander setzen. Zum einen geht es mir um die Frage: Was ist das Ergebnis dessen, was Sie bisher als Steuerreform verkauft haben? Sie tun immerzu so, als seien die gesamten Reformen am Standort Deutschland schon erledigt. Aber haben Ihre Reformen denn zu weniger Arbeitslosen geführt? 6,5 Millionen sind bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet. Haben sie zu weniger Unternehmensinsolvenzen geführt? Wir haben jährlich knapp 40 000 Unternehmensinsolvenzen.
Haben sie zu mehr sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen geführt? Wir verlieren jeden Werktag 1 500 davon. – Deshalb sage ich: Was Sie bisher als Reform bezeichnen, war nicht das, was wir brauchen. Wir brauchen einen Neuanfang mit Struktur und klarem Fahrplan.
Eine letzte Bemerkung, und zwar zur Gegenfinanzierung, weil Herr Poß diesen Punkt mit Sicherheit ansprechen wird. Solange Sie nur mit Einzelmaßnahmen arbeiten, Herr Poß, wobei keine Verzahnung der Steuerpolitik mit Arbeitsmarkt, Bildung, Innovation, Entbürokratisierung und Sozialsystemen stattfindet und wobei auch innerhalb des Steuersystems nur Einzelmaßnahmen betrachtet werden, bekommen Sie keine wirtschaftliche Dynamik am Standort und müssen seriös und voll gegenfinanzieren. Wenn Sie aber einmal einen großen Entwurf präsentieren würden, der psychologische Wirkung entfaltet und dafür sorgt, dass im Lande Aufbruchstimmung und Hoffnung generiert werden, dann würden sich Wachstumskräfte entwickeln und dann könnten Sie auch auf einen gewissen Selbstfinanzierungseffekt vertrauen.
Deshalb werbe ich dafür, dass wir das aufgreifen, was unsere Parteivorsitzenden Angela Merkel und Edmund Stoiber im Kanzleramt angeboten haben, nämlich einen umfassenden Reformentwurf mit 32 Punkten zu den verschiedenen Feldern, um den Standort Deutschland jetzt besser zu positionieren, und nicht mit einigen wenigen isolierten Einzelmaßnahmen den Menschen den Glauben geben, hier werde etwas getan, mit dem Ergebnis, dass sie am Ende aufwachen und feststellen: Es hat nicht geholfen.
Wir brauchen mehr. Ihnen fehlt die Kraft zu mehr.
Geben Sie sich einen Ruck! Fassen Sie mehr Mut! Entwickeln Sie mehr Kraft! Bewegen Sie sich nach vorn
und halten Sie sich mit Polemik etwas mehr zurück!
Vielen Dank.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Bevor wir die Debatte fortsetzen, kommen wir zum Tagesordnungspunkt 17 zurück. Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zum Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung deutscher Streitkräfte an der Friedensmission der Vereinten Nationen in Sudan bekannt. Abgegebene Stimmen 565. Mit Ja haben gestimmt 552, mit Nein haben gestimmt 3, Enthaltungen gab es 10. Die Beschlussempfehlung und damit der Antrag der Bundesregierung sind angenommen.
Das Wort hat nun für die Bundesregierung der Bundesfinanzminister Hans Eichel.
Hans Eichel, Bundesminister der Finanzen:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Meister, positiv finde ich den unpolemischen Ton, den Sie gewählt haben – das will ich ausdrücklich anmerken –; das unterscheidet Ihren Beitrag ein Stück von dem, was vielleicht Herr Merz an dieser Stelle gesagt hätte.
Ich will in der Sache entsprechend reagieren.
Sie haben allerdings nur ein paar Grundsätze gesagt und über das Konzept 21 zum Steuerrecht, das der Debatte heute zugrunde liegt, so gut wie kein Wort verloren.
Das hat auch seinen Sinn, glaube ich, verehrter Herr Meister; denn das Konzept 21 ist der Verschnitt aus merzschem intellektuellem Radikalismus – übrigens mit gewaltigen Kollateralschäden –
und bayerischem Pragmatismus von Herrn Faltlhauser. Heraus kommt dabei Flickschusterei.
Insofern darf man über dieses Konzept nicht allzu deutlich reden.
Vereinfachung, Herr Meister, ist eine wunderbare Sache – welcher Finanzminister wäre nicht dafür? –, schon um Gestaltungsmöglichkeiten auszuschließen, schon um den Vollzug wesentlich einfacher zu machen; alles richtig. Aber wenn Vereinfachung mit einer wesentlich verschärften Ungerechtigkeit bei der Steuerbelastung bezahlt wird – deswegen der Hinweis auf die Kollateralschäden –, was wir bei all den Grundsatzkonzepten feststellen mussten, was auch die Finanzminister der Länder einvernehmlich festgestellt haben, dann ist sie nicht in Ordnung. Also: Man muss das zusammen betrachten.
Wenn Vereinfachung sozusagen mit Unfinanzierbarkeit bezahlt wird, weil weitere riesige Einnahmeausfälle entstehen, dann ist das ebenfalls ein nicht hinnehmbarer Kollateralschaden und dann taugt das ganze Konzept nichts.
Die Wahrheit ist – darüber müssen wir uns klar sein; das haben einige der Radikalreformer vielleicht übersehen –: Wir machen Umbau unter Betriebsbedingungen. Man kann im Elfenbeinturm ein völlig neues Konzept entwickeln. Man könnte bei einer Staatsneugründung ganz von vorn anfangen. Ich habe dafür viel Sympathie.
Das ist aber nicht die Situation, in der wir uns befinden. Das konnte in den Ländern Osteuropas gemacht werden, als dort ein vollständiger Umschwung stattfand. Sie sollten ganz vorsichtig sein, weil Sie an der Unüberschaubarkeit, die Herr Meister beklagt hat, einen riesigen Anteil haben; denn Sie waren diejenigen, die für viele Steuersubventionen gekämpft haben.
Ich weiß, wovon ich rede.
Wenn ich den Versuch unternommen habe, Steuersubventionen abzubauen, habe ich Ihre Reaktionen gesehen. Der wesentliche Grund für die Komplizierung des Steuerrechts liegt in den vielen Ausnahmetatbeständen für jede kleine Gruppe.
Jede Lobby setzt sich durch, wenn man versucht, diese Subventionen abzubauen. Ich sage ganz allgemein: Die jeweilige Opposition stellt sich immer vor die entsprechende Lobby und sagt: Da machen wir nicht mit. Wenn die Opposition dann noch eine Mehrheit im Bundesrat hat, verhindert sie jede konsequente Vereinfachung des Steuerrechts; das ist leider wahr.
Herr Dr. Meister, diese Erfahrung ist wohl allgemeiner Natur: Jeder Finanzminister hat den Versuch, Steuersubventionen abzubauen, mit seiner jeweiligen Mehrheit unternommen. Dann hat man festgestellt, wie stark die Lobby ist.
Für die Opposition – das will ich gar nicht einfach abtun – ist es eine besondere Versuchung, der Lobby nachzugeben.
Zurzeit geschieht das ganz massiv.
Dieses Vorhaben blockieren Sie jetzt schon seit vielen Jahren über den Bundesrat.
Ihr Konzept, Herr Dr. Meister, kann in der Tat nicht akzeptiert werden.
Es stellt gegenüber all den Vorschlägen, die Sie in der Vergangenheit auf den Tisch gelegt haben, eine Komplizierung dar und ist noch immer ungerecht. Die Absenkung des Eingangssteuersatzes auf 12 Prozent und des Spitzensteuersatzes auf 36 Prozent macht die ganze soziale Schieflage deutlich. Sie selbst sagen, Ihr Konzept führe – das bestätige ich – zu einem Einnahmeausfall in Höhe von 10 Milliarden Euro,
in den ersten beiden Jahren sogar zu einem Einnahmeausfall von 15 bis 16 Milliarden Euro.
Hinzu kommt Ihr Kindergeld-Versprechen, das weitere 17,5 Milliarden Euro kostet.
Wir haben es hier also mit einem Konzept zu tun, das nachhaltig 27,5 Milliarden Euro kostet. Meine Damen und Herren, Ihre Vorschläge sind nicht von dieser Welt.
Dass in Ihrem Gesamtkonzept eine Finanzierungslücke in Höhe von 100 Milliarden Euro besteht, hat Ihnen Horst Seehofer vorgerechnet. Mit anderen Worten: Ihr Konzept, das hier auf dem Tisch liegt, ist nicht wirklichkeitstauglich. Deswegen haben Sie Ihre Vorschläge auch nicht im Einzelnen angesprochen.
Um es wirklichkeitstauglich zu gestalten, muss man zu allererst fragen: Wie sieht der Finanzrahmen aus? Denn die Finanzminister haben festgestellt: Wenn ein Konzept nicht finanzierbar ist, ist es nicht tauglich. Was heißt das? Ich sage, damit das klar ist, ganz freimütig: Es kann nicht so weitergehen, dass wir den Bundeshaushalt nur dadurch verfassungsgemäß gestalten können, dass wir in großem Umfang Privatisierungserlöse einsetzen. Das wollte ich nicht tun.
Ich wollte sie zum Abbau alter Schulden, nicht aber zur Finanzierung laufender Ausgaben verwenden.
Inzwischen gibt es fünf Länder in Deutschland, die, anders als der Bund, bereits in der Vorlage verfassungswidrige Haushalte haben.
– Auf Bayern komme ich noch zu sprechen, Herr Michelbach. – Im reichen Land Hessen,
in Niedersachsen und im Saarland wurden verfassungswidrige Haushalte vorgelegt; es müsste Ihnen übrigens auffallen, dass in all diesen Länder Ministerpräsidenten von der CDU regieren.
Hinzu kommen die Länder Bremen und Berlin. Hessen zum Beispiel veräußert allein in diesem Jahr für 850 Millionen Euro Verwaltungsgebäude und Ministerien und mietet sie zurück. Trotzdem ist der hessische Haushalt nicht verfassungsgemäß.
Baden-Württemberg ist haarscharf an der Verfassungswidrigkeit vorbeigeschrammt. Dort werden die Zinseinnahmen bis zum Jahr 2017 für die stille Einlage in der Landesbank auf die Jahre 2005 und 2006 vorgezogen, sodass man gerade noch einen verfassungsgemäßen Haushalt vorlegen kann.
Bayern behauptet, nächstes Jahr einen Haushalt ohne Kredite vorzulegen. Die Wahrheit ist, dass dies durch die Verwendung von Privatisierungserlösen und Entnahmen aus alten Rücklagen, die aus alten Kreditermächtigungen gebildet worden sind, realisiert wird. Das ist allerdings nicht gemeint, wenn in der bayerischen Verfassung von einem ausgeglichenen Haushalt die Rede ist.
Das ist die Lage, in der wir uns in Deutschland gegenwärtig befinden.
– Seien Sie ganz vorsichtig, Herr Meister; denn hier unterliegen auch Sie einem Irrtum. In meinen Gesprächen mit den CDU-Finanzministern hört sich das schon ganz anders an.
Unsere Steuerquote ist die zweitniedrigste innerhalb der Europäischen Union. Sie liegt ungefähr 3 Prozent unter dem langjährigen Mittel der Bundesrepublik Deutschland. Unsere Abgabenquote liegt auf der Höhe der Abgabenquote Großbritanniens und unterhalb des Durchschnitts der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. In der gegenwärtigen Situation können wir weder den Abbau der Finanzhilfen und die Einschränkungen im konsumtiven Bereich, die wir massiv vorgenommen haben, noch den Abbau von Steuervergünstigungen für einzelne Gruppen, die dadurch etwas verlieren, durch allgemeine Steuersenkungen gegenfinanzieren, weil die Finanzlage der öffentlichen Haushalte das nicht zulässt.
Das ist die Wirklichkeit, Herr Dr. Meister.
Sie macht alles zur Makulatur, was Sie bisher programmatisch an Versprechungen in diesem Bereich gemacht haben. Deswegen sind Ihre Vorschläge nicht wirklichkeitstauglich. Ich kann Ihnen diesen Vorwurf nicht ersparen. Denn gleichzeitig stellen Sie, insbesondere Herr Stoiber, sich wieder hin und fordern den Abbau von Schulden und die Einhaltung der Maastricht-Kriterien. Beide Forderungen sind natürlich richtig. Doch 17,5 Milliarden Euro von den 26 Milliarden Euro an Steuervergünstigungen, die ich seit 2002 zum Abbau vorgeschlagen habe, sind im Blockadegestrüpp des Bundesrates hängen geblieben. Im vorigen Jahr – das kann man den Statistiken entnehmen – hätten wir, wenn Sie nicht blockiert hätten oder wenn wir dieses Volumen durch andere Maßnahmen mit gleicher fiskalischer Wirkung ersetzt hätten, die 3-Prozent-Grenze bereits eingehalten und wir hätten uns manche Debatte sparen können. Also, meine Damen und Herren: Was hier genehmigt ist und im Bundesrat hängen bleibt, liegt in Ihrer Verantwortung und nicht in unserer; das muss klar zugewiesen werden.
Vorgeschlagen habe ich ja jede Menge. Das Problem ist – darauf komme ich gleich noch zurück –, wie Sie auf so etwas reagieren.
Das wird so nicht weitergehen. Herr Dr. Meister, das Problem mit dem von Ihnen vorgelegten Konzept ist – Sie wissen es selbst; der Sachverständigenrates hat das richtig gesagt; ich zitiere nur den einen Satz aus seinem Gutachten –:
Alles in allem sind die von CDU/CSU und FDP vorgelegten Konzepte in der derzeitigen Fassung als Grundlage einer Unternehmenssteuerreform nicht geeignet.
Das ist die zentrale Botschaft.
Eine Einkommensteuerreform haben wir gemacht, mit ganz massiven Einschnitten. Auch eine Unternehmensteuerreform haben wir eingeleitet. Deren erste Stufe war das Halbeinkünfteverfahren. Dazu kann ich nur sagen: Ein Glück, dass wir das gemacht haben!
Denn wenn das Manninen-Urteil des Europäischen Gerichtshofs jetzt noch auf uns durchschlagen würde, dann müssten wir bluten ohne Ende.
Bin ich froh, dass ich auf Herrn Merz nicht gehört habe, als wir die Unternehmensteuerreform im Jahr 2000 durchgebracht haben! Und Sie müssen auch froh darüber sein.
Wir haben für die Personengesellschaften, wie für alle privaten Haushalte, die Einkommensteuer massiv gesenkt: Eingangssteuersatz von 25,9 auf 15 Prozent, Spitzensteuersatz von 53 auf 42 Prozent und – ganz zentral; was die Personengesellschaften immer gefordert haben, was der Mittelstand immer gefordert hat – die Gewerbesteuer als Kostenfaktor durch die Anrechnung de facto beseitigt.
Darauf komme ich gleich noch einmal zu sprechen, wenn ich auf die Vereinbarung des Jobgipfels eingehe. Wir haben zudem die Körperschaftsteuersätze gesenkt und auf ein zu dem Zeitpunkt – das ist inzwischen schon wieder eine Kleinigkeit anders – international vergleichbares Niveau gebracht.
Deswegen, meine Damen und Herren: Wer jetzt ein richtiges Konzept will, der muss darauf aufsetzen
und dann den Zusammenhang mit der Unternehmensteuerreform herstellen. Denn der Sachverständigenrat hat ja zu Recht betont, dass wir nur bei der Einkommensteuer viel gemacht haben. Für weitere Vereinfachungen – wenn ich sie denn durch den Bundesrat bekäme, Herr Dr. Meister – bin ich jederzeit sofort offen, allerdings mit dem Hinweis: Es darf keine soziale Schieflage dabei entstehen und es muss finanzierbar sein. Wann immer diese beiden Bedingungen erfüllt sind, gehe ich den Weg – wenn wir ihn denn gemeinsam gehen können.
Im Zentrum steht jetzt – das sagt der Sachverständigenrat zu Recht –, um unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit zu wahren, die Fortsetzung der Unternehmensteuerreform. Dafür gibt es bei der Bundesregierung einen ganz klaren Fahrplan:
Am Anfang muss eine rechtsformneutrale und finanzierungsneutrale Unternehmensbesteuerung stehen. Da muss man ein bisschen genauer hinsehen, was Sie in dem Zusammenhang vorschlagen. Der Sachverständigenrat kritisiert ja zu Recht:
Die Aussagen kommen aber über einige allgemeine Aussagen kaum hinaus. Gesagt wird lediglich, dass der Dualismus von progressiver Einkommensteuer und Körperschaftsteuer grundsätzlich beibehalten wird und beide Seiten mit dem Ziel der Besteuerungs, Rechtsform- und Finanzierungsneutralität unter Berücksichtigung der europäischen und internationalen Entwicklung aufeinander abgestimmt werden sollen. Dies lässt eigentlich alle Fragen offen.
Und das ist auch so, meine Damen und Herren! Sie sind jetzt, auch mit dem Optionsmodell, genau bei dem Vorschlag angekommen, den ich vor fünfeinhalb Jahren gemacht habe und den Sie damals abgelehnt haben.
In Wirklichkeit werden wir uns etwas anderes klar machen müssen: Das reicht gar nicht mehr. Wir sind mit der Art, wie wir in Deutschland die Unternehmen besteuern, auf europäischer Ebene ein Ausnahmefall.
Das heißt: Wir werden die Rechtsformneutralität nur dann erreichen, wenn wir alle Unternehmen unter das gleiche Steuerregime stellen, nämlich das Körperschaftsteuerregime. Das ist die europäische Übung und darüber werden wir reden müssen.
Über den Punkt, den Sie damals noch heftig attackiert haben, werden wir Einigkeit erzielen müssen, wenn wir bei der Unternehmensbesteuerung wirklich vorankommen wollen. Das wirft eine Reihe von Fragen auf, auch hinsichtlich der Gewerbesteuer. Ich will in Richtung FDP ausdrücklich sagen: Unser Modell sieht nicht eine kommunale Selbstverwaltung vor, die allein von Zuweisungen abhängig ist. Wir wollen eine kommunale Selbstverwaltung mit eigenem Steuerrecht und eigenem Hebesatzrecht. Das wird man sich bei dieser Gelegenheit wieder sehr genau ansehen müssen.
Wir haben Untersuchungen dazu eingeleitet, ob wir den Weg von der Rechtsformneutralität hin zu einer gleichen Besteuerung aller Arten von Kapitalerträgen gehen und das von den Arbeitseinkommen trennen sollten. Das ist die Dual Income Tax; das ist der Vorschlag des Sachverständigenrates. Ich will dies heute nur als Frage formulieren, weil ich bei der Beurteilung, ob wir diesen Weg gehen sollten, vorsichtig bin. Wir haben Untersuchungen dazu begonnen. Diese Lösung finden wir in Skandinavien. Ich will das jetzt nicht im Einzelnen beurteilen. Das ist ein kompliziertes Thema. Ich will nur darauf hinweisen, dass es ein Pro und ein Kontra gibt. Das Kontra ist die Frage, ob das alles als gerecht empfunden wird. Ich sage: Da es die Schweden können, hätte ich damit keine sehr großen Probleme.
Das Pro könnte darin liegen, dass es uns im europäischen Wettbewerb unter Umständen hilft. Die synthetische Einkommensteuer ist mit einem großen Problem verbunden. Am Ende hat man nämlich sehr niedrige Spitzensteuersätze mit hohen Einnahmeausfällen und Ungerechtigkeiten, was niemand im Ernst wollen kann. Ich glaube, das würde auch der deutschen Tradition der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, wie dies im Grundgesetz steht, widersprechen. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Ich sage nicht, dass das verfassungswidrig wäre, aber es würde nicht unserem Verständnis entsprechen. Darüber werden wir reden müssen. Alle Vorbereitungen, die notwendig sind, um die Debatte sauber führen zu können, werden vom Sachverständigenrat so getroffen, dass wir Ende des Jahres alle Argumente – Pro und Kontra – auf dem Tisch haben.
Zum Zeitablauf. Eine solche große neue Stufe der Unternehmensteuerreform ist bei der notwendigen Sorgfalt nicht in dieser Legislaturperiode zu erreichen. Die Finanzminister der Länder haben einstimmig gesagt, dass man bei den jetzt gegebenen Grundlagen in dieser Wahlperiode keine neue große Steuerreform machen kann. Der Sachverständigenrat sagt zu Recht, dass eine sorgfältigere Erarbeitung nötig ist, um das tun zu können. Das muss möglichst schnell und ohne jeden Verzug, aber sorgfältig geschehen, weil es natürlich richtig ist, dass man bei den Regelungen im Steuerrecht vorsichtig sein muss. Das gilt für alle Beteiligten. Die Zeit dafür braucht man also.
Das bedeutet aber keinen Reformstillstand. Herr Dr. Meister, Sie haben zu Recht auf Europa hingewiesen. Das heißt übrigens auch nicht, dass wir darauf warten, dass etwas kommt. Im Gegenteil: Vor inzwischen fast einem Jahr haben wir die gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Unternehmensbesteuerung in Europa auf die Tagesordnung gesetzt. Ich mache mir aber keine Illusionen. Das ist keine Sache, die man in einem Jahr oder zwei Jahren erreichen kann. Wie Sie wissen, ist in Europa beim Steuerrecht Einstimmigkeit erforderlich. Das haben wir nicht gewollt. Wir wollten in die Verfassung den Übergang zur qualifizierten Mehrheit hineinschreiben. Nun ist das aber anders. Zunächst einmal muss ich zur Kenntnis nehmen, dass mindestens vier europäische Staaten keine Bereitschaft zeigen, dort mitzumachen. Es handelt sich um Großbritannien, Irland – es sind also nicht nur neue Mitgliedstaaten –, Malta und die Slowakei. Diese haben ganz unterschiedliche Argumente. Möglicherweise werden wir uns auf eine verstärkte Zusammenarbeit einigen; das kann sein. Ich hoffe aber, dass wir uns doch noch mit unserem Argument durchsetzen können, das besagt, dass es insbesondere für die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die in mehreren Ländern Europas tätig sein wollen, ein unerträglicher Zustand ist, dass sie von Land zu Land mit völlig unterschiedlichen Steuersystemen konfrontiert werden.
Ich will noch weitergehen. Ich bin nicht nur für Mindeststeuersätze. Ein Element der Begründung unserer Vorschläge beim Jobgipfel war, dass es durch die unterschiedlichen Steuersätze in Europa zu Gewinnverschiebungen kommt, ohne dass wir sie wirklich nennenswert ver- oder behindern können. Wenn ein Unternehmen Standorte in mehreren Ländern hat, verschiebt es die Gewinne in das Land, in dem die Besteuerung am niedrigsten ist. Ich glaube, das ist gesamteuropäisch nicht hinzunehmen. Es wäre gesamteuropäisch vernünftig, nicht nur eine gemeinsame Bemessungsgrundlage bei der Unternehmensbesteuerung, sondern auch eine gemeinsame Unternehmensbesteuerung zu haben, wie das in Deutschland der Fall ist. Zusätzlich könnte es lokale, regionale bzw. kommunale Steuern geben, was in einigen Gebieten auch der Fall ist. Die grundlegende Besteuerung der Unternehmen in Europa sollte aber einheitlich sein.
Aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben sich eine ganze Menge Probleme; ich habe darauf hingewiesen. Anders ausgedrückt: Der Europäische Gerichtshof hebt im Prinzip alle Besonderheiten, die beim Außensteuerrecht Grenzen ziehen, etwa bei der Wegzugsbesteuerung, auf. Er hat festgelegt: Der gemeinsame Binnenmarkt bedeutet, dass man nicht mehr zwischen dem unterscheiden kann, was in Deutschland, Frankreich oder Belgien gilt. Das ist auch logisch.
Das Problem ist, dass dies rückwirkend gilt, sodass wir als Finanzminister – ich hoffe, dies geschieht im Einvernehmen mit der Kommission – versuchen, in dieser Situation zweierlei zu erreichen. Auf der einen Seite müssen wir selber sehr viel stärker als bisher unser System daraufhin überprüfen, ob es europatauglich ist. Das war ein wesentlicher Grund für den Übergang vom Vollanrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren. Das war richtig so.
Auf der anderen Seite müssen wir auf Folgendes hinarbeiten – das Bundesverfassungsgericht hat sich ähnlich geäußert –: Grundlage unser Rechtsprechung ist, dass die Kalkulierbarkeit der öffentlichen Haushalte erhalten bleiben muss. Wenn wir Glück haben, haben wir für die Umsetzung einige Jahre Zeit. Man wird dann entweder eine nationale Anpassung vornehmen oder, wenn wir gut sind, eine europäische Regelung erreichen. Das wäre die richtige Antwort. Auch eine Reihe anderer Dinge wie die Verlustverrechnung stehen auf der Tagesordnung. Dies spricht übrigens für die Absenkung des Körperschaftsteuersatzes, damit wir in diesem Zusammenhang unsere Risiken – ich erinnere hier an den Fall Marks & Spencer – verringern. Das ist eine wesentliche Abwehrstrategie.
Nun komme ich zu dem, was auf dem Jobgipfel verabredet worden ist. Lassen Sie mich eines vorneweg sagen: Was ich nicht gut finde, ist, dass ich nicht weiß, wer der Verhandlungsführer ist. Herr Faltlhauser hat mir erklärt, er habe dafür kein Mandat. Der Bundeskanzler hat es aber anders verstanden. Dann höre ich wieder, er habe vielleicht doch ein Mandat. Ich weiß nicht, wie ich so verhandeln soll. Darüber hinaus weiß ich nicht, was Sie inhaltlich wollen.
Ich komme als Beispiel auf das schöne Thema Erbschaftsteuer zu sprechen. Wir sind uns doch einig, Herr Meister. Aber das, was mir an Unterlagen übergeben worden ist, ist ein Arbeitsentwurf, der nicht einmal das bayerische Kabinett passiert hat. Daher frage ich: Ist das nun die Position der B-Länder? Was ist eigentlich mit der Gegenfinanzierung?
Dazu steht da nämlich nichts. Für die Einbringung muss ich doch wenigstens wissen, ob die Bayerische Staatsregierung dahinter steht oder ob das nur ein Referentenentwurf ist. Wird das von den B-Ländern unterstützt? Was ist mit der Gegenfinanzierung? Diese Fragen müssen geklärt werden.
Was mich auch gewaltig ärgert –das ist nicht in Ordnung –, ist, dass von Unseriosität die Rede war. Es bestand Einvernehmen darüber, dass wir wenigstens auf technischer Ebene zusammenarbeiten. Das ist geschehen. Das Fazit war, dass aufgrund von Berechnungen der bayerischen Seite gesagt worden ist, meine Kalkulation der Einnahmeausfälle bei der Senkung der Körperschaftsteuer von 25 auf 19 Prozent sei zu pessimistisch, man müsse nicht von Einnahmeausfällen von 6,2, sondern von 5,2 Milliarden ausgehen. Ich habe mir das angesehen und gesagt, dass auch diese Annahme möglich ist. Aber ich lasse mir dann nicht vorwerfen, meine Rechnung sei unseriös.
Ein anderer Punkt ist – das lässt sich sehr schwer festmachen –, dass mit der Absenkung des Körperschaftsteuersatzes auf ein Niveau, das in der Gesamtbesteuerung unter dem unserer westlichen Nachbarn und damit auch unter dem Österreichs liegt, auch Auswirkungen auf das Steuersubstrat verbunden sind. Wissenschaftler bestätigen uns, dass dies zusammenhängt. Aber ich gebe zu, dass es schwierig ist, hier Schätzungen vorzunehmen. Wir werden uns einigen müssen; denn wir alle wissen, dass, wenn wir über Steuerrechtsänderungen reden und uns fragen, was sie kosten und was sie uns bringen werden, wir es in Wirklichkeit nicht mit Mathematik – um auf Einstein zu kommen –, sondern mit Sozialwissenschaften zu tun haben.
Mit jeder Steuerrechtsänderung wird zugleich eine Verhaltensänderung der Steuerbürger bewirkt, die eingeschätzt werden muss. Wenn wir hier vernünftig vorgehen wollen, werden wir also miteinander reden müssen. Ich muss dafür aber wissen: Wer ist der Verhandlungspartner? Wie ist seine Position?
Ich habe vorgeschlagen, jetzt in das Verfahren einzusteigen, damit wir vor dem Sommer fertig werden. Ein Vermittlungsverfahren sollten wir daher vermeiden. Von meiner Seite wird jede Art von Gespräch akzeptiert, sei es in der Arbeitsgruppe, die jedenfalls aus Sicht des Bundeskanzler und des Vizekanzlers damals vereinbart war – offenbar sieht das Ihre Seite anders –, sei es jeder andere Weg im Rahmen des Verfahrens. Dann können wir zu einer Lösung kommen.
Ich habe – das ist mir sehr schwer gefallen – die Gewerbesteuerumlage herausgenommen. Das hat meine Seite dieses Hauses nicht gewollt und das hat Ihre Seite dieses Hauses nicht gewollt. Ich will Sie aber auf eines hinweisen: Das Tableau zeigt, dass die einzigen Gewinner der harten Steuerrechtsänderung die Kommunen sind. Nun will ich Ihnen sagen, worüber ich mich ärgere. Schauen Sie sich einmal an, was in Deutschland passiert. Wir haben in diesem Hause Entscheidungen zur Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung getroffen. Das haben wir gewollt.
Das stand auch im Zusammenhang mit Hartz IV. Schauen Sie sich einmal an, was gegenwärtig in den deutschen Ländern passiert. Baden-Württemberg – das ist nur der gröbste Fall – kürzt vor diesem Hintergrund den kommunalen Finanzausgleich mit der Begründung, den Kommunen gehe es so gut und dem Land gehe es so schlecht. Deshalb hole sich das Land das Geld wieder zurück. Das sollten wir alle uns als Bundestagsabgeordnete nicht gefallen lassen.
Da Sie, verehrter Herr Dr. Meister, so unpolemisch gesprochen haben, habe ich das auch gemacht.
– Dann können Sie nicht zuhören. – Das ändert aber nichts daran, dass es noch Meinungsdifferenzen gibt.
Wir sollten vielleicht den Versuch unternehmen, uns zu einigen. Dann muss ich allerdings wissen, wer verhandelt. Ich muss auch Ihre Position kennen. Es geht nicht, nur Nein zu sagen. Sie, die Sie die Mehrheit im Bundesrat haben, müssen auch sagen, was Sie stattdessen wollen. Das ist der Weg nach vorne, den wir gehen müssen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Wie gut, dass einzelne Meinungsverschiedenheiten bleiben, sonst brauchten wir die Debatten nicht.
Nun hat das Wort der Kollege Dr. Hermann Otto Solms für die FDP-Fraktion.
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anlass der Debatte ist heute das „Konzept 21“ der CDU/CSU-Fraktion und nicht die Auswirkungen des Jobgipfels, auf die ich aber anschließend eingehen will. Die FDP-Fraktion hatte vor über einem Jahr, im Januar, dem Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf für eine neue Einkommensteuer vorgelegt, weil wir eine grundsätzliche Steuerreform noch in dieser Legislaturperiode ermöglichen wollten.
Leider haben die Regierungsfraktionen dieses Angebot nicht angenommen. Bei aller Unterschiedlichkeit in Einzelheiten hätte man sehr wohl zu einem gemeinsamen Konzept kommen können und hätte dann nicht wiederum zwei bis drei Jahre verloren. Ich bedauere außerordentlich, dass es diese Bereitschaft nicht gegeben hat.
Das Konzept war sehr weitreichend, zumal wenn Sie bedenken, dass sich das Einkommensteuergesetz heute in der Beck’schen Textsammlung auf über 303 Seiten erstreckt, während unser neues Einkommensteuergesetz nur 25 Seiten umfasst. Das zeigt ganz deutlich, wie stark man ein solch kompliziertes Recht vereinfachen kann und wie stark wir es vereinfachen müssen, damit uns die Bürger folgen können und wieder Vertrauen in den Staat, auch in den Steuerstaat, fassen. Heute fühlen sie sich vom Staat übervorteilt und bevormundet. Sie fühlen sich unfähig, diese Vorschriften zu befolgen, weil sie sie überhaupt nicht mehr verstehen können.
Das ist auch kein Wunder, wenn sogar die Finanzverwaltung sie nicht mehr anwenden kann, wenn die Steuerberater nicht mehr fähig sind, alle Vorschriften richtig zu beurteilen, und wenn selbst die Finanzgerichte nicht mehr in der Lage sind, ein endgültiges Urteil zu fällen. Dieses Steuerrecht ist obsolet und es muss beseitigt werden. Wir stimmen mit der CDU/CSU-Fraktion in der Zielsetzung völlig überein, dass wir ein drastisch vereinfachtes Steuerrecht brauchen.
Nun haben wir – das muss man hier erklären – unseren Entwurf im Finanzausschuss zurückgezogen, weil wir Änderungsbedarf hatten; denn wir wollten ihn mit einem Entwurf zu einer Reform der Unternehmensteuer verbinden. Der internationale Wettbewerb genauso wie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zwingen uns dazu, eine Reform der Unternehmensbesteuerung durchzuführen. Deswegen wollten wir die Schnittstellen zwischen Einkommensteuer und Körperschaftsteuer neu formulieren. Die Zeit dafür wurde uns nicht zugestanden. Deshalb haben wir unseren Entwurf zum Einkommensteuergesetz zurückgezogen. Wir beraten jetzt auf unserem Bundesparteitag ein Konzept für eine Unternehmensteuerreform. Wir werden dies in einem Gesetzestext formulieren, eine Abstimmung und Harmonisierung vornehmen und dann einen Gesamtentwurf für eine Reform der direkten Steuern im Deutschen Bundestag noch in dieser Legislaturperiode – ich hoffe, Ende dieses Jahres – vorlegen.
Das sage ich nur, um Ihnen zu zeigen, dass wir es ernst meinen, und zwar nicht parteipolitisch einseitig. Wir sehen die objektive Notwendigkeit einer grundsätzlichen Reform der Steuern. Dabei sind der Tarif und damit der Streit um den Tarif in Wirklichkeit das Unwesentlichste. Das Entscheidende ist die systematische Neugestaltung des Steuerrechts.
Nur so werden wir, zumindest im europäischen Raum, die Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir bei der Reform der Unternehmensteuern darauf achten müssen, dass der europäische Binnenmarkt endlich auch im Steuerrecht vollzogen wird. Dadurch sind wir gezwungen, die Wettbewerbssituation in Europa zu berücksichtigen und die unterschiedlichen Steuerhöhen so umzugestalten, dass Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit wiedererlangt. Ich habe das in einer Grafik abgetragen, auf der Sie – auch wenn es für Sie jetzt schwer sichtbar ist – an der oberen schwarzen Linie erkennen können, dass Deutschland die Unternehmen, egal welcher Rechtsform, am weitaus höchsten besteuert.
Die Argumentation mit der Steuerquote oder der durchschnittlichen Besteuerung, Herr Eichel, die immer wieder vorgetragen und immer wieder widerlegt wird, führt an der Realität doch völlig vorbei. Ein Investor, der überlegt, ob er in Österreich oder in Deutschland investieren soll, der fragt doch nicht nach der Höhe der Steuerquote, sondern nur danach, wie hoch er besteuert wird, wenn er Gewinne erzielt, und ob er seine Verluste mit den Gewinnen verrechnen kann. Wenn er in Deutschland von der Mindeststeuer erfährt – die, ohne Mitwirkung der FDP, leider von beiden Seiten des Hauses eingeführt worden ist –, sagt er: Nein, einen solchen Unsinn mache ich nicht mit; wenn ich nicht einmal die eigenen Verluste der Anlaufphase sofort mit den dann entstehenden Gewinnen verrechnen kann, dann werde ich in Deutschland nicht investieren.
Wenn die Besteuerung – egal ob sie bei 42 Prozent einschließlich Soli oder bei 39,5 Prozent durch Körperschaftsteuer plus Gewerbesteuer liegt – deutlich höher ist als in den anderen Ländern – ich nehme als Maßstab wieder Österreich mit 25 Prozent –, dann sagen die Unternehmer: Es macht keinen Sinn, dort zu arbeiten und zu investieren. Deswegen müssen wir die Steuerbelastung für die Unternehmen auf ein in Europa wettbewerbsfähiges Niveau bringen. Das heißt, wir müssen auf unter 30 Prozent – wohin auch immer, aber auf jeden Fall unter 30 Prozent – kommen. Das bedeutet, wir brauchen eine direkte Absenkung.
Herr Eichel, wenn jetzt, wie beim Jobgipfel vereinbart, ein Schritt in die richtige Richtung gemacht wird – Senkung der Körperschaftsteuer um 6 Prozent –, dann unterstützen wir das als FDP. Das heißt allerdings, dass Sie eine adäquate Entlastung zwingend auch für die Personengesellschaften und Einzelkaufleute brauchen.
Es macht überhaupt keinen Sinn, dass Herr Müntefering gegen die großen Unternehmen polemisiert und gleichzeitig nur die großen Unternehmen entlastet werden. Was ist das für ein Widerspruch?
Die Masse der mittelständischen Unternehmen, die ja hier die große Zahl der Arbeitsplätze sichert und anbietet, wird hingegen schlechter behandelt. Das kann nicht Ergebnis eines solchen Schrittes sein.
Wir sind für die Absenkung der Körperschaftsteuer um 6 Prozentpunkte. Wir sind auch für den Reformansatz bei der Erbschaftsteuer, den wir in unserem Programm seit zehn Jahren haben und den auch die CDU/CSU in ihrem „Konzept 21“ hat. Wir sind ebenfalls dafür, dass Maßnahmen zur Gegenfinanzierung getroffen werden. Aber diese dürfen natürlich nicht wieder ausschließlich die Unternehmen treffen; denn dann nützt die Steuerentlastung nichts.
Dass die Verlustzuweisungsfonds schlechter gestellt bzw. deren Vorteile beseitigen werden, wird von uns grundsätzlich unterstützt. Wir wollen das Konzept dann natürlich im Detail sehen; das muss man sich genau anschauen. Aber eine Verschärfung der Mindestbesteuerung wird von uns grundsätzlich abgelehnt, weil das ein Weg in die falsche Richtung ist.
Im Übrigen haben wir im Bereich der Subventionen und der finanziellen Zuwendungen einen riesigen Spielraum zur Entlastung. Unsere Haushälter haben ja ein „Sparbuch“ mit über 400 Einzelvorschlägen entwickelt und im Haushaltsausschuss vorgelegt; es sieht Einsparungen mit einem Gesamtvolumen von 12,5 Milliarden Euro vor. Ich trage Ihnen das hier noch einmal vor, um Ihnen und auch der Öffentlichkeit deutlich zu machen: Sparen ist möglich.
Es muss gemacht werden; wir müssen mehr sparen. Insofern unterstützen wir den Bundesfinanzminister in seiner Sorge um den Haushalt. Wir wollen einen stabilitätsorientierten Haushalt. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten. Wenn die Regierungsseite von den im Haushaltsausschuss beratenen über 400 Anträgen aber keinen einzigen für unterstützenswert hält, dann scheint schon die grundsätzliche Bereitschaft zu fehlen, eine vernünftige Finanzpolitik gestalten zu wollen.
Herr Bundesminister Eichel, die Steuerreform ist grundsätzlich unverzichtbar. Das hat auch der Bundespräsident in seiner vorzüglichen Rede vor den Vertretern der Arbeitgeberverbände gesagt. Wir brauchen sie. Sie allein wird Deutschland nicht nach vorn bringen. Die Verbindung mit anderen Reformen, solchen auf dem Arbeitsmarkt, bei den sozialen Sicherungssystemen und im Bildungsbereich, ist notwendig. Sie ist aber unverzichtbar. Wir müssen uns gemeinsam an diese riesige Aufgabe machen, weil einer allein sie gar nicht lösen kann.
Sich aber immer wieder mit dem Argument der fehlenden Gegenfinanzierung – Sie behaupten, die Haushalte könnten das nicht tragen – um das Thema herumzumogeln, das geht so nicht weiter. Deswegen fand ich es interessant, dass Sie in Ihren Vorschlägen beim Jobgipfel von einem Selbstfinanzierungseffekt gesprochen haben.
– In den Zeitungen ist das aber so dargestellt worden. Ich habe schon gedacht, allmählich komme die SPD zur Vernunft.
Steuern sind natürlich ein dynamisches Element in den wirtschaftlichen Zusammenhängen. Eine Selbstfinanzierung kann nach und nach entstehen, wenn man eine gute Steuerreform macht. Das haben Sie immer wieder verneint. Es ist aber so. Die ganze ökonomische Wissenschaft bestätigt das. Damit wären wir auf einem richtigen Weg.
Schritte in die richtige Richtung werden von uns unterstützt. Das heißt aber nicht, dass wir uns um die Gesamtreform herummogeln können. Wir brauchen zwingend eine grundsätzliche Reform der Steuern und Finanzen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich erteile das Wort der Kollegin Christine Scheel, Bündnis 90/Die Grünen.
Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nur kein Neid, Herr Michelbach. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Startschuss war der Bierdeckel. Ich weiß noch, wie – jetzt hätte ich beinahe Herrn Solms genannt; er war bei den Vereinfachungen auch dabei – Herr Merz im Zusammenhang mit dem Bierdeckel in den Zeitungen gefeiert wurde.
Wenn man sich nun den Entwurf anschaut, über den wir heute reden, stellt man fest: Der Bierdeckel ist weg und Herr Merz ist auch weg.
Mit einem riesigen Theaterdonner wurde uns ein einfaches und transparentes Steuerkonzept angekündigt, das, wie gesagt, auf einen Bierdeckel passt.
Wir wurden mit einem völlig unausgegorenen, ungerechten und nicht finanzierten Antrag der CDU/CSU-Fraktion konfrontiert, der am Ende 27,5 Milliarden Euro neue Schulden bedeuten würde.
Deswegen glaube ich, dass Sie in Wirklichkeit selbst froh sind, wenn wir Ihren Antrag heute ablehnen.
Mir wäre es natürlich recht, wenn wir heute darüber diskutieren könnten, was auf dem Jobgipfel vereinbart wurde. Wir haben vorgeschlagen – das wurde auf dem Jobgipfel vereinbart –, die Körperschaftsteuersätze von 25 auf 19 Prozent zu senken. Die bessere Gewerbesteueranrechnung bedeutet, dass in Zukunft alle klein- und mittelständischen Unternehmen, die Personenunternehmen sind, bis zu einem Hebesatz von 380
real nicht mehr mit Gewerbesteuer belastet werden. Außerdem soll der Betriebsübergang im Mittelstand erleichtert werden. Das ist die getroffene Vereinbarung.
Es wäre gut und wichtig, wenn wir für den Standort Deutschland ein klares Signal geben könnten. Wir müssen schnell Klarheit schaffen, damit die Unternehmen Planungssicherheit haben. Sie müssen wissen, dass der positive Effekt für Wachstum und Beschäftigung und die damit verbundenen Arbeitsplätze kommt. Diese Vereinbarung darf nicht – das ist das derzeitige Problem – im parteipolitischen Gezerre versanden.
Die Union hat, unverdrossen wie sie in dieser Frage ist, gesagt, dass die Steuersätze gesenkt werden müssten, dass aber für die Finanzierungsvorschläge der Finanzminister zuständig sei.
Wenn uns das nicht gefalle, solle er auf andere Vorschläge ausweichen. An der Diskussion um die Finanzierung würden Sie sich nicht beteiligen. – So geht es nicht!
Wenn man gemeinsame Absprachen vereinbart, dann hat man sich gefälligst daran zu halten. Man kann nicht auf der einen Seite die positiven Punkte für sich reklamieren und sich auf der anderen Seite – wenn es um die schwierigen Finanzierungsfragen geht – in die Büsche schlagen. Das ist nicht in Ordnung und dient letztendlich nicht unserem Land.
Frau Merkel hat eine Gegenfinanzierung eingefordert. Wir können aber nur feststellen, dass es bisher keinen einzigen Finanzierungsvorschlag seitens der Union gibt. Gestern konnte man unter anderem in der „Welt“ lesen, dass Herr Michael Meister gesagt hat: Wir werden keine Vorschläge machen.
Ich sage noch einmal: Wer andere Finanzierungsvorschläge kritisiert, der muss, wenn er seriös sein will, auch eigene Vorschläge vorlegen.
Ich kann Sie nur auffordern, sich nicht länger einer inhaltlichen Auseinandersetzung zu verschließen. Denn es ist notwendig, dass das Geplänkel aufhört, dass konstruktiv an einer Einigung gearbeitet wird und dass wir uns unserer gemeinsamen Verantwortung für den Standort Deutschland bewusst sind.
Nun zu Ihrem Antrag. Sie fordern dort ein einfacheres, gerechteres und leistungsfreundlicheres Steuerrecht.
Das können wir alles unterschreiben, Frau Wülfing. Dem kann ich ebenfalls zustimmen.
Sie sagen aber leider nicht, wie Sie zu diesem neuen Steuerrecht kommen wollen. Das ist genau das Grundproblem Ihres Antrages.
Sie stellen Eckpunkte auf – so gehen Sie immer vor –, die völlig unklar sind. Dann sagen Sie, die rot-grüne Regierung bzw. die sie tragenden Fraktionen sollten diese Unklarheiten beseitigen, und fordern uns auf, wir sollten unsere Hausaufgaben machen.
Das heißt, Sie überlassen uns die Aufgabe, Ihre nebulösen Eckpunkte zu konkretisieren und Ihre Vorschläge in ein Gesetz zu gießen. Aber sobald von uns ein Vorschlag kommt, springen Sie wieder ins Gebüsch.
Es ist kein Wunder, dass Sie nur ein Eckpunktepapier in Form eines Antrags und eben keinen Gesetzentwurf vorgelegt haben. Damit beweisen Sie nicht ihre Regierungsfähigkeit.
Das „Konzept 21“ soll Zukunftsfähigkeit suggerieren. Ich habe schon gesagt, dass es sehr unklar ist. Ich mache das an ein paar Beispielen fest.
Alle Welt redet über die Reform der Unternehmensbesteuerung, nur fast die gesamte Union nicht.
Herr Meister hat ein paar Luftblasen abgelassen. Nach wie vor fehlen konkrete Aussagen zur Systematik. Aber was noch viel schlimmer ist: Für die Unternehmen würde die Realisierung der Vorschläge Ihres Antrages eine Steuersatzerhöhung bedeuten. Denn laut Stellungnahme der Professoren Rürup, Wiegard und Spengel in der Sachverständigenanhörung, die wir zu diesem Antrag durchgeführt haben, würden die Unternehmenssteuersätze zusammengerechnet auf nominell etwa 42 Prozent steigen. Derzeit liegen sie unter 40 Prozent. Die Konsequenz wäre: Mit diesen Vorschlägen würde das, was die Bundesregierung auf diesem Gebiet zum Positiven für die Unternehmen verändert hat, wieder rückgängig gemacht werden. Das nennen Sie ein zukunftsfähiges Steuerkonzept.
Dieses ist völliger Unsinn und ökonomisch nicht haltbar. Das kann doch wirklich nicht Ihr Ernst sein.
Es geht ferner um das Thema EU-Recht-konforme Besteuerung, das mit der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs natürlich zunehmend in den Fokus der Steuerpolitik kommt. Der Minister hat darauf hingewiesen, dass wir Gott sei Dank nicht dem nachgekommen sind, was Sie damals gefordert haben, als wir unsere Entscheidung für das Halbeinkünfteverfahren getroffen haben. Da haben Sie nicht mitgemacht. Hätten wir diese Entscheidung damals nicht getroffen, dann hätten wir heute aufgrund der EuGH-Urteile Steuerausfälle in zweistelliger Milliardenhöhe in der Bundesrepublik Deutschland.
Da sehen Sie, zu welchem Schaden Ihre Positionen für dieses Land führen und welche Probleme Sie uns durch Ihre milliardenschweren Risiken vor die Füße gekippt hätten, und zwar nicht nur im Hinblick auf den Bundeshaushalt, sondern auch im Hinblick auf die Länder und letztendlich auch die Kommunen.
Auch ist klar zu sagen, dass Ihre Vorschläge zu einer immensen Lücke in Höhe von 27,5 Milliarden Euro führen. Ihr Konzept ist unfinanzierbar. Sie widersprechen sich selbst, wenn Sie einerseits immer wieder sagen, wir sollten die Maastricht-Kriterien einhalten,
dann aber andererseits Vorschläge machen, die zu mehr Schulden in Höhe von 27,5 Milliarden Euro führen. Das ist unsolide. Dazu kann man nur sagen: Seien Sie froh, dass Sie nicht in die Situation kommen, dieses Konzept wirklich umsetzen zu müssen!
Ich fasse zusammen: Der Antrag der Union lässt mehr Fragen offen, als er beantwortet: Unternehmensbesteuerung – Fehlmeldung! EU-Rechtskonformität – keine Vorschläge! Aufkommensneutralität: nicht erreicht! Gott sei Dank können wir den Vorschlag, den Sie gemacht haben, heute ablehnen.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nächster Redner ist der Kollege Peter Rzepka, CDU/CSU-Fraktion.
Peter Rzepka (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach sechs Jahren rot-grüner Bundesregierung befindet sich die deutsche Volkswirtschaft in einer schweren strukturellen Wachstums- und Beschäftigungskrise. Zunehmende Armut und zunehmende Arbeitslosigkeit in Deutschland sind das Resultat einer Politik, der es nicht gelingt, die Rahmenbedingungen unserer dem verstärkten internationalen Wettbewerb ausgesetzten Volkswirtschaft zu verbessern.
Die Menschen in unserem Land erkennen diesen Zusammenhang. Das Vertrauen in die rot-grüne Politik sinkt. Im Regierungslager breitet sich Panik aus: Kapitalismuskritik, klassenkämpferisches Getöse, Boykottaufrufe gegen deutsche Unternehmen aus der Parteizentrale der SPD und Vorschläge zur Senkung der Unternehmensteuern aus dem Kanzleramt. Während sich der Bundeskanzler über eine mangelnde Investitionsbereitschaft beklagt, redet die stellvertretende SPD-Vorsitzende Arbeitsplätze kaputt. Ein schlüssiges Konzept sieht anders aus.
Deutschland braucht eine tief greifende Modernisierung der sozialen Marktwirtschaft, die den Regeln des Marktes wieder neue Geltung verschafft: Staatshaushalte sanieren, den Arbeitsmarkt deregulieren, Sozialsysteme an die veränderte Entwicklung anpassen, die Staatsquote und die Steuern senken sowie die Bürokratie abbauen. Viele unserer europäischen Nachbarn – übrigens auch Sozialdemokraten – sind diesen Weg gegangen und haben neue Beschäftigung und soziale Sicherheit bewirkt. Nur große Teile der deutschen Sozialdemokratie haben offenbar immer noch nicht die wohlstandsfördernde Kraft von Marktwirtschaft und Eigenverantwortung erkannt.
Die Unionsfraktion schlägt mit dem vorliegenden Antrag eine grundlegende Reform der Steuerstruktur vor, mit der das Steuersystem einfacher, gerechter und leistungsfreundlicher werden soll. Die Steuersätze sollen gesenkt werden. Im Gegenzug müssen allerdings Subventionen und Steuervergünstigungen weitgehend abgebaut werden.
Das gegenwärtig nicht mehr reformfähige Einkommensteuergesetz ist aufzuheben und durch ein vollständig neu formuliertes Einkommensteuergesetz zu ersetzen. Die bestehenden Steuerbefreiungen, Freibeträge, Abzugsbeträge und Ermäßigungen werden weitgehend aufgehoben. Jede Person – auch die Kinder; Kollege Meister hat schon darauf hingewiesen – erhält einen einheitlichen Grundfreibetrag von 8 000 Euro. Die darüber hinausgehenden Einkünfte werden einem Stufentarif mit einem Eingangssteuersatz von 12 Prozent und einem ab 45 000 Euro Jahreseinkommen greifenden Spitzensteuersatz von 39 Prozent unterworfen. Tarifhöhe und Tarifverlauf werden zur Vermeidung einer kalten Progression jedes zweite Jahr inflationsbereinigt.
Der Dualismus von progressiver Einkommensteuer und proportionaler Körperschaftsteuer wird grundsätzlich beibehalten. Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerrecht werden mit dem grundsätzlichen Ziel der Rechtsform- und der Finanzierungsneutralität unter Berücksichtigung der europäischen und der internationalen Entwicklung aufeinander abgestimmt.
Steuererklärung und Steuerveranlagung werden durch den Ausbau der elektronischen Datenverarbeitung und -übermittlung sowie den Ausbau des Quellenabzugsverfahrens radikal vereinfacht. Die Gewerbesteuer wird in enger Abstimmung mit den Kommunen durch eine Beteiligung an der Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer ersetzt.
Schließlich fordern wir die förmliche Aufhebung des Vermögensteuergesetzes und die Erleichterung der Unternehmensnachfolge bei der Erbschaftsteuer, die ganz entfallen soll, wenn der Betrieb mindestens zehn Jahre nach Übergabe fortgeführt wird. Die schnell realisierbaren Teile des neu zu formulierenden Einkommensteuergesetzes sollen im Rahmen eines steuerpolitischen Sofortprogramms vorweggenommen werden.
Wir sind zudem bereit, zusammen mit der Bundesregierung in einem ersten Schritt eine Reduzierung der Unternehmensteuerbelastung auf unter 35 Prozent einschließlich der Gewerbesteuer umzusetzen. Von einer Steuersenkung dürfen allerdings nicht nur die Kapitalgesellschaften profitieren. Auch die vielen Personenunternehmen insbesondere im mittelständischen Bereich sind zur Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis und ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf Entlastungen angewiesen.
Einen ersten Erfolg haben wir mit unserem Antrag bereits erreicht: Auch die Bundesregierung hat nunmehr Handlungsbedarf bei der Unternehmensbesteuerung erkannt und Vorschläge dazu vorgelegt. Bei der Prüfung der Vorschläge werden wir uns von den Zielen der Steuervereinfachung und der Verlässlichkeit steuerpolitischen Handelns leiten lassen. Außerdem wollen wir keine neuen Staatsschulden zulassen.
Herr Finanzminister Eichel, in diesem Punkt war Ihr Konzept von Anfang an unseriös; denn Sie gehen dabei von 3,3 Milliarden Euro aus, die aus der Senkung des Körperschaftsteuersatzes durch die Verlagerung von Gewinnen nach Deutschland zusätzliche Steuereinnahmen in unserem Lande generieren. Wir halten diese Größenordnung für völlig inakzeptabel.
Heute haben Sie uns mitgeteilt, dass Sie – das ist sicherlich auch richtig – die Gewerbesteuerumlage nicht erhöhen wollen. Damit fällt eine weitere Gegenfinanzierungsmaßnahme weg.
– Für den Bund ist das mit Sicherheit eine Gegenfinanzierungsmaßnahme.
Insofern sind Sie mit dem Torso Ihres Konzepts heute letzten Endes auf dem Rückzug. Wir werden sehen, wie Sie die Finanzierungslücken auffangen wollen.
Frau Kollegin Scheel, auch Sie haben in der Öffentlichkeit mit Ihrer Fraktion die Gegenfinanzierung durch den Bundesfinanzminister kritisiert, wenn ich das richtig verstanden habe. Aber wir hätten heute erwartet, dass Sie im Bundestag vorschlagen, wie aus Ihrer Sicht die Gegenfinanzierung aussehen soll.
Sie machen in der Öffentlichkeit bzw. in der Presse Vorschläge, von denen wir alle wissen, dass sie mit dem Europarecht nicht vereinbar und deshalb nicht umsetzbar sind. Aber in der Diskussion im Plenum des Bundestags stellen Sie sich diesen Fragen offensichtlich nicht. Denn Ihnen ist bewusst, dass Sie bisher keine umsetzbaren Vorschläge zur Gegenfinanzierung vorgelegt haben.
Der als Steuerchaos bezeichnete Zustand des Steuerrechts ist für alle von ihm Betroffenen unerträglich geworden. Er ist Ursache für Politik- und Demokratieverdrossenheit; zudem behindert er das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen, weil es an Vertrauen und Rechtssicherheit fehlt. Vertrauen und Rechtssicherheit sind aber Grundlagen für Investitionen und Konsum.
Die Bundesregierung hat das Vertrauen in die Beständigkeit staatlichen Handelns schwer erschüttert. Allein in den letzten zwei Jahren hat es 23 Gesetzesänderungen im steuerlichen Bereich gegeben, die zusätzliche Komplizierungen mit sich gebracht und zum Teil kurz vorher erlassene Gesetze und Urteile des Bundesfinanzhofs wieder korrigiert haben.
Der Bundesregierung fehlt es an einem steuerpolitischen Leitbild. Das zeigen Ihre Gesetze und Erlasse der letzten Jahre.
Auch die gegenwärtige Diskussion innerhalb der SPD lässt keine konstruktive Lösung von Ihrer Seite erwarten. Die Vorschläge unserer Fraktion für ein einfaches und gerechtes Steuerrecht liegen auf dem Tisch. Sie sind in der Anhörung des Finanzausschusses von vielen Experten positiv bewertet worden. Es liegt nun an Ihnen, Herr Bundesfinanzminister, zu handeln.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Sie erkennen offenbar nicht, dass vor allem im Einkommensteuerrecht ein wirklicher Neuanfang erforderlich ist. Sie haben verschwiegen, dass wir mit den Petersberger Beschlüssen, die wir vor Jahren im Deutschen Bundestag gefasst haben, schon viel weiter waren und dass Sie mit Ihrer Blockadepolitik diese Fortschritte hin zu einer Vereinfachung des Steuerrechts und zu einer Leistungsförderung verhindert haben. Sie haben des Weiteren verschwiegen, dass die Sachverständigen uns bestätigt haben, dass unsere Vorschläge verteilungsgerecht sind und dass die Steuerausfälle wesentlich geringer sind, als Sie und Frau Kollegin Scheel behaupten. Sie haben offenbar die Ergebnisse der Expertenanhörung nicht richtig zur Kenntnis genommen.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.
Peter Rzepka (CDU/CSU):
Dass die Abschaffung der Gewerbesteuer von vielen Experten als richtiger Ansatz für die Reform der Unternehmensbesteuerung angesehen wird, haben Sie ebenfalls verschwiegen. Lassen Sie uns in diesem Punkt handeln; denn die Abschaffung der Gewerbesteuer durch ihre Integration in die Ertragsteuern wäre ebenfalls ein Beitrag zur Vereinfachung des Steuerrechts und zu mehr Gerechtigkeit.
Ich danke Ihnen.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das Wort hat die Kollegin Gabriele Frechen, SPD-Fraktion.
Gabriele Frechen (SPD):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute über einen Antrag, der vor wenigen Tagen Geburtstag hatte. Ein Jahr lang sind die Kollegen der CDU/CSU-Fraktion durch das Land gezogen, um die Menschen glauben zu machen, dass ihr Steuerkonzept die große Reform und die große Weisheit ist. Der Vater des Gedankens ist Ihr ehemaliger Finanzexperte Friedrich Merz. Das Ganze hieß ursprünglich „Steuererklärung auf dem Bierdeckel“. Nun wissen auch die Kollegen von CDU und CSU, dass ein Bierdeckel eigentlich an den Stammtisch und nicht in den Deutschen Bundestag gehört. So haben sie den Bierdeckel zu einem Konzept weiterverarbeitet. Viel geholfen hat es aber nicht.
Die Anhörung hat ganz deutlich gezeigt, dass erhebliche Mängel in Ihrem Konzept versteckt sind. Der „Spiegel“ titelt – nicht zu Unrecht – „Bierdeckels Tod“.
Trotzdem gibt es Gemeinsamkeiten. Gemeinsam ist uns die Erkenntnis, dass das Steuerrecht vereinfacht werden muss. Wir müssen Ausnahmetatbestände streichen sowie Steuerschlupflöcher und Gesetzeslücken schließen. So viel zur Theorie. Doch leider hört bei der Umsetzung die Gemeinsamkeit weitestgehend auf. Ich erinnere nur an das Steuervergünstigungsabbaugesetz, die Abschaffung der Eigenheimzulage und – zuletzt – an das EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz. Möglichkeiten hatten Sie genug. Aber Sie haben keine genutzt. Immer wenn es konkret wird, tauchen Sie ab.
Gleichzeitig legen Sie ein Konzept vor, das den Anspruch erhebt, einfach und gerecht zu sein. Geht das denn überhaupt? Kann ein Steuergesetz einfach und gleichzeitig gerecht sein? Ich sage: Objektiv geht das nicht. Jede Vereinfachung ignoriert Lebenssachverhalte. Jede Pauschalierung führt zum Verlust von Gerechtigkeit. Deshalb müssen wir uns immer fragen, wie viel Vereinfachung wir uns erlauben können, damit unser Gerechtigkeitsanspruch nicht pervertiert wird. Subjektiv – darin stimme ich Ihnen zu – ist es durchaus möglich, dass eine Vereinfachung zu einem Gefühl von Gerechtigkeit beiträgt. Die Komplexität der Materie und die vielen Ausnahmen, die oft nur diejenigen nutzen können, die sich professioneller Hilfe bedienen, führen zu einer gefühlten Ungerechtigkeit. Steuerpflichtige wissen nicht, ob sie alle Möglichkeiten in Anspruch genommen haben, und kommen – meistens zu Unrecht, manchmal aber auch zu Recht – zu dem Ergebnis, dass die Materie sie aufgrund ihrer Kompliziertheit benachteiligt. Wir stimmen überein, dass es Einzelfallgerechtigkeit im Steuerrecht nicht geben kann.
Durch das von Ihnen vorgelegte Konzept wird aber die soziale Balance in erhebliche Schieflage gebracht. Machen Sie es sich nicht zu einfach, wenn Sie alles abschaffen und niemandem sagen, was eigentlich abgeschafft wird?
– Frau Wülfing, Sie werden ja gleich noch reden. Wenn Sie etwas zu sagen haben, dann sollten Sie das von diesem Rednerpult aus tun.
Die Steuerfreiheit bei den Sonn- und Feiertagszuschlägen wollen Sie ja ganz besonders gern streichen. Und was ist, wenn sie gestrichen wird? Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder haben die Menschen, die die Belastung durch die Schichtarbeit zu tragen haben, netto weniger in der Tasche oder die Bruttoentgelte müssen angehoben werden. Haben Sie bei Ihren Innenministern einmal gefragt, was das nur die Polizei und die Krankenhäuser kostet? Gehen Sie einmal zu Ihrem Mittelständler, der einen Schichtbetrieb führt, und fragen Sie ihn, was für eine Lohnkostenerhöhung und was für einen Wettbewerbsverlust das für ihn bedeutet. Bisher haben Sie das nicht getan, aber ich.
Herr Dr. Meister, Sie haben von Familie gesprochen. Haben Sie den Familien auch gesagt, dass künftig das Mutterschaftsgeld besteuert werden soll? Sie sehen die Streichung dieser Ausnahme vor. Haben Sie den Kumpels in Nordrhein-Westfalen gesagt, dass für Sie die Bergmannsprämie und die Abfindungen Subventionen sind, die gestrichen werden müssen? Haben Sie den Pendlern aus der Pfalz, aus dem Sauerland und aus der Eifel, die jeden Tag in die Ballungszentren zur Arbeit fahren, gesagt, dass jede Entfernung über 50 Kilometer zum Privatvergnügen degradiert werden soll? Haben Sie den Studenten gesagt, dass sie künftig nicht nur Studiengebühren bezahlen sollen? Übrigens, das lehnen die SPD in Nordrhein-Westfalen und auch unser Ministerpräsident Peer Steinbrück zu Recht strikt ab.
Haben Sie den Studenten auch gesagt, dass die Steuerfreiheit von Stipendien abgeschafft werden soll, da sie eine Subvention darstellt? Ist das Ihre Vorstellung von Chancengleichheit und sozialer Gerechtigkeit? Meine nicht!
In Ihrem Konzept regen Sie an, die neuen Medien zu nutzen. Darauf hat gerade auch Herr Rzepka hingewiesen. Das ist eine Bombenidee; sie kommt nur reichlich spät. Vielleicht würde Ihnen ein Besuch in einem nordrhein-westfälischen Finanzamt einmal gut tun: Dort, im roten NRW, könnten Sie sehen, dass nicht nur Elster, sondern auch die vereinfachte Steuererklärung vom SPDLandesfinanzminister Jochen Dieckmann bereits erfolgreich umgesetzt werden.
Alle 16 Länderfinanzminister kommen in der Bewertung des Konzeptes einstimmig zu dem Ergebnis, dass Ihr Modell nicht finanzierbar ist. Wir streiten uns in unregelmäßigen Abständen über das 3-ProzentKriterium, das Sie wie eine Monstranz vor sich hertragen. Wie passt ein Haushaltsloch von 10 Milliarden Euro in diese Diskussion? Rechnet man noch das Kopfgeld in der Krankenversicherung und andere utopische Wahlversprechen hinzu, bedeutet das laut Herrn Seehofer ein 100MilliardenEuroHaushaltsloch.
Von einer Gegenfinanzierung gibt es weit und breit keine Spur.
Von uns verlangen Sie, dass die Änderungen in der Körperschaftsteuer bis auf den letzten Cent gegenfinanziert werden. Das mag daran liegen, dass Sie an uns deutlich höhere Ansprüche als an sich selbst stellen. Es kann aber auch daran liegen, dass Sie wieder einmal überhaupt nicht wissen, wo Sie stehen.
Michael Glos hat in der „Financial Times Deutschland“ gesagt:
Wir müssen bei der Senkung der Unternehmenssteuern zumindest zu einer TeilGegenfinanzierung kommen.
Man müsse das Finanzierungskonzept aber „nicht bis zur letzten Mark“ ausrechnen. Hingegen sagt Volker Kauder:
Wir unterstützen eine Unternehmenssteuerreform, aber nur bei hundertprozentiger Gegenfinanzierung.
Was wollen Sie denn eigentlich?
Allein für die Kommunen würde Ihr Modell einen Rückgang der Einnahmen um 1,5 Milliarden Euro bedeuten. Sie haben schon einmal probiert, die Kommunen zum Anhängsel des Bundes zu machen. Damals hat Ihnen die CDUOberbürgermeisterin Petra Roth gesagt: Was bei der Reform der Gewerbesteuer auf einem gutem Weg war, haben die Länder zu Fall gebracht. Ergänzend füge ich hinzu: Es waren nicht die SPDgeführten Länder, die es zu Fall gebracht haben.
Beim Thema Erbschaftsteuer ist bei Ihnen ebenfalls ein klarer JaabervielleichtdochnichtKurs zu erkennen. Der bayerische Finanzminister schlägt Änderungen bei der Erbschaftsteuer zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge vor. Diese kopieren Sie dann eins zu eins in Ihr Konzept. Als es an die Umsetzung ging, war im „Handelsblatt“ zu lesen:
Auch die aus Bayern stammende Erbschaftssteueränderung trifft auf Widerstand in einigen CDULändern.
Ist das Taktik oder Unvermögen?
Eigentlich sollte diese Lesung bereits in der letzten Woche stattfinden. Sie wurde verschoben, um die Ergebnisse aus der Finanzministerkonferenz zur Unternehmensbesteuerung abzuwarten. Aber einmal ganz im Ernst: Was hat Ihr Konzept mit Unternehmensbesteuerung zu tun? Doch überhaupt nichts!
In der Anhörung wurde ganz deutlich, dass gerade dieser Punkt fehlt. Die FDP war schlauer. Sie hat ihren Gesetzentwurf zurückgezogen und gesagt: Wir machen es noch einmal, wenn wir mit der Unternehmensteuer so weit sind. – Sie aber hatten gehofft, Ihren Antrag bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag in der Schublade verschwinden lassen zu können oder ihn einfach in der aktuellen Debatte mit zu verbraten, ohne dass noch einer darüber spricht. Den Gefallen tue ich Ihnen nicht.
Bei Ihnen passen schlüssiges Handeln und Reden nicht zusammen. Sie ziehen über die Dörfer und tun so, als ob Sie den Stein der Weisen gefunden hätten. Wenn es dann darum geht, sich der Diskussion zu stellen, tauchen Sie ab und suchen Nebenkriegsschauplätze. Das geht nicht.
– Herr von Stetten, ich habe noch ein schönes Zitat für Sie aus einem Kommentar des Deutschlandfunks:
Oder Angela Merkel und Edmund Stoiber hatten einfach nicht damit gerechnet, vom Bundeskanzler beim Wort genommen zu werden. Sollte das der Fall sein, muss freilich der Eindruck entstehen, dass da ein alter Fahrensmann gleich zwei Leichtmatrosen vorführte. Und damit dürften die Probleme für die Union im Allgemeinen und Angela Merkel im Besonderen erst beginnen.
Ich sage: zu Recht. Denn die Menschen wollen verlässliche Politikerinnen und Politiker, die auch in schweren Zeiten meinen, was sie sagen, und sagen, was sie tun.
Sie wollen keine Leichtmatrosen und sie wollen keine Rückwärtsroller, auch nicht in NRW.
Das einzige Konzept, das Sie haben, ist, Konzepte von anderen einzufordern. Das ist eindeutig zu wenig. Sie sind nämlich in die Opposition gewählt und nicht in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden.
Sie wollen im Wartehäuschen die auf dem Jobgipfel beschlossenen Änderungen bis zum 22. Mai aussitzen. Das funktioniert nicht. Das werden wir Ihnen vorhalten.
– Ja, nehmen wir die heute veröffentlichte: 1 Prozent Zugewinn bei den Grünen, 1 Prozent Rückgang bei der CDU. Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. – Sie bekommen Ihre Quittung am 22. Mai in Nordrhein-Westfalen. Rückwärtsroller und Leichtmatrosen wollen die Menschen da nicht haben.
Vielen Dank.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das Wort hat der Kollege Hans Michelbach, CDU/CSU-Fraktion.
Hans Michelbach (CDU/CSU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die politische Lage ist doch eindeutig.
Die rot-grüne Bundesregierung hat das Vertrauen der Bürger und der Wirtschaft durch mangelnde Stetigkeit und Berechenbarkeit, durch permanente Nadelstiche einfach verspielt. Sie hat vor allem durch eine Steuerpolitik der Irrungen und Wirrungen jedes Vertrauen insbesondere beim Mittelstand verspielt.
Meine Damen und Herren, wir müssen doch eine neue Vertrauensbasis für den Standort Deutschland herstellen.
Es ist eine Tatsache, dass Rot-Grün ökonomisch gescheitert ist und nicht mehr die Kraft hat, eine Erfolg versprechende Gesamtkonzeption für Wachstum und Beschäftigung einzubringen. Insbesondere in der Steuerpolitik, Herr Eichel, ist Ihr Stückwerk wirklich offensichtlich. Sie haben keine ordnungspolitische Linie. Sie haben kein Gesamtkonzept für eine zielführende Steuersystematik.
Es ist doch eine Tatsache: Die deutsche Steuersystematik ist immer noch leistungsfeindlich, intransparent und vor allem durch einen undurchdringlichen Paragraphendschungel belastet. Sie haben in fünf Jahren 40 Steuergesetze gemacht und damit das deutsche Steuerrecht immer mehr verwüstet, Herr Bundesfinanzminister.
Sie haben insbesondere bei jeder Tarifsenkung Gegenfinanzierungsmaßnahmen durchgeführt, die einer Substanzbesteuerung gleichkamen. Damit haben Sie letzten Endes kontraproduktiv gehandelt. Ihre Maßnahmen haben somit eher zu Be- statt zu Entlastungen geführt.
Meine Damen und Herren, das alles macht deutlich, dass Steuerchaos, Steuerwirrwarr und Reformstillstand aufgebrochen werden müssen und wir klare ordnungspolitisch fundierte Gesamtkonzepte in der Steuerpolitik brauchen, damit es wieder mehr Wachstum und Beschäftigung in Deutschland gibt. Wir brauchen jetzt in Deutschland einen ganzheitlichen Neubeginn in der Steuerpolitik, einen steuerpolitischen Aufbruch. Das ist die Frage der Zeit.
Wir geben mit dem Konzept 21 eine Antwort. Das Konzept 21, das wir heute zur Schlussabstimmung bringen, ist ein modernes Steuerrecht für Deutschland, ein wirklicher Befreiungsschlag und eine zielführende Konzeption für mehr Wachstum und Beschäftigung. Darum geht es. Es ist in Deutschland notwendig, Vorfahrt für Arbeit zu erreichen.
Im Vordergrund des Konzepts 21 stehen ganzheitliche Reformen für die Einkommen-, Gewerbe- und Erbschaftsteuer. Damit wird das Steuerrecht einfacher und gerechter und Leistung lohnt sich wieder mehr. Unseren Betrieben wird mit dem Erlass der Erbschaftsteuer eine Generationenbrücke ermöglicht. Die Steuersätze werden deutlich gesenkt, damit Investitionen wieder angereizt werden. Diese Ziele müssen für einen neuen Aufschwung in Deutschland vorrangig erreicht werden.
Den Einwand, Herr Eichel, der hier immer wieder wiederholt wurde, Deutschland könne sich keine Steuergesamtreform leisten, lasse ich nicht gelten. Wenn Sie von Rot-Grün so weitermachen, dann können wir uns in Deutschland bald gar nichts mehr leisten. Das ist die Situation. Wir brauchen hier einen gewissen Freiraum.
Dieser Freiraum ist beim Konzept 21 eingeplant. Nicht 27 Milliarden Euro, wie Sie sagen, sondern es sind als Sofortmaßnahme 10 Milliarden Euro vorgesehen, die finanziert werden müssen.
Aber man kann doch nicht so vorgehen, dass man sich jetzt wie Frau Frechen jede einzelne Verbreiterung der Bemessungsgrundlage vornimmt; das hat Verhetzungspotenzial. Dann kommen wir nie zu einer richtigen Steuervereinfachung. Das ist die Situation.
– Ja, Sie lachen, Herr Eichel. Es ist doch das Paradoxe der SPD: Links die Konzerne mit Herrn Müntefering geißeln, rechts die Konzerne mit Steuernachlässen bevorteilen. Das ist Ihre Politik. Das muss man deutlich sagen.
Sie selbst haben doch in Ihrem Vorschlag beim Jobgipfel eine Selbstfinanzierung genannt. Bei uns wollen Sie das nicht sehen. Das ist quasi so etwas wie eine Selbstanzeige, die Sie hier vornehmen. Die Vorschläge, die Sie machen, sind in jedem Falle unsolide.
Die Sache mit dem Bierdeckel hat natürlich einen Vorlauf: die Petersberger Beschlüsse. Ich darf noch einmal deutlich daran erinnern. Wenn Sie sie nicht blockiert hätten, Herr Eichel, dann hätten wir schon jetzt eine bessere Steuersystematik, eine Vereinfachung und eine erheblich bessere Situation.
Höchste Priorität im Konzept 21 hat für uns hinsichtlich des Arbeitsmarktes die Generationenbrücke mit der Erbschaftsteuerreform für die Betriebe, weil damit Arbeitsplätze gesichert werden. Die Erbschaftsteuer für Betriebsvermögen muss bei Fortführung des Unternehmens durch die Erben stufenweise reduziert und nach zehn Jahren vollständig erlassen werden. Dieses Degressionsmodell ist der richtige Weg für die Sicherung von Arbeitsplätzen.
Wir haben aber auch für die Unternehmensbesteuerung grundsätzliche Forderungen genannt; Sie müssen das nur sehen. Wir haben fünf Punkte, die die Notwendigkeit und die Konzeption einer Unternehmensbesteuerung wesentlich ergänzen, zum Konzept 21 entwickeln lassen. Diese beinhalten den Grundsatz, dass Sie die Gewerbesteuer anpacken müssen. Wenn Sie die Gewerbesteuer nicht anpacken, dann erreichen Sie in Deutschland nie eine Steuervereinfachung und nie eine richtige Unternehmensbesteuerung. Davor drücken Sie sich, Herr Eichel. Sie müssen bei der Gewerbesteuer handeln und eine kommunale Finanzreform anpacken.
Ich sage abschließend noch einmal deutlich: Wir stehen zu den auf dem Jobgipfel beschlossenen Steuerverbesserungen. Wir von der CDU/CSU wollen die Senkung der Körperschaftsteuer von 25 auf 19 Prozent. Wir wollen insbesondere das Erbschaftsteuerbetriebserhaltungsmodell, das hier beschlossen wurde. Wir brauchen in Deutschland jetzt diese ersten, kurzfristigen Maßnahmen. Das ist notwendig.
Ich darf Sie bitten, nicht wieder Gegenfinanzierungen vorzuschlagen, die unseriös sind, die wirklichkeitsfremd sind und die letzten Endes zu einer Verschärfung der Verlustverrechnung durch eine Mindestbesteuerung führen und damit Liquidität für Investitionen vernichten.
Das ist die Situation, die es nicht geben darf, weil die Betriebe dann eher belastet als entlastet werden. Das ist die Situation, die wir nicht gebrauchen können.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.
Hans Michelbach (CDU/CSU):
Vielen Dank für den Hinweis, Frau Präsidentin.
Ich möchte abschließend Folgendes sagen: Die Union bleibt in der Steuerpolitik für die Bürger reformbereit.
Wir unterstützen die Unternehmen aktiv im Wettbewerb. Wir kämpfen dafür, dass die Rahmenbedingungen dank einer vertrauenswürdigen und berechenbaren Steuerpolitik wieder stimmen. Stimmen Sie deshalb unserem Antrag zum Konzept 21 zu! Wenn Sie das tun, dann haben wir einen ordentlichen Neubeginn in der Steuersystematik und darauf kommt es an.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nächste Rednerin ist die Kollegin Kerstin Andreae, Bündnis 90/Die Grünen.
Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Michelbach, ich fand in Ihrer Rede eine Stelle wirklich entlarvend, nämlich die, an der Sie auf die Rede von Frau Frechen eingegangen sind und gesagt haben: Man kann sich das doch jetzt nicht alles im Detail anschauen; da käme man gar nicht weiter. Natürlich muss man sich die Konsequenzen eines solchen Vorschlags anschauen. Die Konsequenzen für Einzelfälle, für einzelne Lebenssituationen, etwa von Studentinnen und Studenten, hat Frau Frechen deutlich beschrieben. Aber die Konsequenzen, die es für die Kommunen hätte, wenn wir ein Zuschlagsmodell beschließen und die Gewerbesteuer abschaffen würden, sind noch nicht beschrieben worden.
So wie Sie nicht müde werden, immer wieder zu sagen, man müsse die Gewerbesteuer abschaffen
und durch einen Zuschlag ersetzen, werden wir nicht müde werden, zu sagen: Schauen Sie sich die Ergebnisse der Kommission zur Gemeindefinanzreform an! Da ist von allen deutlich gesagt worden, dass die Verteilungswirkungen – auf der einen Seite die Verteilung zwischen Stadt und Land und auf der anderen Seite die Verteilung zwischen Bürgerschaft und Wirtschaft – derart negativ sind,
dass das Modell nicht gewollt wird, schon gar nicht übrigens von Ihren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch unter Ihnen viele gibt, die sagen müssten: Durch ein Zuschlagsmodell schaffen wir keine gute Situation für die Kommunen. Wir halten Ihren Vorschlag jedenfalls für erkennbar kommunalfeindlich und weisen ihn zurück.
Die Aufgaben, die die Kommunen haben, sind sehr vielfältig. In Deutschland gibt es ein System ausgereifter kommunaler Selbstverwaltung. Das ist gut. Das wollen wir. Das werden wir auch stärken. Aber richtig ist auch, dass diese kommunale Selbstverwaltung ausreichend finanziert werden muss, und zwar nicht am Gängelband, nicht nur über Zuschüsse, sondern durch eine auf die eigene Wirtschaftskraft bezogene Steuer mit Hebesatzrecht.
Eines noch, weil das Ganze unter der Überschrift Steuervereinfachung steht: Sie wissen genau, dass gerade dieses Modell mit dem Zuschlagsrecht eine ganz schlechte Bewertung bekommen hat, was die Vereinfachung angeht, weil sie nicht administrierbar ist. Was macht man bei einem Handwerksbetrieb mit 30 Angestellten, die in unterschiedlichen Kommunen wohnen und für die es unterschiedliche Zuschläge geben müsste? Wer soll das machen? Das ist ein hoher bürokratischer Aufwand.
Das hat mit Vereinfachung überhaupt nichts zu tun.
Die Finanzministerkonferenz – das ist schon zwei- oder dreimal angesprochen worden – hat Ihnen ins Stammbuch geschrieben, dass dieses Modell gar nicht finanzierbar ist. Da hat man sich alle Folgen, die Vorteile und die Nachteile, angeschaut und festgestellt, dass es nicht finanzierbar ist. Wir haben auch Anhörungen durchgeführt. Wir haben sehr darauf gedrängt – das weiß ich noch gut –, dass die Anhörung zu diesen Steuermodellen am gleichen Tag stattfindet wie die Anhörung zu den Maastricht-Kriterien und zu der Debatte über den Stabilitäts- und Wachstumspakt. An dem Tag ist deutlich geworden: Man kann nicht am Vormittag erklären, es sei total wichtig und auf alle Fälle das allein Entscheidende, dass die 3-Prozent-Grenze eingehalten werde – das wollen wir im Übrigen auch; wir werden immer wieder dafür kämpfen, diese Defizitgrenze einzuhalten –,
und am Nachmittag über Steuermodelle diskutieren, die eben mal so mindestens 10 Milliarden Euro – nach Schätzungen sind es sogar bis zu 27 oder 30 Milliarden Euro – kosten.
Das passt nicht zusammen.
Noch ein anderer Punkt. Natürlich machen wir mit, wenn Steuervereinfachungen durchgeführt werden, die auch im Bundesrat verabschiedet werden. Auch ich sehe ein – der Bundesfinanzminister hat es vorhin gesagt –, dass hier Handlungsbedarf besteht. Ich teile die Einschätzung, dass heutzutage viele Leute das Wochenende, an dem sie planen, ihre Einkommensteuererklärung zu machen, am liebsten ausfallen ließen; denn das ist ziemlich aufwendig und sehr kompliziert.
Dazu kommen permanente Änderungen im Steuerrecht. Ich bin mir sicher: Ihr Modell würde solche Änderungen notwendig machen und viele Durchführungsverordnungen und Anwendungserlasse provozieren, weil Sie sehr stark in die bestehenden Regelungen eingreifen würden. Es würde zu ständigen Änderungen und Ergänzungen führen.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin, ich muss Sie an Ihre Redezeit erinnern.
Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich komme zum Schluss.
Einfache Konstruktionen lassen nun einmal Raum für Auslegungen. Deswegen sollten wir den Umbau unseres Steuersystems zwar zügig, aber sehr sorgfältig angehen. Dabei machen wir mit. Aber das Konzept 21 lehnen wir ab.
Vielen Dank.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das Wort hat die Kollegin Elke Wülfing, CDU/CSU-Fraktion.
Elke Wülfing (CDU/CSU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Wir sollten uns in dieser Debatte wieder einmal darüber klar werden, in welcher Situation sich Deutschland befindet.
Es geht hier nicht um Klein-Klein, sondern darum, dass wir in einer schweren strukturellen Krise stecken. Wir haben die höchste Arbeitslosigkeit seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland.
Die Anzahl der versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse ist gering und geht sehr stark zurück. Leider nimmt auch die Anzahl der produzierenden Betriebe immer weiter ab.
Manche Leute sprechen bereits von einer Deindustrialisierung Deutschlands.
Vor diesem Hintergrund ist diese Debatte, wie sie vom Finanzminister und von Rot-Grün geführt wird, nicht gerade zielführend.
Das, was man von Herrn Eichel gehört hat, ist kräftigst zu kritisieren.
Er findet, dass all das, was er unternommen hat, in Ordnung ist; nur, die Opposition legt leider keine Gesetzentwürfe vor.
Ich frage mich immer: Wer regiert eigentlich? Wenn Sie nicht regieren wollen, dann lassen Sie es!
Ich finde, dass viele Bereiche, nicht nur der Steuerbereich, reformbedürftig sind. Was wir brauchen, ist eine Abkopplung der sozialen Sicherungssysteme vom Arbeitsplatz. Was wir brauchen, ist die Senkung der Staatsquote. Was wir brauchen, ist ein neues Arbeitsrecht. Was wir brauchen, ist weniger Bürokratie. Und was wir auch brauchen, ist ein einfacheres Steuerrecht.
Dabei müssen wir das Ziel verfolgen, die Steuersätze zu senken und die Bemessungsgrundlage zu verbreitern.
Das steht nicht nur in unserem Steuerkonzept. Vermutlich haben Sie alle die hervorragende Rede unseres Bundespräsidenten Köhler gelesen, der sehr deutlich gesagt hat:
Um Wachstum und Beschäftigung nachhaltig zu stärken, brauchen wir auch eine umfassende Steuerreform. ... Unser Staat hat europaweit … die höchsten Unternehmensteuersätze. Zugleich erzielt Deutschland mit diesen Unternehmensteuersätzen im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt europaweit mit die niedrigsten Steuereinnahmen.
Wo er Recht hat, hat er Recht. Das war eine gute Rede. Wir sollten uns am Bundespräsidenten orientieren und ihm folgen.
Wir wissen – Herr Eichel, das wissen auch Sie und Ihr Herr Bundeskanzler –, dass es in Deutschland nicht nur Körperschaften gibt. Ich meine die bösen Kapitalisten, von denen Herr Müntefering gesprochen hat und deren Steuersätze Sie jetzt erneut senken; irgendwie passt Ihre Politik nicht zusammen. Sie wissen ganz genau, dass 86 Prozent der Unternehmen in Deutschland Personengesellschaften und Einzelunternehmer sind, die Einkommensteuer zahlen.
Schauen Sie sich unser Steuerkonzept doch bitte daraufhin einmal an! Wer schafft denn die Arbeitsplätze in Deutschland? Das ist doch der Mittelstand, wie Herr Michelbach es eben beschrieben hat und wie ich es jetzt auch wieder tue. Machen Sie doch einmal wirklich etwas für die! Machen Sie nicht, was Sie jetzt wieder vorhaben: Zum hunderttausendsten Mal wollen Sie die Körperschaftsteuersätze senken
und die Verlustverrechung für alle wieder verschlechtern, was vor allem den Mittelstand trifft. Ich will zu allem anderen nicht viel sagen, aber dazu sage ich Ihnen: Die Verlustverrechnung für den Mittelstand verschlechtern, das werden wir auf gar keinen Fall mitmachen.
Man sollte vielleicht noch einmal betrachten, was Sie mit der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage vorhatten; das ist ja schon eine tolle Sache. Sie denken – nein: Sie hoffen; es ist ja viel Hoffnung bei Ihrem Konzept und bei dem, was Sie in den Jobgipfel eingebracht haben –, dass sich trotz der Senkung des Körperschaftsteuersatzes dadurch, dass Gewinne, die jetzt im Ausland versteuert werden, möglicherweise im Inland bleiben, das Körperschaftsteueraufkommen erhöht. Auch wir haben zum Teil diese Hoffnung. Aber selbst wenn das eintritt, haben die Kommunen davon überhaupt nichts.
– Nein.
Ich habe eben die Verschlechterung der Verlustverrechnung angesprochen. Damit bekommen die Kommunen zwar eine bessere Grundlage bei der Gewerbesteuer. Sie rechnen sogar mit 1 Milliarde Mehreinnahmen für den Bund; es könnte also sein, dass da ein bisschen mehr hereinkommt. Aber das wollen Sie den Kommunen gleich wieder wegnehmen. Beim Jobgipfel haben Sie noch das eine oder andere angekündigt, zum Beispiel ein Investitionsprogramm für die Kommunen. Also erst die Gewerbesteuerumlage abschöpfen, um sie dann von oben wieder herunterregnen lassen – und auf das Dankeschön warten. Danke schön sagen wir dazu nicht; wir machen das nicht mit.
Ich bin sehr froh, dass Sie eben gesagt haben, Sie wollten darüber noch einmal nachdenken. Aber ich glaube erst, dass Sie daran etwas ändern wollen, wenn Sie tatsächlich einen Gesetzentwurf vorlegen; darauf warten wir immer noch. Nicht die Opposition macht die Gesetze, sondern die Regierung ist es, die regiert. Wenn die Regierung wirklich eine Vorlage auf den Tisch legt, werden wir das betrachten und beurteilen.
Aber ich glaube nicht, dass diese Maßnahme einen Wachstumsimpuls bringen wird. Denn was wir wirklich brauchen, ist selbstverständlich ein Gesamtkonzept sowohl für den Sozialversicherungsbereich als auch für den Einkommensteuer- und Unternehmensteuerbereich. Das ist das Einzige, was wirklich den Wachstumsimpuls bringen würde, den wir unbedingt brauchen. Denn wie zu Anfang gesagt: Deutschland befindet sich in einer strukturellen Krise; Strukturen müssen aufgebrochen werden. Ich hoffe, dass das jeder in diesem Hause einsieht, nicht nur die FDP und die CDU/CSU.
Vielen Dank.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Bernd Scheelen, SPD-Fraktion.
Bernd Scheelen (SPD):
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Wülfing, der einfache Dreisatz reicht eigentlich aus, um nachzurechnen, dass, wenn die Unternehmen mehr im Inland versteuern, auch die Gemeinden etwas davon haben. Das sollen sie auch; das finden wir gut.
Mit uns wird es eine Erhöhung der Umlage nicht geben, um das ganz deutlich zu sagen.
Herr Michelbach und andere Kollegen pflegen ein bisschen die Legende vom Petersberg: Sie behaupten, hätten wir Ihren Petersberger Beschlüssen damals mit unserer Bundesratsmehrheit zugestimmt, ginge es Deutschland besser. Dazu will ich ein deutliches Wort sagen: Genau das Gegenteil wäre der Fall. Wir haben damals verhindert, dass Sie eine Steuersenkung für die Bezieher höherer Einkommen durch eine Steuererhöhung für die Bezieher unterer Einkommen finanzieren. Wir sind nach wie vor stolz darauf, das verhindert zu haben.
Der Antrag der Union trägt den Titel „Ein modernes Steuerrecht für Deutschland“ – Bindestrich; die Spannung steigt – „Konzept 21“. Ich muss sagen, Ihre Wortkosmetiker haben da ganze Arbeit geleistet, sie waren wirklich gut. Da ist ein Spannungsbogen drin. Wenn man sich allerdings die 16 Seiten, die Sie uns vorgelegt haben, anschaut, dann findet man eine zentrale Aussage darin.
Die zentrale Aussage lautet: Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Konzept vorzulegen. Ihre Vorstellung eines Konzepts ist, dass die Bundesregierung ein Konzept vorlegen soll. Das ist toll, ganz große Klasse.
Sie geben der Bundesregierung ganz generös ein paar so genannte Gedanken, wie Sie das nennen, mit auf den Weg. Ich will mich nur mit einem beschäftigen. Unter anderem sagen Sie: Das Steuerrecht muss einfach und gerecht sein. Das klingt super.
Mit „einfach“ und „gerecht“ kann man Bier- bzw. Stammtischreden halten. Was ist aber die Wahrheit? Die Wahrheit ist, dass das gar nicht geht, weil das die Quadratur des Kreises wäre. Einfach und gerecht geht nicht. Es geht entweder einfach oder gerecht oder kompliziert und gerecht. Das eine geht nur ohne das andere. Einfach und gerecht funktioniert nicht.
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, die Kopfpauschale.
Frau Wülfing, Ihr vermeintliches Highlight in der Gesundheitspolitik ist die Kopfpauschale. Sie ist einfach; denn jeder zahlt 169 Euro – super.
Das ist zwar ganz einfach, aber völlig ungerecht, da der Chefarzt dasselbe wie die Sekretärin zahlt und auch die Rentner 169 Euro zahlen. Finden Sie das gerecht?
Sie haben erkannt, dass das so natürlich nicht geht. Deshalb fangen Sie an, über das Steuersystem mühsam einen sozialen Ausgleich herzustellen, der dazu führt, dass 80 Prozent derjenigen, die das zu zahlen haben, demnächst Anträge auf einen sozialen Ausgleich stellen müssen. Das, was Sie vorschlagen, ist wirklich sehr einfach. Sie bestätigen damit: Einfach und gerecht funktioniert nicht.
Wir brauchen Änderungen im bestehenden Steuerrecht, um Vereinfachungen zu erreichen. Dies muss aber immer unter Berücksichtigung der Gerechtigkeit geschehen.
Zur Gewerbesteuer will ich einen Satz sagen.
Auch das wird in Ihrem vermeintlichen Konzept angesprochen. Allerdings gehen Sie dort noch ein Stück weiter. Sie geben zu, dass Sie überhaupt kein Konzept haben; denn in Ihren gemeinsamen Grundsätzen von CDU und CSU schreiben Sie, dass Sie den kommunalen Gebietskörperschaften anbieten, gemeinsam einen Ersatz für die überholte Gewerbesteuer zu erarbeiten. Wo ist denn das Konzept? Wann haben Sie das erarbeitet? Sie haben unter Helmut Kohl 16 Jahre lang Zeit gehabt, das zu tun, aber Sie haben das nicht getan.
Nun sind Sie seit fast sieben Jahren in der Opposition, in denen Sie auch Zeit gehabt hätten, gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden etwas zu erarbeiten. Auch das haben Sie nicht getan. Sie haben Ihre Hausaufgaben in dieser Frage nicht gemacht.
Ganz im Gegenteil: Dadurch, dass Sie mit Ihrer Bundesratsmehrheit das Ergebnis der Kommission, das auf dem Tisch lag und das die Kommunen – es hatte die Zustimmung aller 14 000 Gemeinden – und die kommunalen Spitzenverbände wollten, blockiert haben, haben Sie verhindert, dass eine anständige Gemeindefinanzreform in Kraft tritt. Den Kommunen, den Städten und den Kreisen in Deutschland ginge es deutlich besser, wenn Sie diese Gemeindefinanzreform im Bundesrat nicht blockiert hätten.
Herr Rzepka, Sie haben vorhin gesagt, in der Anhörung hätten Ihnen viele Experten zugestimmt.
Ich erinnere mich, dass die Anhörung speziell in diesem Punkt ein Desaster für Sie war.
Ich brauche Ihnen nur kurz aus der Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände zu Ihrem Vorschlag vorzulesen, der so ähnlich wie der BDI-Vorschlag – „Weg mit der Gewerbesteuer“; stattdessen soll es Zuschläge zu anderen Steuerarten geben – lautet. Die kommunalen Spitzenverbände sagen, ohne eine bessere Alternative stehen sie fest zur Gewerbesteuer. Gleichzeitig sagen sie, dass Ihre Vorschläge eben keine Alternative sind. Es gibt zurzeit kein Konzept, durch das die Gewerbesteuer in irgendeiner Form ersetzt werden könnte. Deswegen sind wir froh und stolz darauf, dass wir die Gewerbesteuer
vor Ihrem Zugriff haben retten können.
Sie haben gemerkt, dass die Gewerbesteuereinnahmen im letzten und in diesem Jahr deutlich gestiegen sind. Das ist der Erfolg des Kompromisses, den wir mit Ihnen eingehen mussten. Wir haben noch wesentlich mehr gewollt, aber wir sind schon froh, dass sich die Gewerbesteuereinnahmen im Moment gut entwickeln. Wir hoffen, dass die Kommunen die Aussicht darauf haben, auch mit Ihrer Zustimmung endlich ein anständiges Reformkonzept zu erhalten.
Deswegen lautet meine Aufforderung: Nehmen Sie Ihre Verantwortung im Bundesrat endlich wahr und stimmen Sie guten Konzepten zu!
Vielen Dank.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses auf Drucksache 15/5176 zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Ein modernes Steuerrecht für Deutschland – Konzept 21“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/2745 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b auf:
a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der gesundheitlichen Prävention
– Drucksache 15/4833 –
(Erste Beratung 158. Sitzung)
– Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der gesundheitlichen Prävention
– Drucksache 15/5214 –
(Erste Beratung 169. Sitzung)
aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung (13. Ausschuss)
– Drucksachen 15/5363, 15/5372 –
Berichterstattung:Abgeordneter Detlef Parr
bb) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
– Drucksache 15/5368 –
Berichterstattung:Abgeordnete Waltraud Lehn Dr. Michael Luther Anna Lührmann Otto Fricke
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung (13. Ausschuss)
– zu dem Antrag der Abgeordneten Detlef Parr, Dr. Dieter Thomae, Dr. Heinrich L. Kolb, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Prävention und Gesundheitsförderung als individuelle und gesamtgesellschaftliche Aufgabe
– zu dem Antrag der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz, Verena Butalikakis, Monika Brüning, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe umfassend, innovativ und unbürokratisch gestalten
– Drucksachen 15/4671, 15/4830, 15/5363, 15/5372–
Berichterstattung:Abgeordneter Detlef Parr
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
[Der folgende Berichtsteil – und damit der gesamte Stenografische Bericht der 173. Sitzung – wird am
Montag, den 25. April 2005,
an dieser Stelle veröffentlicht.]