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072/2001
Stand: 14.03.2001
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Zeitpunkt der Auszahlung an Zwangsarbeiter weiterhin offen

Innenausschuss/

Berlin: (hib/WOL) Auch nach der Erklärung der Industrie, wonach nunmehr die 5 Milliarden DM der deutschen Industrie zum Stiftungsvermögen für die Zwangsarbeiterentschädigung vorhanden ist, gibt es noch keine Entscheidung darüber, wann die noch lebenden Zwangsarbeiter mit einer Entschädigung rechnen können. Dies erklärte die SPD in Überstimmung mit den anderen Fraktionen am Mittwochvormittag im Innenausschuss. Anlass war eine Unterrichtung der Bundesregierung zur Entwicklung der Zwangsarbeiterentschädigung. Ausschlaggebend für die von der deutschen Industrie erwartete Rechtssicherheit seien nach dem Urteil von Richterin Kram in New York die noch ausstehenden zweitinstanzlichen Ergebnisse.

Die SPD dankte ausdrücklich allen, die sich gegenüber der Industrie für eine Bereitstellung der fehlenden 1,4 Milliarden DM eingesetzt hätten. Freilich sei die nunmehr bekannt gegebene Vollständigkeit der Mittel seitens der deutschen Industrie wohl vor allem auf das New Yorker Urteil zurückzuführen. Richterin Kram hatte, anders als die beiden anderen mit Sammelklagen befassten US-Richter, entschieden, nach ihrer Auffassung stünden drei Gründe einer Abweisung der Klage entgegen. So sei die Stiftungsregelung insgesamt nicht angemessen. Die Berechtigten dürften nicht auf die Stiftung als einziges Mittel verwiesen werden, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Zweitens sei es besonders schwerwiegend, dass die Mittelausstattung der Stiftung noch

immer nicht gesichert sei. Schließlich müssten zusätzliche Mittel für die Befriedigung von Ansprüchen bereitgestellt werden, die aus dem abgetrennten Recht der österreichischen Banken herrührten.

Durch die nun erfolgte Beilegung des wesentlichen Grundes gegen eine Klageabweisung sehen einige SPD-Abgeordnete eine baldige Klärung der Rechtssicherheit und damit eine schnelle Auszahlung an die Zwangsarbeiter für möglich an. Auch könne der Deutsche Bundestag im Zweifel sogar streitig zur Industrie die Rechtssicherheit feststellen. Die SPD mahnte dabei zur Geschlossenheit des Parlaments. Angesichts des jüngsten US-Urteils sollten einzelne Abgeordnete sich bei Spekulationen zur Lösung von Einzelfragen zurückhalten und nicht durch individuelle Statements und Bekundung parzieller Lösungsansätze zur Verwirrung in der Öffentlichkeit beitragen oder die anstehenden Verhandlungen erschweren. Die F.D.P. teilte diese Einschätzung weitgehend und brachte ihre Erleichterung zum Ausdruck, dass mit der vorliegenden Erklärung der deutschen Industrie eine "wirklich erfreuliche Entwicklung" stattgefunden habe. Als unbefriedigend wurde bezeichnet, dass der deutsche Gesetzgeber bei den Verhandlungen einem in wesentlichen Punkten völlig unterschiedlichen Rechtssystem und -verständnis ausgeliefert sei. Auch Bündnis 90/Die Grünen teilten im Wesentlichen die Einschätzung der anderen Fraktionen, betonten aber ihr vorrangiges Interesse, die Entschädigungsauszahlungen möglichst unverzüglich vorzunehmen. Man habe die Verhandlungen "nicht geführt, um letztendlich eine Hinterbliebenenstiftung zu gründen". Die PDS teilte dagegen die von der Union geäußerten Befürchtungen, dass in der Frage der Rechtssicherheit "noch ein langer, langer Weg" bevorstehe. Die CDU/CSU-Fraktion hatte die Entwicklung ebenfalls begrüßt, aber darauf hingewiesen, die Entscheidung des Berufungsverfahren gegen die Abweisung im zweiten Sammelklagenverfahren dürfe erst für den Juni 2001 erwartet werden. Für die angestrebte Rechtssicherheit warten die Fraktionen nun auf die Ergebnisse der Gespräche von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) mit Vertretern der deutschen Wirtschaft am Mittwochabend sowie während seiner USA-Reise.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2001/2001_072/02
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